Rainer Bonhof – WM 1974, Borussia Mönchengladbach und der Papst
Kameras sind unerbittlich. Aber sie zeigen nur das, was „vor den Kulissen“ passiert. Was er mit seinen Gästen „hinter den Kulissen“ und „abseits der Kameras“ erlebt hat, erzählt Moderator Klaus Depta hier. Zum Beispiel mit
Rainer Bonhof – im Gespräch über die WM 1974, Borussia Mönchengladbach und den Papst
Fußballfans wissen das natürlich genau: Unmittelbar nach dem Anstoß zum Finale der Fußballweltmeisterschaft 1974 spielten sich die Niederländer 16 Mal den Ball zu, ohne dass die deutsche Nationalmannschaft an den Ball kam. Endstation war beim 17. Spieler, dem legendären Johan Cruyff. Den grätschte allerdings Uli Hoeneß – ja, genau der Uli Hoeneß – kurzerhand weg. Leider im Strafraum. Den fälligen Elfmeter versenkte der andere Johan, Neeskens mit Nachnamen. Und so schien der Traum vom WM-Titel im eigenen Land schon nach 1 ½ Minuten ausgeträumt. Allerdings nur bis zur 25. Minute. Da nämlich wurde Jürgen Grabowski von Wolfgang Overath in den Strafraum geschickt und fiel auch. Paul Breitner drosch den Ball humorlos ins linke Eck. Tja, und dann war in der 42. Minute der Bomber der Nation zur Stelle. In unnachahmlicher Art brachte Gerd Müller den Ball über die Linie. 2:1. Was folgte war eine regelrechte Abwehrschlacht, bei der dank des Einsatzes der gesamten Mannschaft und eines prächtig aufgelegten Maier Sepp das Ergebnis gehalten wurde. 20 Jahre nach dem legendären Sieg im Wankdorfstadion zu Bern war eine deutsche Fußballnationalmannschaft wieder Weltmeister.
Wer gab die Vorlage?
Warum erzähle ich Ihnen etwas, was sie ohnehin wissen? Weil ich Sie fragen möchte, wer die Vorlage für Gerd Müller gab. Und wer in der 48. Minute um Haaresbreite sogar das 3:1 erzielt hätte? Na? Es war derselbe Mann, der
im Oktober 1969 in der deutschen Juniorenauswahl ausgerechnet gegen die Niederlande sein erstes Länderspiel absolvierte, damals wegen seines niederländischen Großvaters auch mit einem niederländischen Pass: Rainer Bonhof. 1974 war der gelernte Kfz-Mechaniker jüngster Spieler im deutschen WM-Kader. Während seiner aktiven Zeit trat er für „seine“ Borussia aus Mönchengladbach, den FC Valencia, den 1. FC Köln und Hertha BSC gegen den Ball. Als sein Kumpel aus Gladbacher Spielerzeiten, Berti Vogts, Nationaltrainer wurde, übernahm Bonhof die Rolle des Co-Trainers (1990-1998). Wiederum als „Bertis Co“ ging Bonhof 2002 nach Schottland, blieb sogar noch, als Vogts längst wieder weitergezogen war. Seit 2009 ist er Vizepräsident bei seinem Stammverein Borussia Mönchengladbach.Anruf im Urlaub
„Ja, Bonhof!“ Im ersten Moment klingt Bonhof zumindest überrascht, als ich ihn anrufe. Er ist in Spanien, macht Urlaub und wundert sich, wieso ich, den er gar nicht kennt, seine Handynummer habe. Trotz Urlaubs nimmt er sich Zeit. Als ich ihm erkläre, dass ich ihn gern zu „Talk am Dom“ einladen möchte und was ihn dort erwartet, redet er nicht lange drumherum: Er ist sofort zur Teilnahme bereit. „Vorausgesetzt im Büro steht da nicht schon ein anderer Termin im Kalender.“ Schließlich sei er ja im Urlaub… Glück gehabt: Das Büro gibt ein Go und notiert den Termin fest.
Worüber ich mit ihm reden möchte? Natürlich über das Fußballspiel, dass die Gladbacher gegen die Nationalmannschaft des Vatikans bestreiten werden. Doch daraus wird nichts. Die Planungen seien noch nicht endgültig. Einige Dinge seien noch offen, so dass wir auf diesen Teil des Gesprächs verzichten müssen. Auf keinen Fall irgendetwas in die Welt setzen, was sich im Nachhinein als nicht haltbar erweist. Recht hat er, der Rainer Bonhof. Und schweren Herzens sage ich zu.
Gladbach gegen die Nationalelf des Vatikan
Zugegeben: Bevor ich mich auf das Gespräch mit dem ehemaligen Nationalfußballer vorbereitete, wusste ich gar nicht, dass der Vatikan überhaupt eine Nationalmannschaft hat. Was auch schwerfällt zu glauben, wenn man sich die Gärtner, Gendarmen, Mitarbeiter im vatikanischen Staatssekretariat und Mitglieder der Schweizer Garde auf dem Fußballplatz vorstellt. Ihr erstes Auswärtsspiel absolvierte die Mannschaft im Jahr 2014 bei Borussia Mönchengladbach… und verlor 8:1. Und zwar nicht gegen die aktuelle Bundesligatruppe der Mannschaft vom Niederrhein, sondern gegen eine Gladbacher Traditionsmannschaft, die so genannte Weisweiler Elf. 2015 folgte das Rückspiel. Mitglied der Gladbacher Delegation: Rainer Bonhof, der auch 2011 schon im Vatikan war, bei Papst Benedikt XVI.
Big Shoe
Damals präsentierte er dem Papst die Idee zu „Big Shoe“: ein Hilfsprojekt von Fußballern und Fußballfans, geboren am Rande der Fußballweltmeisterschaft 2006. Ziel ist es, bedürftigen Kindern lebensrettende oder zumindest lebensverbessernde Operationen zu finanzieren. Wie das genau geht? Rainer Bonhof, einer der Repräsentanten von „Big Shoe“, erzählt das bei „Talk am Dom“. Ach ja, auch das vorab: Als er von seiner Begegnung mit dem Papst erzählt, wird es im Saal mucksmäuschenstill. Denn auch Jahre später ist der Fußballweltmeister immer noch ergriffen von diesem Moment.
Bescheiden ist er, aufgeschlossen, einer der eine Menge erlebt hat und keinen Moment den Eindruck macht, abgehoben zu sein. Im Gegenteil. Jemand, der so natürlich und offen auftritt, ist eher selten. Trotzdem bringt Rainer Bonhof meine Dramaturgie völlig durcheinander: Ihn, den bekanntesten meiner Gäste an jenem Abend, würde ich natürlich gern zum Schluss, als Highlight präsentieren. Doch daraus wird nichts. Bonhof will unbedingt so schnell wie möglich nach der Veranstaltung wieder nach Mönchengladbach zurückfahren. Deshalb muss ich mit ihm den Abend eröffnen. Geschadet hat es nicht. „War doch prima. Und wir haben alle mal wieder abgelacht“, verabschiedet sich der sympathische Ex-Fußballer mit einem breiten Lachen. Ja, haben wir. Vor allem aber waren wir sehr gerührt. Danke für diesen Abend, Rainer Bonhof!
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