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Cyrus, Miley – Used To Be Young

Normalerweise sind Menschen, die auf ihr Leben zurückschauen, schon ziemlich alt. Insofern war es ziemlich ungewöhnlich, als Miley Cyrus im letzten Sommer einen derartigen Lebensrückblick startete. Natürlich in einem Song – denn das kann Miley am besten. „Used To Be Young“ heißt das gute Stück voller Erinnerungen an eine Miley von anno dunnemals. Die hat sich bestens ins kollektive Musikgedächtnis hineingeschrieben:

Fluch der geraubten Kindheit

Gestartet als Kinderstar in der Disneyserie „Hannah Montana“, aus dem engen Korsett nach Luft und Freiheit schnappend ausgebrochen und 2013: halbnackt auf einer Abrissbirne gelandet, Skandale und Skandälchen ohne Ende, eine On-Off-Beziehung Liam Hemsworth, die in letztlich unerwarteter Heirat und irgendwie vorhersehbarer Ehescheidung endete. Nicht zu vergessen das öffentliche Herumgeknutsche mit Topmodells, Selbstbefriedigung in Videoclips, immer wieder viel nackte Haut und die herausgestreckte Zunge – gerade so, als wolle sie der ganzen Welt zeigen: Guckt mal, wie cool ich bin. Ich kann sogar meine Fans bespucken – so sehr stehe ich über den Dingen. Echt cool, ey. Wirklich? Wenn man pubertär und postpubertär mit cool gleichsetzt, dann vielleicht.

Destiny Hope Cyrus = Smiley

1992 erblickte sie mit den unglaublichen Vornamen Destiny Hope befrachtet das Licht der Welt. Weil das Baby ständig über beide Wangen strahlte, nannte sie die halbe Verwandtschaft „Smiley“. Daraus wurde Streichung des ersten Buchstabens dann der Künstlername „Miley“. Die dann ganz konsequent zu Musik und Film fand, was Papa Billy Ray Cyrus, selber Countrysänger, wohl anfangs gewaltig gefreut haben dürfte. Dass seine ihrer Kindheit beraubte Tochter später daraus gemacht hat, vielleicht weniger – wenn man einmal von jeder Menge Tantiemen absieht.

Erwachsen geworden

Nun kann man für Geld zwar eine Menge kaufen. Zufriedenheit, so etwas wie den inneren Seelenfrieden aber nicht. Allenfalls den Zuckerguss, den man darüber gießt, um anschließend daran zu schlecken und festzustellen, dass das Leben doch irgendwie süß ist. Bis man an den Punkt kommt, von dem alte weiße Männer bis heute sagen: Nun wird sie erwachsen.

Und genau aus dieser Sicht der mittlerweile erwachsenen Frau scheint Mileys „Lebensrückblick“ „Used To Be Young“ geschrieben zu sein. So singt sie:

Used To Be Young

„Die Wahrheit ist kugelsicher,
da gibt es keine Täuschung.
Ich ziehe nicht mehr dasselbe an.
Ich und die, von der du sagst, die ich gestern war,
sind getrennte Wege gegangen.
Ich habe mein Leben schnell irgendwo in der Vergangenheit zurückgelassen,
denn das ist etwas für Verfolgungsjagden mit Autos.
Es stellt sich heraus, dass offene Bars zu gebrochenen Herzen führen
und man viel zu weit geht.“

Sehr plastisch wird es dann in den folgenden Zeilen:

Abschied von der Kindheit

„Ich weiß, dass ich mal verrückt war.
Ich weiß, dass ich mal lustig war.
Du sagst, ich war mal wild.
Ich sage, ich war mal jung.
Du sagst mir, die Zeit hat mich verändert.
Das ist in Ordnung, ich hatte einen guten Lauf.“

Missverstanden gefühlt

Als „Used tob e Young“ erschient, war er bereits zwei Jahre alt. Denn entstanden war er bei den Sessions für Mileys Album „Endless Summer Vacation“, ursprünglich aber nicht für das Album verwendet. Sie habe sich missverstanden gefühlt, sagte Miley später über die Entstehung von „Used To Be Young“. In diesem Song setzt sie sich durchaus auch kritisch mit ihrem Verhalten auseinander, akzeptiert dies aber auch aus der Rückschau:

„Ich weiß, dass ich verrückt war.
Ganz schön durcheinander!
Aber, Gott, es hat Spaß gemacht!

