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Geburtstag Papst Johannes Paul II. (18. Mai)

Als im Oktober 1978 weißer Rauch über dem Petersplatz sichtbar wird, ist die Sensation perfekt: „Habemus Papam, wir haben einen Papst.“ Aber was für einen! Nach 455 Jahren kommt das Oberhaupt der katholischen Kirche nicht aus Italien. Mit Karol Wojtyla wird ein Mann aus dem sozialistischen Polen neues Oberhaupt von einer runden Milliarde von Katholiken. Sein Papstname: Johannes Paul II. Ein Mann der Superlative. Heute,

am 18. Mai, hätte er Geburtstag, würde 101 Jahre alt. Grund genug, trotz des „krummen Geburtstags“ an diesen Papst zu erinnern.

Kindheit und Jugend

Als am 18. Mai 1920 der Pole Karol Wojtyla in der Nähe von Krakau geboren wird, ist das wohl lediglich für seine Familie ein besonderes Ereignis. Wer hätte damals schon gedacht, dass der kleine Karol Józef einmal für Schlagzeilen sorgen würde. Der Vater, ein Schneider, der es in der polnischen Armee bis zum Leutnant bringt, die Mutter, eine Hausfrau. Sie stirbt, als Karol acht Jahre alt ist. Nicht der einzige Schicksalsschlag. Denn als Karol 12 Jahre alt ist, verstirbt auch sein älterer Bruder. Seine ältere Schwester hat der spätere Papst nie kennengelernt. Die starb nämlich schon bei ihrer Geburt.

Während seiner Kindheit deutet nichts darauf hin, dass Karol einmal Chef von einer Milliarde Katholiken werden wird. Er ist begeisterter Schwimmer und Skifahrer (selbst als Papst soll er immer wieder heimlich den Vatikan verlassen haben, um Skifahren zu gehen), liebt den Fußball, ist Fan des Krakauer Sportclubs, spielt selbst recht ordentlich im Tor. Bis zum Zweiten Weltkrieg gibt es in Krakau und der umliegenden Gegend eine ausgeprägte jüdische Kultur, mit der Karol intensiv in Kontakt kommt, so auch zu einer jüdischen Gemeinde in Krakau. Völlig selbstverständlich hilft er bei Fußballspielen zwischen katholischen und jüdischen Schülermannschaften oft im Tor der jüdischen Mannschaft aus. Wie viele polnische Jungen seiner Zeit ist er Messdiener.

Literatur und Kunst

Ab 1934 wirkt er bei Theateraufführungen mit. Theater und Literatur – hier scheinen die Schwerpunkte seines künftigen Lebens zu liegen. Konsequent studiert Wojtyla ab 1938 die Fächer Polnische Literatur und Philosophie an der Krakauer Jagiellonen-Universität. Hier wird er Mitglied der experimentellen Theatergruppe

„Studio 39“, verfasst Gedichte und schreibt das dreiteilige Drama Jeremia. Zwar basiert dieses Drama auf der Bibel, hat aber deutlich politische Tendenzen. Grund genug, das Werk unter einem Pseudonym zu veröffentlichen: Andrzej Jawien. Ein weiteres Mysterienspiel wird unter dem Namen „Im Laden des Goldschmieds“ 1960 erstveröffentlicht.

Besetzung Polens und Veränderung

Mit dem Überfall des Deutschen Reiches auf Polen beginnt am 1. September 1939 der 2. Weltkrieg. Das verändert das Leben Karol Wojtylas schlagartig: Die Besatzer schließen im Namen der „Sonderaktion Krakau“ die Universität, verhaften 183 Professoren. Wojtyla wird zur Zwangsarbeit verpflichtet, arbeitet anfangs in einem Steinbruch, ab 1942 in einer Chemiefabrik. Ständig schwebt das Damoklesschwert der Deportation zur Zwangsarbeit nach Deutschland über ihm.
1941 stirbt sein Vater, 1942 tritt er in das geheime Priesterseminar in Krakau ein, wo er am 1. November 1946 zum Priester geweiht wird. Nach einem Studium in Rom folgt dort 1948 die Promotion im Fach Philosophie, kurze Zeit später auch der Theologie. Kaplanszeit sowie 1953 Habilitation und Lehre als Professor für Moraltheologie in Krakau sind die nächsten wesentlichen Schritte. Bereits 1958, also mit 38 Jahren, wird er Bischof, 1964 wird er Erzbischof von Krakau. Zwischen 1962 und 1965 nimmt Wojtyla am Zweiten Vatikanischen Konzil teil, beschäftigt sich hier vor allem mit der allgemeinen Religionsfreiheit und einer zeitgemäßen Verkündigung der kirchlichen Lehre. Dann der 16. Oktober 1978: Karol Wojtyla wird als Johannes Paul II. der erste nicht-italienische Papst seit 1523, zudem ein Mann aus dem Ostblock – eine Sensation.

