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Cyrus, Miley – End Of The World

Wenn schon, denn schon – nach diesem Motto feiert Miley Cyrus derzeit ihr Comeback. Mit „Prelude“ und „Something Beautiful“ veröffentlichte sie seit Ende März innerhalb kürzester Zeit gleich zwei Vorab-Singles aus ihrem Album „Something Beautiful“.
Der nächste Hammer kam dann am 6. Juni:

Film „Something Beautiful“

Da feierte nämlich der ebenfalls „Something Beautiful“ heißende Film beim von Robert de Niro initiierten Tribeca Festival Premiere. Na gut, ganz so groß war der Hammer dann doch nicht. Denn dass sie einen Film veröffentlichten werde, der ihr neues Album featuren würde, hatte Miley Cyrus bereits länger angekündigt. Aber immerhin: Nur wenige Tage nach der Premiere kam „Something Beautiful“ in den USA und in Kanada in die Kinos. Und mittlerweile ist der Film auch bei uns zu sehen.

Miley: „Beginn einer sorgfältig strukturierten Reise“

Mittlerweile ist mit „End Of The World“ auch die dritte Single aus Mileys neuem Album erschienen. Vermutlich ist es das erste Mal in der Popgeschichte, dass die Reihenfolge der veröffentlichten Singles exakt der Abfolge auf dem Album entspricht. Nicht zufällig, sondern absichtlich. Denn Miley hatte frühzeitig gesagt, dass sie ein Konzeptalbum veröffentlichen werde. Entsprechend hatte sie auf Insta gepostet: „Die Songs […] markieren den Beginn einer sorgfältig strukturierten Reise. Jede Veröffentlichung folgt der Abfolge des Albums und des Films.“ Große Worte, an denen sich Songs, Film und die Gesamtkonzeption messen lassen müssen.

„Gesamtkunstwerk wie ausgedehnte Parfümwerbungen“

Ob das beim Film gelingt, erscheint zweifelhaft. Wer schon lange Mal Miley-Clips am Stück sehen wollte, kommt auf seine Kosten. Das gilt auch für all diejenigen, die sich von gekonnten Lichteffekten, waberndem Nebel, einer Miley im grünen Mugler-Glitterkostümchen, jeder Menge Weichzeichner und einem Mikro im Ausschnitt beeindrucken lassen. Schwerer wird es für diejenigen, die im Film eine Handlung oder gar einen tiefergehenden Sinn suchen. Die werden auch nach intensiver Suche nicht fündig, nicht zuletzt weil es sich bei diesem Film mehr oder weniger nur um eine Aneinanderreihung von Videoclips handelt. Die allerdings sind gruppiert und durch einleitende Infos verbunden, so dass Alexis Petridis, Journalist bei der britischen Tageszeitung „The Guardian“, die Anordnung der Videos würdigt, für das „Gesamtkunstwerk“ aber lediglich mit „wie ausgedehnte Parfümwerbungen“ ein eher vernichtendes Urteil fällt. Nun denn…

Gelungene Gratwanderung zwischen Nostalgie und Gegenwart

Der Longplayer jedoch ist über jeden Zweifel erhaben. Miley macht das, was sie wirklich kann, nämlich singen und performen. Das macht sie auf eine Art und Weise, die ihr zurecht den Titel der Pop-Ikone eingebracht haben. Das gilt auch für die einzelnen Songs des Albums. Gekonnt mischt sie Americana-Elemente mit Disco und Dance zu einem brandaktuellen Europop, lässt zum Beispiel bei „End Of The World“ Klavierakkorde erklingen, die nicht nur an die 70erJahre, sondern dezidiert an ABBA erinnern, und mit den hinzugefügten Streichern der Midtempo-Nummer ein gehöriges Stück Retroanklang verleihen. Das ist eine Miley Cyrus bei einer gekonnten Gratwanderung zwischen Nostalgie und Erdung in der Gegenwart. Passt!

End Of The World

Vor allem „End Of The World“ bietet einen Text, der nachdenklich werden lässt. Miley singt:

„Heute bist du aufgewacht und hast mir gesagt, dass du weinen willst.
Der Himmel stürzte herab wie ein Komet am vierten Juli.
Baby, du dachtest über die Zukunft nach, als würde sie dir gehören.
Zeig mir, wie du mich halten würdest, wenn es ganz sicher kein Morgen gäbe.“

Ausgerechnet am 4. Juli

Am 4. Juli feiern die USA ihren Unabhängigkeitstag. Ein Tag von einschneidender Bedeutung. Mit hoher Symbolkraft schoss die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA ganz bewusst am 4. Juli vor 20 Jahren ein Projektil auf den Kometen Tempel 1. Hauptsächliches Ziel war, Erkenntnisse über die Zusammensetzung des Kometen in Erfahrung zu bringen. Gleichzeitig diente die Mission der Vorbereitung eines Experiments, mit dem man einen Asteroiden vor einer Kollision mit der Erde aus seiner Bahn lenken kann. Ein Experiment, das im September 2022 endlich am Asteroiden Dimorphos erfolgreich durchgeführt wurde. Schließlich sollen sich dermaßen heftige Einschläge, wie sie in der Kreidezeit zu einem weltweiten Massensterben, darunter auch dem Aussterben der Dinosaurier, führte, möglichst nicht wiederholen.

