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Woher, wohin, warum? Der Halleysche Komet und die Angst vor dem Unbekannten (19. Mai)

Angeblich waren meine Ur-Großeltern in Panik: Ein Komet rast auf die Erde zu! Ein Klotz aus Eis, Staub und Geröll, 30, vielleicht 40 Kilometer Durchmesser. Und dahinter ein feuriger Schweif. Damals, am 19. Mai 1910, mehr als doppelt so lang wie die Entfernung von der Erde zur Sonne. Als dann die Hiobsbotschaft die Runde macht, die Erde müsse durch den Kometenschweif hindurch – Panik pur! Denn solch ein Schweif enthält

giftige Gase. Wer damals Gasmasken zu verkaufen hat, verdient sich eine goldene Nase. Selbst Luft in Flaschen und angebliche Kometenpillen finden reißenden Absatz.

Zeichen Gottes?

Schon immer lösen ungewohnte Himmelserscheinungen bei Menschen Ängste aus. Von der Antike bis zum Mittelalter gelten Kometen als Boten des Schicksals. Nach landläufiger Meinung verkünden sie bevorstehendes Unheil. Zumindest aber sind sie ein Zeichen der Götter. Ähnlich bedeutungsschwanger Sonnen- und Mondfinsternisse: Noch vor 150 Jahren erklärt der Schriftsteller Adalbert Stifter, er habe in zwei Minuten Sonnenfinsternis ein Wort Gottes gehört… und verstanden. Dass sich mit den Himmelskörpern bestens Festzeiten, Tage und Jahre berechnen lassen, weiß schon die biblische Schöpfungserzählung. Und die wird seit schätzungsweise 4000 Jahren immer und immer wieder erzählt.

Himmelsobversation

Stonehenge in Südengland, Menhire und Dolmen nicht nur in der Bretagne, Linien in der Ebene von Nazca in Peru, die alte Inkastadt Machu Picchu aus präkolumbianischer Zeit, die Pyramiden in Ägypten, Mexiko und anderswo – sie alle dienten nicht zuletzt wohl auch der Beobachtung der Gestirne. Auf Costa Rica haben vor langer Zeit Menschen große, exakt geformte Kugeln hergestellt und so positioniert, dass sie damit den Verlauf der Himmelskörper ablesen und beobachten konnten. Die Himmelsscheibe von Nebra, immerhin auch rund 4000 Jahre alt, ist ein sicherer Beleg dafür, dass es auch „eine Nummer kleiner“ geht.

Kalender oder die Angst, dass der Himmel auf den Kopf fällt

Zumeist „nur“ ein paar Jahrhunderte alt sind die sogenannten Astronomischen Uhren. Sie können wir bis heute in Münster, Rostock, Stralsund und manchen anderen Städten bewundern, manche von ihnen noch intakt. Klar, sie zeigen die Uhrzeit an – dafür sind Uhren nun einmal da. Aber diese speziellen Uhren zeigen auch die Mondphasen an. Außerdem stellen sie Sonne und Mond in ihren tatsächlichen Positionen zu den

Tierkreiszeichen dar. Und manche von ihnen zeigen sogar die Stellungen der großen Planeten am Firmament. Unglaubliche Kunstwerke, die zum Teil bis heute funktionstüchtig sind. Und immer noch genau arbeiten.

Was alles zeigt: Schon seit Jahrtausenden haben Menschen den Himmel beobachtet. Sie versuchten, Gesetzmäßigkeiten herauszufinden und sich entsprechend dazu zu verhalten. Und sei es nur, um einen idealen Zeitpunkt für die Aussaat von Getreide und sonstigen Feldfrüchten zu bestimmen. Ob die Menschen vergangener Zeiten tatsächlich Angst davor hatten, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fiel? Und dass sie sich möglichst dagegen wappnen wollten? Verlegen wir diese Fragen vorsichtshalber in ein kleines gallisches Dorf, das mit seinem Häuptling Majestix als einziges den Eindringlingen aus Rom Widerstand leistet. Dass aber unerklärliche Phänomene oftmals mit Göttern in Verbindung gebracht wurden, deren Gunst man sich mit Opfergaben zu erkaufen suchte, ist historisch verbrieft.

