Madonna – Frozen
Man glaubt es kaum, aber das erste Album von Madonna Louise Ciccone, besser bekannt als Madonna, erschien im Jahr 1983. Und damit vor 41 Jahren. Die Sängerin selbst wird in dieser Woche 66 Jahre alt. Von Rente keine Spur. Im Gegenteil:
66 und kein bisschen leise
Frei nach dem Motto „66 und kein bisschen leise“ meldet sich die Frau, die sich in ihrer Karriere verwandelte wie keine zweite, wieder zurück. Dies allerdings nicht musikalisch – denn die als Chamäleon der Popkultur betitelte Sängerin hat ihre Celebration Tour, die zwölfte große Tour ihrer mehr als 40jährigen Bühnenlaufbahn, erst am 4. Mai dieses Jahres beendet. Und zwar, das sei zumindest am Rande vermerkt, mit einem Konzert in Rio de Janeiro vor sage und schreibe 1,6 Millionen Menschen. Das größte Publikum aller Zeiten bei einem eigenständigen Konzert nach einer achtmonatigen Welttour! Da hat sich die Popikone erst einmal eine Auszeit verdient.
Klage gegen Madonna
Nein, Frau Ciccone macht auf andere Weise von sich reden: durch die extreme Unpünktlichkeit bei ihren Konzerten, die zwei Fans dazu veranlasste, gegen die Sängerin zu klagen. Und wo wir gerade beim Klagen sind: Nach dem Rio-Konzert reichte ein Konzertbesucher Klage ein, weil er sich durch Madonnas „Pornographie ohne Vorwarnung“ nun doch extrem verletzt fühlte. Kann man zu stehen, wie man will. Aber als Fan von Madonna sollte man eigentlich nun wirklich mit allem rechnen.
Die Marke Madonna
Denn die Sängerin war die erste, die sich selbst zur Marke stilisierte und genau dadurch nicht nur große Popularität erlangte, sondern vor allem auch eine Menge Kohle. Denn dass sie weiß, wie Kapitalismus funktioniert, hat die kommerziell erfolgreichste Künstlerin der Welt immer wieder unter Beweis gestellt. Karl Marx würde vermutlich von Akkumulation des Kapitals. Musikkritiker sind da freundlicher: Für sie erfindet sich Madonna immer wieder neu.
Wenn schon keine neue Mucke, dann wenigstens eine Provokation
Im Moment also macht sie Pause. Und setzt alles daran, trotzdem in den Medien zu bleiben. Also zieht sie auf Instagram blank und freut sich wahrscheinlich ein Loch in den Bauch, weil die Gazetten melden: Madonna mit Toyboy oben ohne im Bett. Selbst schuld, wer das tierisch ernst nimmt. Die Marke Madonna funktioniert nun mal so. Sogar mit 66 Jahren.
Bad news are good news
Ein probates Mittel bei der Jagd nach Aufmerksamkeit war für Madonna stets die Provokation. „Like A Virgin“ ließ aufhorchen, „Material Girl“ war ein entlarvendes Bekenntnis, „Like A Prayer“ brachte kirchliche Kreise und erz-fromme Christen gegen die Sängerin in Wallung. Und die erst recht in die Schlagzeilen. Als die Karriere 2006 einen neuen Schub brauchte, präsentierte sich die Künstlerin mit einer Dornenkrone am Kreuz und brachte so Katholiken und russisch-orthodoxe Christen gegen sich auf. Auch das könnte man abtun nach dem alten Journalistenspruch: Bad news are good news. Zumindest solange sie Schlagzeilen produzieren.
Wer sich auskennt, kann spielen
Was bei all diesem Protest schnell untergeht: Wer so genau weiß, wie er welche Kreise provozieren kann, muss sich mit deren Angelegenheiten äußerst gut auskennen. Oder anders formuliert: Madonna kann religiöse Eiferer nur deshalb am Nasenring durch die Manege ziehen, weil sie sich in deren Metier gut auskennt. Das beginnt bereits in dem Moment, in dem Mama und Papa Ciccone ihr Töchterchen auf den Rufnamen Madonna taufen lassen; das setzt sich bei Madonnas eigener Tochter fort, die mit ihrem ersten Vornamen gezielt den Namen des Marienwallfahrtsortes Lourdes verpasst bekommt. Hier soll die Gottesmutter einer gewissen Bernadette Mitte des 19. Jahrhunderts insgesamt achtmal erschienen und Bedeutendes verkündet haben. Benennt man seine Tochter nach diesem religiös so wichtigen Ort, kann dies nur bedeuten: Mit der eigenen Tochter hat es etwas ganz besonders Großes auf sich. (Wir sind gespannt, was da noch alles auf uns zukommt!)
