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Regen im Mai – Bauernregeln und Wettergott (29. Mai)

Geht Ihnen das Wetter auch so auf den Senkel? Seit Wochen liegt ein nicht enden wollendes Tief über Westeuropa. Weiter im Osten ein riesiges Hoch, das sich einfach nicht bewegt. Und deshalb dafür sorgt, dass „unser Tief“ einfach nicht weiterziehen kann. Wie Blei liegt es über dem Land. Wie Blei lastet es auf mir!
Der Wetterbericht formuliert das eher nüchtern:


Tiefer Luftdruck über West- und Mitteleuropa – das bedeutet nun mal wechselhaftes Wetter mit zeitweiligen Regenfällen, zumindest einzelnen Schauern und regional sogar Gewittern. Zeitweilig? Einzelne Schauer? Gefühlt heißt das: Regen, Regen, Regen. Zumindest regional. In Oberschwaben wäre beinahe ein seit 100 Jahren bestehender Regenrekord geknackt worden. Nicht zum Aushalten! Mensch, Leute, erst frierst du dir im Winter die Hacken ab, dann ist die Gastronomie auch noch wegen Corona geschlossen. Und um auf all das noch eins draufzusetzen, ist der Mai auch noch so windig, dass dir Feuchtigkeit und Nässe nur so durch die Klüngel ziehen. Vergnügungssteuerpflichtig ist dieses Wetter ganz sicher nicht! Gefühlt: ein ganz mieses Frühjahr!

„Wettergott“ Petrus

Petrus, der alte Wettergott – mit ihm kann ich in diesem Frühjahr nicht zufrieden sein. Ja, ja, ich weiß: Auch wenn Petrus ganz gern als Wettergott bezeichnet wird, ist er natürlich kein Gott. Dem Volksglauben nach soll er der Pförtner am Himmelstor sein. Und irgendwie wurde dann daraus auch der Heilige, der die Pforten, die Schleusen des Himmels öffnet. Nicht nur ein Türsteher für Neuankömmlinge, sondern auch ein Schleusenwärter, der uns immer mal wieder von ganz oben duscht. Also, bitte, Petrus, dann mach mal jetzt die Schotten wieder dicht! Wettergott hin oder her. Ich hätte gern mal wieder trockeneres Wetter. Anständig Sommer und Sonnenschein! Und zwar möglichst noch bevor mir Schwimmhäute zwischen Fingern und Zehen wachsen.

Antike Wettergötter

Dass ein Himmelsbewohner, jemand, aus einer anderen Sphäre für das Wetter zuständig ist – diese Vorstellung ist uralt. Ist ja auch irgendwie logisch: Alles, was sich dem menschlichen Zugriff entzieht, wird einer Gottheit zugeschrieben. So auch das Wetter. Im alten Orient verehrte man eine Menschengestalt mit Helm und Stierhörnern als Wettergott Ba’al.

Der war so nebenher auch der Gott der Fruchtbarkeit – was ihn im frühen Christentum zu einem Dämon werden ließ. Allerdings waren die frühen Christen nicht so radikal wie die Truppen des IS: Die jagten nämlich in der Wüstenstadt Palmyra einen uralten Ba’alstempel in die Luft. Aggressive Bekämpfung anderer Religionen – selbst wenn die längst ausgestorben sind? Als ob solche Wahnsinnstaten etwas an der Geschichte ändern würden…

Auch unsere Vorfahren glaubten an einen Wettergott. Thor, auch Donar genannt und Namensgeber unseres Donnerstags, war für die alten Germanen der Wetter- und Bauerngott. Wenn der mit seinem Streitwagen durch den Himmel jagte, immer mal wieder gegen Feldsteine stieß, dass es nur so rumpelte, war das die perfekte Erklärung für die Entstehung von Donner. Den gab es auch, wenn Thor seinen Hammer nach links und rechts schwang und was-auch-immer damit traf – das krachte und sorgte außerdem dafür, dass die Funken stoben. Was wiederum die Blitze erklärte. Zugegeben: Dagegen wirkt Petrus mit seinem Himmelsschlüssel als Pförtner und Schleusenwärter wenig spektakulär. Aber Hauptsache es gibt einen Schuldigen, dem man das lausige Wetter in die Schuhe schieben kann.