Pontifikat der Freiheit und Solidarität

Von Anfang an kämpft dieser Papst kraftvoll gegen jede Form von Unterdrückung. Eines seiner überlieferten Schlagworte: „Der Mensch ist zur Freiheit berufen. Es gibt keine Freiheit ohne Solidarität, keine Freiheit ohne Liebe.“
Um es kurz zu machen: Mehr als ein Viertel Jahrhundert sitzt er als Papst Johannes Paul II. auf dem Stuhl Petri – und manch einer wünscht: Ja, wenn er doch da auch wirklich sitzen würde. Tut er aber nicht, sondern unternimmt eine Auslandsreise nach der anderen. Was ihm, dem Heiligen Vater, den spöttisch-anerkennenden Beinamen „der eilige Vater“ einbringt. Aber so macht er große Politik: Als erster Papst besucht er Synagogen und Moscheen, setzt sich für Versöhnung, Frieden und Demokratie ein. Allein dreimal kommt er nach Deutschland. Sein symbolträchtiger Gang durch das Brandenburger Tor 1996 ist Geschichte. Ebenso wie seine Worte zu diesem Anlass: „Haltet dieses Tor geöffnet für Euch und alle Menschen! Gott segne Berlin, Gott beschütze Deutschland.“

Die Hinwendung Polens zur Demokratie, der Zusammenbruch der Sowjetunion, die Wiedervereinigung Deutschlands – Historiker sind sich weitestgehend einig, dass der Mann in Rom entscheidenden Einfluss daran hatte.

Besuch auf Kuba

Über 3.000 Medienvertreter – und damit ein Rekord – lassen sich akkreditieren, als Johannes Paul II. 1998 im kommunistischen Kuba auf Fidel Castro, den letzten kommunistischen Staatschef aus der Ära des Kalten Krieges, trifft und dem Land einen pastoralen Besuch abstattet. Schon im Vorfeld gewährt die kubanische Führung die Wiedereinführung eines Feiertags zu Weihnachten, lässt Hunderte politischer Gefangener frei und gestattet eine Direktübertragung aller Gottesdienste im kubanischen Staatsfernsehen. Obwohl der Papst in seinen Predigten die Rolle der kubanischen Führung geißelt, sich gegen Abtreibung, aber für eine freie Religionsausübung einsetzt, verändert dies an der Haltung Castros nichts. Und doch legt dieser Papstbesuch den Grundstein für das weitere Wirken der katholischen Kirche auf Kuba, schafft erst einmal die Grundlage für die Besuche der nachfolgenden Päpste Benedikt XVI. (2012) und Franziskus (2016).

Als die USA 2003 ihren Angriff auf den Irak vorbereiten, arbeiten die Diplomaten des Papstes auf Hochtouren. Johannes Paul II empfängt hochrangige Politiker, um den Krieg zu verhindern, lässt George W. Bush und Saddam Hussein Botschaften über-bringen – allerdings vergeblich.

Besuch in Israel

Bereits 1964 besucht mit Paul VI. ein Papst Israel. Er ist zwölf Stunden im Land und schafft es tatsächlich – den damaligen politischen Verhältnissen geschuldet – , den Namen „Israel“ nicht ein einziges Mal auszusprechen. So handelt es sich um ein äußerst frostiges Treffen zwischen dem „religiösen Führer“ (so Israels damaliger Präsident Salman Schasar zum Papst) und „Your Excellency“ (so der Papst gegenüber dem israelischen Präsidenten). Beide vermeiden aus politischen Gründen die korrekten Anreden. Eine gegenseitige Anerkennung von Israel und dem Kirchenstaat erfolgte erst 1993.
Ganz anders der Besuch Israels durch Johannes Paul II. im Jahr 2000. Der „Popstar des Friedens“, so eine Schlagzeile, begeistert einen Großteil der Israelis. Gottesdienste werden im Fernsehen übertragen, kommen auf eine Sehbeteiligung von erstaunlichen zehn Prozent. Vor allem der Besuch des Papstes der Gedenkstätte Yad Vashem sowie sein symbolträchtiges Gebet an der Westmauer des zerstörten Tempels bringen dem Papst viel Anerkennung ein, darunter auch ein Lob für seine harten Worte zum Antisemitismus.