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Madonna und die Kabbala
Wohl ab 1996 besuchte Madonna über einen längeren Zeitraum Kurse der Kabbala, einer mystischen jüdischen Lehre: Über geheimes Wissen und atemberaubende Interpretationsverfahren gelangen Eingeweihte zu ansonsten verborgenen Aussagen innerhalb der Tora, der fünf Büchern Mose. (Diese Erklärung ist natürlich viel zu kurz gegriffen und wird der Kabbala nicht gerecht – aber mehr würde an dieser Stelle zu weit wegführen.) Seitdem schmückte sich Madonna mit einem roten Armbändchen, das man in ähnlicher Form eine Zeitlang auch am Handgelenk von Naomi Campbell, Elton John, Barbra Streisand, Elizabeth Taylor und etlichen anderen Künstlerinnen und Künstlern sehen konnte und das die Zugehörigkeit zur Kabbala anzeigen soll. Madonna ging noch zwei Schritte weiter: Sie ließ sich Esther nennen und lehnte es erst einmal ab, bei ihrer nächsten Welttournee freitags aufzutreten. Denn der Vorabend des Sabbat ist Teil des Sabbat selbst. Damit gehört auch der Vorabend zu diesem Ruhetag.
Mit dem Körper beten
Seinerzeit erklärte Madonna in einem Interview, Kabbala habe ihr geholfen zu verstehen, dass es etwas gebe, dass dem Menschen übergeordnet sei. Wer sich nicht nach den entsprechenden Regeln richte, bringe Unordnung in sein Leben.
Böse Zungen denken da eher, dass die Sängerin die Vorstellung, man solle „mehr mit dem Körper beten“, für besonders attraktiv befand. In jedem Fall spendete sie dem Leiter des Kabbalazentrums in Los Angeles rund fünf Millionen Euro, damit der seine Aktivitäten durch den Bau eines neuen Zentrums in London auch in Europa ausweiten könne.
Ganz viel Religion: Frozen
Madonnas Song mit den vielfältigsten religiösen Bildern stammt von ihrem Album „Ray Of Light“ aus dem Jahr 1988. In „Frozen“ singt sie:
„Du siehst nur, was deine Augen sehen wollen.
Wie kann das Leben sein, wie du es haben willst?
Du bist eiskalt, wenn du dein Herz nicht öffnest.
Du bist so völlig erfüllt davon, wieviel du zusammenraffen kannst,
verschwendest deine Zeit mit Hass und Bedauern.
Du wirst zerbrechen, wenn du dein Herz nicht öffnest!“
Kritik an material boys & girls
Dahinter verbirgt sich knallharte Kritik an der Art und Weise, wie „material girls und boys“ heutzutage leben. Enthalten ist auch die Aufforderung, die Welt nicht ausschließlich rational zu sehen, sondern auch mystische Elementen Raum zu geben. Gerade so, als habe Madonna den alten Shakespeare gelesen, der Hamlet zu Horatio sagen lässt, es gebe mehr Dinge im Himmel und auf der Erde, als sich unsere Schulweisheit träumen ließe. Der wichtige Folgesatz wird oft ausgelassen. Der aber besagt: Lasst sie uns willkommen heißen. Eine Aussage, die für Hamlet gilt, aber auch für alle Menschen: Es gibt mehr Dinge, als ihr mit eurem Verstand erfassen könnt. Lasst euch darauf ein. Erst dann werdet ihr zu einer Tiefe gelangen, die euch bis dahin völlig verborgen war.
Seelenwanderung
Dass „Frozen“ die Seelenwanderung zum Thema macht, wird erst im Videoclip zum Song deutlich: Denn der ist mystisch und geheimnisvoll, zeigt Madonna mit weitem, schwarzem Umhang, einer Kapuze tief ins Gesicht gezogen und von einem Raben umflogen, wie wir ihn aus deutschen Märchen als Beigabe von Hexen kennen. Madonna als Hexe, als Zauberin oder Magierin? Immerhin verwandelt sich die Sängerin im Clip in genau solch einen Rabenvogel.
Ausbrechen aus dem Kreislauf des Lebens
Sie glaube fest daran, dass die Seele eines Menschen nach dem Tod in einem anderen Lebewesen wiederkehren wird, erläuterte Madonna den Clip. Diesen Gedanken will sie – wo auch sonst – in der Kabbala gefunden haben. Hier aber irrt sie. Denn der Gedanke von Wiedergeburt und Seelenwanderung stammt aus der hinduistischen Religion Indiens, dort übrigens nicht zur Freude und Hoffnung frommer Hindus, sondern sehr zu deren Leidwesen: Aus dem Kreislauf des Sterbens und Wiedergeboren-Werdens nicht ausbrechen zu können, sondern weiterleben zu m ü s s e n , egal, in welcher Mensch- oder Tiergestalt, ist nicht unbedingt ein beglückender Gedanke.
Du siehst nur, was deine Augen sehen wollen
Macht aber nichts. Denn vielleicht ist Madonnas angebliche Überzeugung ja so echt wie ihre schwarze Langhaarperücke im Video. Und per Songtext lieferte Madonna den Schlüssel für ihren damaligen Hit gleich mit:
„Du siehst nur, was deine Augen sehen w o l l e n .“
Madonna würde selbst wohl sagen: Genau das aber ist meistens zu wenig! Und das gilt auch, wenn es um die Marke Madonna, den Menschen dahinter oder den Sinn des eigenen Lebens geht.
Madonna – „Frozen“
Der bei Radio Salü gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.
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