Der Stern von Bethlehem

Dabei gibt es für Himmelsphänomene oft genug einfache Erklärungen. Der sagenumwobene Stern von Bethlehem wies den weisen Magiern aus dem Morgenland den Weg zum neugeborenen Jesus. Ihn gab es tatsächlich. Nur entlarvte der Mathematiker, Astronom und Theologe (!) Johannes Kepler dieses Phänomen als seltene Konjunktion von Saturn und Jupiter. Diese zwei Planeten kommen sich gelegentlich so nahe, dass sie von der Erde aus wie ein riesiger großer Stern aussehen. Was Kepler 1603 beobachtete, gab es seinen Berechnungen zufolge auch im Jahr sieben vor Christus – dem mittlerweile relativ gesicherten Geburtsjahr Jesu.

Mal „Hallo“ sagen: Der Halleysche Komet

Dem Physiker Edmond Halley war es vorbehalten, schon vor rund 300 Jahren einen Kometen zu entdecken, der seinen Berechnungen nach auf einer Ellipse durchs All zieht. Dieser Komet heißt offiziell 1P/Halley, populärwissenschaftlich ist er nach seinem Entdecker „Halleyscher Komet“ benannt. Alle 75 Jahre schaut er auf seiner Bahn an unserer Erde vorbei und sagt mit einem gut sichtbaren Leuchten „Hallo“. Was Halley nicht genau berechnen konnte, ist das jeweils nächste Erscheinen des Kometen: Einerseits verliert der Komet – völlig normal – auf seiner Umlaufbahn ständig einen Teil seiner Masse. Das kostet ihn nicht nur Stück für Stück seine Leuchtkraft, sondern verändert wohl auch seine Geschwindigkeit. Die aber wird andererseits ohnehin durch die Anziehungsraft verschiedener Himmelskörper, allen voran Jupiter, stark beeinflusst. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass selbst heutige Wissenschaftler nach 1P/Halley nicht unbedingt die Uhr stellen können. Berechnungen zufolge soll er bis vor rund 800 Jahren nur alle 79 winkend an der Erde vorbeigezogen sein. Womit der Komet im Verlauf der letzten 800 Jahre den Abstand zwischen seinen wiederkehrenden Besuchen um satte vier Jahre verkürzt hätte.

Sinnfragen und Kosmos

1986 hat der Komet sich das letzte Mal in unmittelbarer Erdnähe gezeigt. Zu meiner Schande muss ich gestehen: Damals habe ich mich wohl für andere Dinge interessiert, habe überhaupt nichts davon mitbekommen. Anders meine Ur-Großeltern am 19. Mai 1910. Angst? Ja. Panik? Vielleicht. Aber trotzdem sollen Uroma und Uropa das Unglaubliche, das Wunderbare von Gottes Schöpfung in diesem Himmelsschauspiel gesehen haben. Und eine Ahnung bekommen haben, wie winzig wir Menschen im Vergleich zu diesem unendlichen Universum doch sind. Da kann man glatt ins Philosophieren kommen, sich die immer gleichen Fragen stellen: nach dem Woher, Wohin und dem Warum. Haben Sie eine schlüssige, endgültige Antwort?

Was mich anbelangt: Ich habe mir den 28. Juli 2061 in meinen Kalender geschrieben. Falls der Halleysche Komet bis dahin nicht zu viel von seiner Masse verliert, soll er an diesem Datum wieder einmal aus den Tiefen des Alls kommend hell leuchtend vorbeischauen. Schon mehrere Monate vorher habe ich einen weiteren Kalendereintrag vorgenommen: Der soll mich daran erinnern, schon Monate und Wochen vorher aufmerksam die Meldungen in der Presse zu verfolgen. Nicht dass ich das seltene Himmelsschauspiel am Ende noch verpasse. Ob ich allerdings dann überhaupt noch lebe, steht vermutlich im wahrsten Sinne des Wortes in den Sternen.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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