Himmel fällt auf den Kopf: Armageddon

Die Angst, dass einem buchstäblich der Himmel auf den Kopf fällt, ist vermutlich so alt wie die Menschheit selbst, auch wenn uns in nahezu jedem Asterix-Comic die dementsprechende Angst des Majestix eher zum Schmunzeln bringt. Im Katastrophenfilm von Michael Bay aus dem Jahr 1998 wird die Gefahr quasi in die Gegenwart transportiert: Dort retten Ölbohrer die Menschheit vor einem Asteroideneinschlag. „Armageddon“ heißt dieser Film im Original, im Deutschen wird ihm „Das jüngste Gericht“ als Titelzusatz beigefügt.

Am Berg Megiddo

Geht man auf weitere Spurensuche, kommt man zur altgriechischen Form des Begriffs, nämlich Harmagedon. Dieser Begriff wiederum ist dem Hebräischen entlehnt: ist bereits aus der Bibel als Ort entscheidender Schlachten bekannt. bezeichnet einen Ort, der in der Bibel an dem
Armageddon, im Altgriechischen Harmagedon, bezieht sich auf den biblischen Ort Megiddo, der als Ort wichtiger Schlachten erwähnt wird. Am Berg von Megiddo, dem „Har Megiddo“ (, woraus der heute bei uns bekannte Begriff wird), wird am Ende der Zeiten eine Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse toben, so die Offenbarung des Johannes in der Bibel.

End Of The World – Anzeichen schon heute?

Der Blick in die Gegenwart lässt die Besorgnis wachsen, als stünde diese Entscheidungsschlacht unmittelbar bevor – oder sei schon in vollem Gange: Umweltzerstörung, Klimawandel mit Trockenheit, brütender Hitze und Extremwetter, Kriege nicht nur im fernen Afrika, sondern in Europa und rund um Israel, Hass und Gewalt im Internet und auf offener Straße – an eine Zukunft, geschweige denn eine rosige Zukunft zu glauben, fällt vielen Menschen immer schwerer. Und selbst wenn der 4. Juli in „End Of The Day“ ausschließlich metaphorischen Charakter haben sollte, so symbolisiert er doch einen Wendepunkt. Im geschilderten Kontext handelt es sich dabei wohl um ein Moment der Zerstörung. Was also tun, wenn dieser Tag der letzte sein könnte?

Mileys Antwort

„Lass uns deine gesparten Dollar für einen Mercedes-Benz ausgeben.
Veranstaltet eine Party wie McCartney mit der Hilfe von meinen Freunden.
Lass uns runter nach Malibu gehen und der Sonne beim Untergehen zuschauen.
Zeig mir, wie du mich halten würdest, wenn der morgige Tag mit Sicherheit käme.
lass uns nach Paris gehen, egal, ob wir uns dort verirren,
lass uns die Stadt malen, wie Picasso es in seinen Träumen getan hätte.
Und lass uns die Dinge tun, vor denen wir uns vorher viel zu sehr gefürchtet haben.“

Symbolhandlungen, die auf unterschiedliche Weise dasselbe meinen:

„Lass uns so tun, als wäre es nicht das Ende der Welt!“

Hedonismus oder Carpe Diem?

Vordergründig liefert der Song den Appell, das Leben in vollen Zügen zu genießen. Selbst wenn dort ein großes Stück Hedonismus mitschwingt, geht es doch um mehr: nämlich darum, im Hier und Jetzt zu leben und die Gegenwart bewusst wahrzunehmen. Statt sich von Angst und Verzweiflung lähmen zu lassen, sollte man lieber den Tag für schöne Dinge nutzen. Dazu gehört auch die Zeit mit Freunden oder dem Partner, von dem sich Miley im Song wünscht, in den Arm genommen zu werden. Die Verbundenheit zu einem anderen Menschen, den man liebt, ist eine wesentliche Stütze in Zeiten des Chaos.

Biographisch: Mileys Haus in Malibu verbrannt

Zum Song gehört auch eine gehörige Portion Trotz: sich dem vermeintlichen Schicksal entgegenzustemmen, gerade dann das Leben zu feiern, wenn die Welt um einen herum zusammenzubrechen droht. Oder zumindest die Zukunft jede Menge Unsicherheiten bereitzuhalten scheint. Diese Jetzt-erst-recht-Haltung lässt sich auch an der Biographie der Sängerin ablesen: Als 2018 schlimme Waldbrände rund um Los Angeles wüteten, wurde auch Mileys Haus in Malibu ein Opfer der Flammen. Man freue sich darauf, wie immer von Menschen begrüßt zu werden, die man liebt. Aber stattdessen erwartet einen nur ein Haufen Asche und Schutt, so die Sängerin damals.

Trotz statt Verzagtheit

Mit dieser Haltung wandelt Miley Cyrus auf den Spuren eines Satzes, der Martin Luther zugeschrieben wird:

„Wenn morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“

Auch wenn die genaue Herkunft dieses Statements nicht sicher belegt ist, so drückt der Satz doch Hoffnung und den Glauben an eine lebenswerte Zukunft aus – und das gerade im Angesicht einer drohenden Katastrophe.
Miley Cyrus lässt in „End Of The World“ ihre Ängste und Traurigkeit (siehe Malibu!) hinter sich. In schwierigen Zeiten sind Optimismus und Handeln möglicherweise notwendiger denn je.

Voller Hoffnung

Melancholie und Verletzlichkeit – ja, natürlich. Sich aber davon nicht unterkriegen zu lassen, sondern voller Hoffnung das Leben zu leben – das ist die zentrale Botschaft in Mileys Song. Wie sagte Miley doch so schön: Das Album „Something Beautiful“ sei ein Konzeptalbum, das versucht, eine etwas kranke Kultur durch Musik zu heilen. „End Of The World“ hat darin unbestreitbar einen wichtigen Platz.

Miley Cyrus – „End Of The World“

Der bei Radio Salü gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.

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