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Ein Gott in drei Wesenheiten? Dreifaltigkeitssonntag anschaulich erklärt (30. Mai)

Nach Meinung des Autofahrers hatte sich dieser verflixte Radfahrer einfach von der Seite her dazwischengedrängt. Kein Wunder, dass es zu dem Unfall gekommen war. Der Radfahrer sah das natürlich völlig anders: Umgebrettert habe ihn dieser rücksichtslose Blechkastenbesitzer. Die Mutter mit Kinderwagen, beinahe angefahren und durch den Unfall immer noch völlig neben der Spur, hielt gleich alle beide für unverschämte Idioten.

Ein Unfall, drei Beobachter, drei Meinungen. Was

im „richtigen Leben“ ganz normal, ist, ist in Sachen Glauben mehr als problematisch. Denn wenn Christen über Gott reden, kommen sie unter Umständen zu unterschiedlichen Ergebnissen: Wer an Jesus, den Sohn Gottes denkt, der hat dabei oft einen Menschen mit Haut und Haaren im Blick, einen, der weiß, was Menschen in ihrem Alltag bedrängt – aus seiner eigenen, menschlichen Erfahrung. Wer vom Vater spricht, hat dabei oftmals den Beschützer im Auge, den, der viel Weitblick hat und sich um das Wohlergehen der Menschen sorgt. Spätestens dann, wenn ein Christ ein Problem zu bewältigen hat, bittet er Gott um seinen Beistand, um die Kraft, dieses Problem anzugehen und zu lösen. Theologisch gesehen erbittet solch ein Beter dann an den Beistand von Gottes Heiligen Geist – für viele im Bild der Feuerzungen am Pfingsttag ganz plastisch in Erinnerung.

Strittiges Thema

Juden und Muslime stellen sich bei einer derartigen Betrachtung die Nackenhaare auf. Es gibt nur einen Gott. Christen scheinen da aber drei Götter zu haben. Und Katholiken sind die schlimmsten: Die beten nicht nur zu drei Göttern, sondern auch noch zu Tausenden von Heiligen. Unmöglich!

Vielleicht aber auch nicht. Das eine Missverständnis ist schnell aus der Welt zu räumen: Christen beten nur Gott an, nicht die Heiligen. An vorbildliche Handlungen von Heiligen zu denken, kann aber Kräfte freisetzen. Konkretes Beispiel: Mein ehemaliger Physiklehrer hatte am selben Gymnasium Abitur gemacht, an dem ich das damals erst noch

machen wollte. „Wenn dieser Typ hier sein Abi geschafft hat, schaffe ich das erst recht“, lautete meine Devise, die mir durch viele schwierige Situationen half. Zugegeben, nicht nur im Fach Physik. Und da niemand unnütz ist, sondern immer noch als schlechtes Beispiel dienen kann, setzte eine derartige Bewusstmachung oft genug ungeahnte Kräfte frei. Im Gegensatz zu meinem Physiklehrer sind Heilige aber sogar gute Vorbilder, an denen ich mich selbst aufrichten kann. Anbeten allerdings darf sie auch ein guter Katholik nicht! Warum sollte ich?

Langer Weg der Findung

Was aber den einen und zudem dreifaltigen Gott anbelangt, liegt die Sachlage deutlich schwieriger. Schon der Apostel Paulus hatte von Vater, Sohn und Geist gesprochen, ein paar andere Bibelstellen belegen, dass diese Vorstellung im frühen Christentum weitverbreitet war. Aber nicht unumstritten! Bis ins 4. nachchristliche Jahrhundert beschäftigten sich die damaligen Theologen mit der Frage, was denn nun die richtige Vorstellung sei. Erst mit zwei Konzilen, dem von Nizäa im Jahr 325 und dem von Konstantinopel im Jahr 381, kam die noch junge Kirche zu einem Ergebnis: ein Gott, aber drei Wesenheiten. Was so viel bedeutet wie drei unterschiedliche Möglichkeiten, wie sich Gott den Menschen zeigt. Kompliziert? Oh ja! Zumindest so kompliziert wie die Schuldfrage bei eingangs beschriebenem Unfall von Radfahrer und Pkw-Lenker.
Etwas leichter verstehbar wurde das Ganze, als ein Mönch mit Namen Patricius den Iren den Sachverhalt erklärte. Anhand eines dreiblättrigen Kleeblatts zeigte er auf, dass es sich zwar um eine Pflanze handelte, aber nun einmal mit drei verschiedenen Ausprägungen. Ein Gott, drei Ausprägungen? So kompliziert ist das also dann doch nicht. Das fanden auch die Iren, die Patricius zum Nationalheiligen erklärten und seitdem jedes Jahr am 16. März ziemlich ausgelassen seinen Namenstag feiern. Dass am St. Patricks Day die Farbe „Kleeblatt-Grün“ in den Straßen und Pubs Irlands überwiegt, dass sie sogar Nationalfarbe des Landes ist und dass das Kleeblatt, Shamrock, zum Nationalzeichen Irlands wurde, wäre ohne den heiligen Patrick und seine Erklärung von der Dreifaltigkeit kaum denkbar.

St. Patrick und das Kleeblatt

Obwohl die Angelegenheit eigentlich durch die Konzilsbeschlüsse im 4. Jahrhundert geklärt war, tat sich selbst die Kirche lange damit schwer. Genauer gesagt: weniger mit dem Inhalt, als damit, ein spezielles Fest für die dreifaltige Erscheinung Gottes zu feiern. Obwohl Christen in Gallien – nein, in diesem Fall nicht nur in einem kleinen widerspenstigen Dort – , also im heutigen Frankreich, ein Dreifaltigkeitsfest schon etwa seit dem 10. Jahrhundert feierten, zierte sich die Katholische Kirche, einen speziellen Dreifaltigkeits-Festtag einzuführen. Schließlich waren die sonstigen Fest- und Gedenktage jeweils einem Ereignis aus dem Leben Jesu gewidmet. Hier würde man einer theologischen Aussage einen Festtag widmen – zudem einer Aussage, die ohnehin in jedem Gottesdienst schon ausgesprochen wurde. Papst Johannes XXII. war es schließlich, der im Jahr 1334 diesem Fest einen Platz im Kirchenkalender zuschrieb. Der Sonntag nach Pfingsten sei ein geeigneter Zeitpunkt, befand er.

Einführung des Dreifaltigkeitssonntags

Seit 1334 begeht die Kirche offiziell den Trinitätssonntag. Weil Latein nicht jedermanns Sache ist, heißt dieser Sonntag heute in unserem Sprachraum auch Dreifaltigkeitssonntag. Die Evangelische Kirchen, zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal in der Planung, nennen denselben Sonntag später übrigens etwas leichter verständlich Dreieinigkeitssonntag. Tja, und weil nun einmal heute der Sonntag nach Pfingsten ist, feiern die christlichen Kirchen genau heute diese Glaubensaussage: Es gibt nur einen einzigen Gott. Aber der zeigt sich den Menschen in unterschiedlichen Ausprägungen, als Vater, als Sohn und als Heiliger Geist.

Ist es erlaubt zu sagen: jedem so, wie er Gott am besten verstehen kann? Das Beispiel vom Autofahrer, Radfahrer und der Mutter mit Kinderwagen zeigt zumindest, dass Menschen ein- und denselben Sachverhalt durchaus unterschiedlich wahrnehmen können. Für Katholiken allerdings ist das eigentlich gar kein Thema. Die beginnen und beenden eh schon jedes Gebet mit der Formel „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Und beten dabei natürlich nur zu einem Gott.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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