Hieb gegen Sinéad O‘Connor

Letztlich kann niemand die Uhr zurückdrehen, niemand etwas ungeschehen machen, war er einmal getan hat. Genau das akzeptiert Miley, hadert deshalb

auch nicht mit ihrer Vergangenheit. Wenngleich ihr bestimmte Dinge leidtun: Damals, als sie nackt auf einer Abrissbirne schaukelte und einen Hammer abschleckte, warnte sie die Sängerin Sinéad O’Connor, sich nicht zu einer Hure der Industrie zu machen. Mileys Reaktion war knallhart. Wenn sie gewusst hätte, dass Sinéad damals bereits unter schweren psychischen Problemen litt, hätte sie wohl anders reagiert.

Schuldgefühle und Reue

Jahrelang habe sie wegen der harschen Kritik an „Wrecking Ball“ und dem dazugehörigen Video Schuldgefühle und Reue mit sich herumgetragen, unter den Vorwürfen von Eltern, dass sie ihre Kinder verderbe, gelitten. Einerseits sei man wohl so hart mit ihr ins Gericht gegangen, weil sie sich so extrem von ihrer unschuldigen Hannah Montana-Rolle emanzipierte. Immerhin sei ihr klar geworden, dass sie als Kind (!) unglaublich hart beurteilt worden sei. Für sie heute ein Ansatz, selbst mit Kindern nicht so massiv ins Gericht zu gehen.

Mit sich selbst im Reinen

Wie es scheint, ist die Sängerin mittlerweile mit sich selbst im Reinen, was man seit geraumer Zeit auch ihren Songs anhört. Dazu gehört eben auch, dass sie mit ihrer eigenen Vergangenheit abgeschlossen hat, ihre eigene wilde Jugend verarbeitet hat und einordnen kann, ohne sie bereuen zu müssen.

Bewusstes VÖ-Datum

Dies unterstreicht das Veröffentlichungsdatum des Songs auf besondere Weise: Denn „Used To Be Young“ erschien am 25. August (2023) nicht nur exakt am Geburtstag von Vater Billy Ray, dem das Bekenntnis der Tochter zu einem weniger extrovertierten und kritikreichen Leben möglicherweise gefreut haben dürfte. Wichtiger noch: Der Song erscheint auch ein Jahrzehnt nach Mileys umstrittenster Single „Wrecking Ball“. Eine klare Ansage: Dieses alte Leben ist vorbei. Jetzt kommt ein neues Leben.

OP wegen Reinke-Ödem

Konsequent singt Miley den Song mit einer für sie ungewöhnlichen, veränderten Stimme. Der Hintergrund: Miley erkrankte am sogenannten Reinke-Ödem, einer Verdickung der Stimmlippen durch Wassereinlagerung. Das führt dazu, dass die Stimme zumeist tiefer wird, in schlimmeren Fällen können sogar Behinderungen beim Atmen entstehen. Im November 2022 wurde Miley deswegen operiert – und lernte viel darüber, ihre Stimme bewusst und gezielt anders einzusetzen, wie sie es in „Used To Be Young“ dann auch tut.

Zu ehren, wer wir waren

In einer eigenen Interpretation des Songs sagt Miley: In diesem Song gehe es darum, zu ehren, wer wir waren, zu lieben, wer wir sind, und zu feiern, wer wir sein werden“ – besser kann man die Essentials des Songs kaum auf den Punkt bringen.

Insgesamt ist „Used To Be Young“ ein Rückblick in die Vergangenheit, aber auch ein Ausblick auf die Zukunft: Denn Miley lässt einen Teil ihres Lebens in der Vergangenheit zurück. Vielleicht ist es an der Zeit, dass all jene, die Miley immer noch abschätzig als Skandalnudel abtun, dies ebenfalls zu tun. Denn schließlich war jeder irgendwann mal jung – hoffentlich zumindest.

Miley Cyrus – Used To Be Young

Der bei Radio Salü gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.

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