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Kelly, Michael Patrick – Paragliding

Mit seinem Album „ID“ landete Michael Patrick Kelly 2017 einen Knaller: Über 94 Wochen hielt es sich in den Charts, führte mehr als eine halbe Million Menschen in seine Konzerte … und ließ schließlich sehnsüchtig sein nächstes Meisterwerk erwarten. Das kam Ende 2021 auf den Markt und trägt den programmatischen Titel „B.O.A.T.S.“ – eine Abkürzung für „Based On A True Story“. Jeder Song des Albums also basiert auf einer wahren Geschichte. Geschichten, die dann bei der geneigten Zuhörerin und dem ebenso geneigten Zuhörer doch schon mal die Tränen der Rührung ins Auge treiben können. Ein paar Beispiele:

Based On A True Story

Running Blind“ handelt von einem blinden Langstreckenläufer, dessen sehender Begleiter kurz vor dem Ziel kollabiert. Also stützt der Blinde den Sehenden, schleppt ihn ins Ziel. Seinen Weg findet er durch die Zurufe aus dem Publikum.
In „Icon“ erzählt Michael Patrick Kelly die Geschichte eines Häftlings, der sein Leben radikal verändert und zum Ikonenmaler wird.
Ganz sicher rührend die Geschichte eines Fünfjährigen, der die Blumen für das Grab seiner Mutter von den Nachbargräbern zusammenklaut – und als Erwachsener einen ganzen Pickup voller Blumen auf die ehemals ausgeraubten Gräber legt. In „Mother‘s Day“ erzählt der Musiker seine eigene Geschichte, die, so Michael Patrick, ein ganzes Dorf zu Tränen rührte.

Angst vor „Paragliding“

Allesamt Songs, die auch den Zuhörerinnen und Zuhörern die Tränen in die Augen treiben können. Und nicht nur ihnen. Bevor Michael Patrick Kelly im letzten Jahr seine Tournee startete, bekannte er in einem Interview: Vor einem Song habe er regelrecht Angst, ihn live zu spielen: Der Song „Paragliding“ handele vom Tod seiner Schwester Barby. Entsprechend ruhig ist der Song, entsprechend traurig der Text:

„Ich kann dich seufzen hören.
Warum muss es diesen Abschied geben?
Die Farbe verblasst.
Nein, deine diamantenen Augen weinen keine Tränen mehr.
Der Kampf ist jetzt vorbei.“

Tod – die Frage nach dem Warum

Der Tod eines geliebten Menschen reißt tiefe Wunden. Und er wirft Fragen auf. Warum muss ein geliebter Mensch sterben? Warum, wie Barbie Kelly mit 46 Jahren, so früh? Der Tod wird als sinnlos empfunden. Er löst Trauer und Verzweiflung aus. Das war sicher auch bei Michael Patrick Kelly genauso. Und trotzdem auch ganz anders. Denn in „Paragliding“ singt er:

„Du schwebst wie ein Band zu einem neuen Anfang,
wartest im Abendrot und gehst auf deine Entdeckungsreise.
Finde, was du verpasst hast.
Geh aus der Dunkelheit ins Licht in einen neuen Erfahrungsbereich.
Auf deinem Weg zur anderen Seite
erhebt sich deine Seele. Das weiß ich.
Jetzt bist du paragleitend!“

Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod

Als bekennender Christ hofft Michael Patrick Kelly auf ein Leben nach dem Tod. Den Übergang vom irdischen Leben in ein neues, jenseitiges Leben beschreibt der Sänger mit dem Bild des Gleitschirmfliegens: schwerelos, lautlos dahingleitend, auf dem Weg in eine Freiheit, die es im irdischen Leben nicht gegeben hat. Der Song drückt das auf poetische, metaphorische Weise aus:

„Flieg wie ein Glühwürmchen in einer Reihe mit allen Sternen.
Schwebe über den Wolken.
Es gibt keinen Raum und keine Zeit, in der Tag und Nacht aufeinanderprallen.
Du bist auf dem Weg zu einer höheren Bestimmung,
zu deinem Ziel, dem sichersten Rückzugsort.“

Vom Dunkel ins Licht

Religiöse Menschen erkennen hier sofort die christlichen Vorstellungen von einem Weiterleben nach dem Tod. Das irdische Leben ist im Vergleich zu dem, was da kommt, ein Leben in Dunkelheit. Das jenseitige Leben spielt sich auf einer höheren Ebene ab: Alles, was im irdischen Leben qualvoll und negativ war, verschwindet. Irdische Dimensionen spielen keine Rolle mehr, sind nicht mehr existent. Dieses neue, jenseitige Leben bei Gott ist besser als das irdische Leben je sein konnte.

Sechs Jahre lang war Michael Patrick Kelly im französischen Burgund in einem katholischen Schweigekloster. Den Glauben und die Erkenntnisse, die er dort gewonnen hat, kann auch der Tod der Schwester nicht erschüttern.

Bitte um Beistand

Und trotzdem geht der Sänger noch einen Schritt weiter: Gegen Ende des Songs lenkt er den Blick auf sich selbst, wenn er singt:

„Tragt mich in euren Armen,
bedeckt mich mit euren Flügeln.“

Es fällt schwer, hier nicht an Engel zu denken, also an die Boten und Gesandten Gottes, die auch als schützende Helfer in Erscheinung treten können. Folglich erbittet der Sänger den Beistand der sogenannten Schutzengel für sich. Hier kann zwar der zukünftige eigene Tod gemeint sein; näher liegt jedoch, diese Bitte um Beistand in Bezug zum Umgang mit dem Tod der Schwester zu sehen.

Positive Zukunftserwartung

Trotz aller religiösen Inhalte bietet „Paragliding“ auch nicht-religiösen Menschen eine Botschaft an: Habe Vertrauen in die Zukunft; lass die Vergangenheit Vergangenheit sein. Und öffne dich für die neuen Möglichkeiten, die die Zukunft dir bietet.

Übrigens: Ganz unrecht hatte Michael Patrick Kelly mit seinen Befürchtungen nicht: Beim letztjährigen Konzert in Hannover kämpfte der Sänger bei „Paragliding“ gewaltig mit den Tränen, beim Konzert in Hamburg konnte er die Tränen dann nicht mehr halten. Zu trauern ist auch für einen Star mit festem Glauben nicht leicht.

Michael Patrick Kelly – „Paragliding“.

Der bei Radio Salü gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.

Kommentare

2 Kommentare

Marliese Oberbillig

Vielen Dank für diesen berührenden Text. Genauso fühle ich auch. Der Song und auch „Home“ sind zur Zeit meine absoluten Lieblingslieder.

Jana Dabels

Danke für den echt guten Kommentar. ich denke das hat den Nagel auf den Kopf getroffen, wenn ich das so sagen darf. Nicht jeder geht mit Text und Musik von Michael Patrick Kelly so erklärend um. Dankeschoen.


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