Ironman, David und Goliath, Simson, Siegfried, Supermann und Co. (15. Mai)
Schwimmen, Radfahren, Laufen, zusammen über 220 Kilometer – Ironman heißt dieser Wettbewerb, der jedes Jahr aufs Neue seine Herausforderer sucht. Jedes Jahr Mitte Mai eröffnet die neue Ironman-Saison. Na gut, jetzt der Satz, der im Moment in so vielen Texten steht: Im letzten Jahr fielen fast alle Termine wegen Corona aus. In diesem Jahr
ist eine ganze Reihe der für das Frühjahr geplanten Termine auf den September verschoben. Aber dann… Dann geht es voll zur Sache.
Keine Drogen
Als bekennender Gelegenheitssportler frage ich mich: Was müssen das für Kerle sein, die diese „sportlichen Übungen“ ratzfatz hintereinander absolvieren? Und woher nehmen diese Athleten ihre Kraft, Ausdauer und Kondition? Der Vergleich mit Asterix ist ja mittlerweile tabu. Denn der hatte seinen Zaubertrank. Und, keine Frage, im Sport dopt ja niemand. Mein Freund Hank würde jetzt auf die Tour de Dope verweisen, wie er die Tour de France seit Jahren nennt. Aber bitte, an dieser Stelle keine Dopingdiskussion. Die, die sich dem Ironman stellen, sind ganze Kerle. Und knallharte Frauen, natürlich.
„Ironman“ Simson
Ich bewundere sie, diese knallharten Typen. Und frage mich, ob ich nicht gern ein ganz klein wenig von ihnen hätte. Gegeben hat es sie schon immer. Wenn auch die Disziplinen früher andere waren. Nehmen Sie nur mal zum Beispiel Simson aus der Bibel. Da war der Kerl mit der Löwenmähne, ein Kerl stark wie ein Bär. Mit dem Kieferknochen eines Esels prügelte er etliche Philister zu Tode. Gleich dreitausend Gegner brachte er um, als er ein Haus über ihnen zusammenbrechen ließ. Was musste dieser Kerl aushalten können! Ein wahrhafter Ironman! Allerdings nicht von Dauer. Irgendwann fand auch seine Herrlichkeit ein Ende. Gefangenschaft, Augen ausgestochen, elendiger Tod. Das gönnen wir doch niemandem, oder? Die Bibel erklärt das natürlich ganz schnell: Simson kümmerte sich zu wenig um seine Beziehung zu Gott. Und als Gott es dem Simson gleichtat, sich also auch nicht mehr um ihn kümmerte, ihm nicht mehr den Rücken stärkte, war es mit Simsons Kraft und Stärke vorbei.
„Ironman Goliath“
In der Bibel ist das ja oft so, auch und gerade im Zusammenhang mit den „Ironmännern“ der damaligen Zeit. Nehmen Sie nur Goliath: ein Kerl wie ein Baum, so dass sich ein ganzes Heer davor fürchtete, von ihm massakriert zu werden. Klingt schwer nach Obelix. Allerdings ist nichts davon überliefert, dass dieser Goliath mal in einen Topf mit Zaubertrank gefallen wäre. Ihn, den Unbesiegbaren, den Ironman der Philister, besiegte ausgerechnet ein junger Bengel, ein Hänfling. Name: David. Beruf: Viehhirte. Mit ein paar Kieselsteinen brachte er den Giganten zu Fall. Das muss man sich einmal bildlich vorstellen: Da steht so ein Hüne mit Schwert und Rüstung, fragt sich, warum er gegen diesen Zwerg überhaupt antritt. Und dann ballert der ihm mit einer selbstgebauten Zwille einen Kieselstein an die Rübe, dass es den Riesen aus den Latschen haut. Hingerannt, Schwert weggenommen,
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tödlicher Stich oder Hieb – so wird man zur Legende. Laut biblischer Vorstellung war es allerdings eher Gott, der die Hand des Bengels geführt hat. Sei’s drum. Hauptsache gewonnen! Eine Medaille gab es damals zwar nicht. Dafür machten die Israeliten David aber mal eben schnell zum König.