„Erfindung“ der Weltjugendtage

Vor allem die Jugendlichen der Welt dürfen an diesen Papst zurückdenken: Denn Papst Johannes Paul. II. ist der „Erfinder“ des größten Jugendtreffens der Welt, der sogenannten Weltjugendtage. 1984 findet der erste Internationale Weltjugendtag in Rom statt. Seitdem gibt es jedes Jahr einen Weltjugendtag, wobei aber nur alle zwei bis drei Jahre der Weltjugendtag als internationales Treffen gefeiert wird. Die „kleinen Weltjugendtage“ werden zwar weltweit zeitgleich begangen, sind allerdings als nationale bzw. regionale Treffen ausgelegt. Immerhin: Der Abschlussgottesdienst des Weltjugendtags 1995 in Manila gilt als eine der größten Zusammenkünfte der Menschheitsgeschichte. An ihm nehmen über vier Millionen Menschen teil. (Der nächste internationale Weltjugendtag, dann mittlerweile der 37. insgesamt, soll 2023 in Lissabon stattfinden.)

Selig- und Heiligsprechungen

Während seiner 26jährigen Amtszeit erklärt Johannes Paul II. 482 Menschen zu Heiligen, spricht 1338 Menschen selig, quasi die Vorstufe zur Heiligsprechung. Damit erhebt der Papst diese Personen zu offiziellen Vorbildern des katholischen Glaubens und der katholischen Kirche.
Zu Beginn des Christentums werden vor allem Märtyrer zu Heiligen, also Menschen, die wegen ihres Glaubens ermordet wurden. Der heilige Stephanus ist der erste von ihnen. Ungezählte folgen. In späteren Zeiten kommen besonders fromme Frauen und Männer dazu, oftmals Ordensleute, also Nonnen und Mönche, aber auch Pfarrer. Das Besondere an Heiligen: Man darf sie im Gebet bitten, quasi bei Gott ein gutes Wort einzulegen. Wobei man nicht die Heiligen anbetet, sondern sie quasi als Fürsprecher zu gewinnen versucht. Und gleich noch ein Punkt: Wer heiliggesprochen ist, darf in besonderer Weise verehrt werden. So entstehen seit alter Zeit überall auf der Welt die typischen Wallfahrtsorte.

Eines der schnellsten Heiligsprechungsverfahren

Im schnellsten Verfahren der jüngeren Kirchengeschichte wird Johannes Paul II. am 1. Mai 2011 selbst seliggesprochen. Schon unmittelbar nach seinem Tod fordern Gläubige „santo subito“, „Heilig(sprechung) sofort“. Und so leitet sein Nachfolger Papst Benedikt XVI. bereits wenige Wochen nach dem Tod von Johannes Paul II. das Verfahren zu dessen Seligbesprechung ein. Allerdings muss er dazu das Kirchenrecht ändern: Denn üblicherweise müssen fünf Jahre vergehen, bevor das Verfahren zur Seligsprechung überhaupt eingeleitet wird.
Eine zweite Hürde: Für eine Seligsprechung muss neben der Fristsetzung ein Heilungswunder nachgewiesen werden. Bei Papst Johannes Paul II. stammt dies von einer französischen Nonne: Sie habe an Parkinson gelitten, unmittelbar nach seinem Tod für Johannes Paul II. gebetet und sei daraufhin spontan und unerklärlich gesund geworden. Der Bericht hält einer medizinischen Prüfung stand – die zweite Hürde ist genommen.
Bereits am 27. April 2014 spricht Papst Franziskus seinen Vor-Vorgänger im Amt, Johannes Paul II., heilig.

Attentat, Offenheit und katholische Positionen

Unvergessen, dass Johannes Paul II. am 13. Mai 1981 bei einem Attentat beinahe sein Leben verliert, dem Attentäter noch auf dem Krankenbett vergibt und ihn später sogar im Gefängnis besucht. Der immer wiederkehrende Ruf nach Versöhnung mit anderen Religionen und Konfessionen lässt Johannes Paul II. die unglaubliche Zahl von 104 Auslandsreisen unternehmen. Trotz aller Offenheit beharrt er auf typisch katholischen Positionen: gegen Homosexualität, gegen Abtreibung, gegen Empfängnisverhütung, gegen das Priestertum der Frau und mehr – das alles aus Kirchensicht aus guten Gründen, dennoch zum Unverständnis progressiver Katholiken.
Ein wahrhaft großer Papst, einer, der in einer langen Amtszeit nicht nur ein exzellenter Theologe ist, sondern politisch aktiv war. Einer, den man nicht vergessen sollte. Einer, dessen heutiger Geburtstag als Anlass dienen kann, sich ihn als Vorbild zu nehmen. In kleinen wie in großen Dingen.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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