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Nichts mehr zu lachen: James Krüss und Timm Thaler (31. Mai)

Etwas von sich abgeben und im Tausch dafür Macht und Reichtum gewinnen – man muss ja nicht immer gleich die Seele dafür hergeben wie bei Goethes Faust. Der Schriftsteller James Krüss, der heute Geburtstag hätte, hat die Idee umgebaut. In einem seiner schönsten Bücher erkauft sich Timm Thaler

Reichtum und Berühmtheit, indem er ab sofort jede Wette gewinnen kann. Der Preis dafür: Er muss sein fröhliches, ansteckendes Lachen überschreiben.
Schnell erkennt Timm, dass das ein dummer Handel war: Statt seines sympathischen Lachens bleibt ihm nur noch ein fieses Grinsen. Statt wie vorher Menschen zu begeistern und anzuziehen, schreckt er sie nun nur noch ab. Zwar gelangt er wie versprochen zu Reichtum. Aber vor allem wird er einsam. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, reibt ihm sein Tauschpartner auch noch den Irrsinn des Tauschgeschäfts unter die Nase. Ein Buch, das nachdenklich macht.

James Krüss

Nachdenklich wie das Leben des Autors auch. Geboren 1926 auf Helgoland, anfangs überzeugter Nationalsozialist, dessen Lebensentwurf durch den Krieg ins Wanken gerät. Schritt für Schritt distanziert er sich von der Schreckensideologie, die seinen eigenen Lebensstil bitter bestraft hätte: Denn Krüss ist homosexuell. Nach dem Krieg kann er nicht zurück auf seine Heimatinsel – denn die wird von den siegreichen Briten als Bombenübungsplatz genutzt, sollte sogar im Meer versenkt werden. Was allerdings, wie wir ja heute bestens wissen, nicht gelingt. Die einzige deutsche Hochseeinsel gibt es immer noch.
Krüss wird Lehrer, übt diesen Beruf aber nie aus. Stattdessen arbeitet er als Schriftsteller, schreibt Kinderbücher, produziert Hörspiele, hat auch Erfolg im deutschen Fernsehen. 1962 erscheint das vielleicht erfolgreichste

Werk des Autors James Krüss: „Timm Thaler oder das verkaufte Lächeln“. 1979 wird es als Fernsehserie verfilmt und wird dort tatsächlich zu einer Art Straßenfeger.

Teneriffa

Zu diesem Zeitpunkt lebt James Krüss bereits auf Teneriffa: 1964 kommt er erstmals auf diese Insel, erwirbt im Folgejahr dort ein Haus. Hier lebt er mit einem einheimischen Lebenspartner zusammen. Auf seine geliebte Heimatinsel Helgoland kehrt er noch ein einziges Mal zurück: als er nämlich im September 1997 dort auf See bestattet wird. Die Helgoländer halten das Andenken an ihren „James Krüss“ hoch: Die dortige Grund- und Gemeinschaftsschule ist nach dem Schriftsteller benannt.

Zwanzig Jahre nach dem Tod von James Krüss wird sein „Timm Thaler“ erneut verfilmt. Den Schriftsteller hätte das gefreut.

Bis heute aktuell

Die Fragen, die Buch und Film aufwerfen, sind bis heute aktuell – und sie gehen weit über „Kinderliteratur“ hinaus: Kann ich tatsächlich alles kaufen, wenn ich nur den richtigen Preis zahle? Was gebe ich von mir preis, wie weit lasse ich mich verbiegen, wenn nur der Preis stimmt? Was früher sehr trefflich als „Fähnchen im Wind“ bezeichnet wurde, gilt heute vielfach als „situative Wendigkeit“ und als „Cleverness“. Dabei macht die Geschichte von Timm Thaler deutlich: Wer sich selbst, sein Sein, sein Wesen und seine Standpunkte leichtfertig verkauft, dem bleibt am Ende nur ein schiefes Grinsen.
Heute würde James Krüss 95 Jahre alt. Grund genug, um „Timm Thaler und das verkaufte Lachen“ noch einmal zu lesen. Obwohl es den Geburtstag dazu nicht braucht. Der Stoff allein und seine Umsetzung reichen schon. Denn was gibt es Schlimmeres, als dass man nichts mehr zu lachen hat? Und niemand mehr mit einem selbst zusammen lachen kann?

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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