Wat den eenen sin Uhl

„Wat den eenen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall“ – der plattdeutsche Dichter Fritz Reuter soll vor rund 200 Jahren diesen Spruch geprägt haben. Was für den einen ziemlich blöde ist, freut den anderen, könnte man übersetzen, ohne mit Ornithologen in einen Streit darüber zu geraten, ob denn nun die Eule oder die Nachtigall ein schönerer, nützlicherer Vogel ist. Man muss kein Landwirt sein, um zu wissen: Der doch recht ergiebige Regen in diesem Jahr gleicht die Dürren der letzten beiden Sommer noch lange nicht aus. Wer im eigenen Garten ein bisschen tiefer buddelt, stellt schnell fest: alles pulvertrocken!

Bauernregeln

Insofern dürften es also zumindest die Bauern sein, die sich an dem kühlen und feuchten Mai freuen. Zumindest wenn es nach alten Bauernregeln geht: „Mairegen bringt Segen“, heißt es in einer von ihnen. Eine andere präzisiert: „Regen im Mai bringt fürs ganze Jahr Brot und Heu.“ Das ist ein Trumpf, der sticht: Wenn die Bauern eine gute Ernte einfahren, habe ich anschließend etwas zu beißen auf dem Teller.
Aber muss es deshalb so kühl sein? Ja, muss es. „Ist der Mai kühl und nass, füllt’s dem Bauern Scheun‘ und Fass“, sagt eine weitere Bauernregel. Och, komm, ich dachte, es braucht auch eine gewisse Grundtemperatur, damit die Samen überhaupt keimen. „Ein kühler Mai wird hochgeacht‘, hat stets ein gutes Jahr gebracht“ – das wirft bei mir eher Fragen auf.
Auch diese Behauptung: „Gewitter im Mai bringen Früchte herbei.“ Wenn ich mir den Apfelbaum meiner Nachbarn ansehe: In der vorletzten Woche stand der Baum in voller Blüte – innerhalb von zehn Minuten lagen sämtliche Blütenblätter auf dem Boden. Starkregen und Hagel haben die Blütenpracht zerstört. Bei den wenigen Bienen, die vorher unterwegs waren, bleibt abzuwarten, ob die Blüten des Apfelbaums vor der Hagelattacke befruchtet waren oder aber ob die Apfelernte meiner Nachbarn in diesem Jahr ausfällt.

Verlässlichkeit

Sie merken schon: Was Bauernregeln anbelangt bin ich eher skeptisch. Als Faustregeln mögen sie funktionieren. Aber nicht immer. Die Wahrscheinlichkeit, dass es beim Herzberg-Musikfestival, diesem alten Hippietreffen, garantiert solange schüttet, bis die Fans in Woodstock-Manier „No Rain“ skandieren und der Boden schlammig und durchgeweicht ist, ist da zumindest genauso groß. Wenn nicht größer! Deshalb akzeptiere ich in letzter Konsequenz auch nur eine Bauernregel: „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter. Oder es bleibt, wie es ist!“ Bitte fragen Sie jetzt nicht, ob da nicht auch irgendetwas mit „Petrus“ und „Hahn“ war – ja, war, aber das ist eine andere Geschichte.
Jetzt freue ich mich erst einmal darauf, dass das Wetter nun doch so ganz langsam sommerlich werden soll. Und ich habe im Kopf: Nur wo es genügend regnet, können später Früchte gedeihen. Oder wie Roy Black und Anita schon vor 50 Jahren sangen: „…beim schönsten Regenbogen muss auch Regen sein!“ Meinetwegen auch das!

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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