Vorhäute beschaffen
Ohnehin wurde der auch anderweitig auffällig: Als Preis für seine Braut sollte er 100 Vorhäute von Philistern herbeischaffen. David brachte gleich 200 Vorhäute an. Wie gesagt, die Disziplinen der „ganz Harten“ waren damals schon andere als heute. Aber nun gut, andere Länder, andere Sitten. Und natürlich andere Zeiten. Um 1000 vor Christus soll sich die Sache abgespielt haben. Und natürlich spielte auch die Religion wieder mal eine Rolle: Die Entfernung der Vorhaut als Zeichen des von Gott auserwählten Volkes – da klingt die ganze Geschichte weniger nach großem Gemetzel als nach Zwangsmissionierung. Betonung auf Zwang! Dass sich die Philister nicht gewehrt haben, kann ich mir zumindest nicht vorstellen…
Siegfried, Popeye und Supermann
So ganz nebenbei fallen mir noch ein paar andere Typen ein: Siegfried aus der Nibelungensage, der in Drachenblut gebadet hatte und deshalb unverwundbar wurde – bis auf eine kleine Stelle am Rücken, wo ein Lindenblatt hingefallen und das Drachenblut ferngehalten hatte. Oder Popeye, der muskulöse Seemann, der mit einer Dose Spinat ähnlich aufdrehte wie Asterix nach einem Schluck Zaubertrank. Ohne Spinat allerdings war Popeye dann doch besiegbar. Oder nehmen Sie Supermann. Unbesiegbar! Außer natürlich, wenn sein Gegner ein Stückchen Kryptonit in der Hosentasche hat. Ja, die Ironmänner der Vergangenheit und der Fiktion haben alle ihre Schwachpunkte. So wie der benannte Simson auch: Haare ab – und zack, war es vorbei mit der übermächtigen Kraft.
Verantwortung für sich selbst
Schwimmen, Radfahren, Laufen, zusammen über 220 Kilometer – so sieht ein Ironman-Wettkampf heute aus. Schwachstellen der Athleten? Keine! Gegner? Na ja, die anderen Teilnehmer. Ansonsten hat jeder Athlet nur sich selbst zum Gegner. Deshalb kann auch jeder nur sich selbst zu Fall bringen. Weil er nicht genug oder falsch trainiert hat, weil er seinem Körper ausgerechnet an diesem einen Tag doch mehr abverlangt als er leisten kann. Gerade in Extremsituationen gilt: Jeder muss sich selbst entscheiden, was er seinem Körper zumutet. Bei mir wären das lediglich… Ach, lassen wir das lieber.
Ironman – das bedeutet auch: Mit der richtigen Einstellung ist alles möglich. Oder zumindest fast alles. Was treibt die Sportler an? Na klar, der Wunsch zu gewinnen, zu siegen. Vor allem sich selbst zu besiegen. Grenzen zu überschreiten. Oder besser: zu zeigen, dass es da, wo man seine Grenzen sah, noch ein Stückchen weiter zu gehen.
Die Suche nach Grenzen kann auch eine Suche nach Sinn sein. Sich selbst zu erkennen, mehr über sich selbst zu erfahren und über sich hinauszugehen. Einzutauchen in eine andere Wirklichkeit, eine größere als die, die man im „normalen Leben“ erfährt. Klingt nach spiritueller Erfahrung, Sinnsuche auf einer anderen Ebene des Seins? Wenn man manchen Athleten zuhört, dann scheint genau das im Überschreiten der Grenzen zu liegen. Etwas, was ich mir für mich auch gelegentlich wünsche. Wobei ich aber andere nur bewundern kann.
So bleibt mir dann nichts anderes übrig, als auf den September zu warten und zu hoffen, dass die Athleten auch dann noch, trotz geänderter Trainingspläne, die notwendigen Bestleistungen aus ihrem Körper herausholen können. Deshalb wünsche ich heute schon allen Teilnehmern an Ironman-Wettbewerben und (Achtung, jetzt wird es hoffentlich gendergerecht) natürlich auch den Triathletinnen auf der Ironman-Distanz, dass sie gesund ins Ziel kommen. Und danach munter weitermachen. Und bitte ohne irgendwelche Zaubertränke. Dafür aber mit einem Koffer voller neuer Erfahrungen.
Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.
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