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Kein Tag ohne Computer? Konrad Zuse sei Dank (8. August)

Eine Schule ist nach ihm benannt, ein Hotel und sogar ein ihm gewidmetes Museum – im osthessischen Hünfeld ist man stolz auf Konrad Zuse! Zu Recht! Denn längst erkennen Wissenschaftler aus aller Welt an: Konrad Zuse ist der Schöpfer der ersten frei programmierbaren Rechenmaschine in binärer Schalttechnik und Gleitpunktrechnung, die wirklich funktionierte. Einfacher formuliert: Konrad Zuse baute den ersten funktionsfähigen Computer der Welt. Und weil der Computer-Pionier einen großen Teil seines Lebens im osthessischen Hünfeld

Ehrenbürger der Stadt Hünfeld

verbrachte, ist er, ganz klar, ein Hünfelder. Zumindest für die Menschen in Osthessen. Einer, den man einfach zu Ehrenbürger machen musste. Ein Doktor, wenn auch nur h.c., der das – kleines Wortspiel – schmucke Städtchen noch mehr schmückt. Dabei unterschlagen die Hünfelder ein wenig, dass Zuse zwar 1956 nach Hünfeld zog und bis zu seinem Tod im Jahr 1995 dort lebte – seinen Computer aber bereits 1941 baute. Aber so funktioniert Lokalpatriotismus. Übrigens ganz offiziell unterstützt durch das Land Hessen: 1976 verliehen die Hünfelder „ihrem Konrad Zuse“ den Titel Ehrenbürger – 30 Jahre später genehmigte die Wiesbadener Staatskanzlei den Osthessen, Hünfeld ganz offiziell als „Konrad Zuse Stadt“ zu bezeichnen.

Ja, nee, ist klar: binäre Gleitkommarechung

1941 – das ist lange her. Und so ist „Zuses Rechenmaschine“ auch längst nicht das, was wir uns heute unter einem Computer vorstellen. 31 Jahre alt war der bei Berlin geborene Zuse, als er dort 1941 seinen Rechner vorstellte. Ein kleiner Kreis auserwählter Ingenieure und Wissenschaftler durfte die erste Rechenmaschine der Welt in Augenschein nehmen, die nach dem Prinzip der binären Gleitkommarechnung arbeitete. Was das bedeutet, habe ich mir erklären lassen. Allerdings war mein Verständnishorizont schon an der Stelle ausgereizt, an der es heißt, dass das Komma bei einer internen Darstellung immer passend verschoben wird. Keine Ahnung, was das bedeutet. Kapiert habe ich aber, dass genau dies die Grundlage ist, auf der jeder moderne Computer aufbaut. Also hat das irgendetwas mit der Vielzahl von Einzen und Nullen zu tun, mit der ein Computer arbeitet. Zumindest reicht das, um mich zu beeindrucken.

Ganz einfach: Harvard Mark I

Ansonsten brauche ich technische Dinge immer ganz einfach und plastisch. Deshalb faszinieren mich auch die Kennzahlen von „Harvard Mark I“ so ungemein. So heißt nämlich das Maschinchen, dass die Amerikaner im August 1944 und damit drei Jahre nach „Zuses Rechenmaschine“ zum Laufen brachten. Dieser erste „programmgesteuerte Hochleistungs-Digitalrechner“ der Weltgeschichte war sagenhafte 2,5 Meter hoch und unglaubliche 16 Meter lang. Falls Sie das ähnlich plastisch brauchen wie ich: Das entspricht in der Höhe meiner Wohnung und der Wohnung über mir, dazu in der Breite drei Wohnungen der Mietskaserne, in der ich wohne, nebeneinander. Welche Tiefe dieses Monstrum hatte, weiß ich nicht. Aber wenn ich mir schön proportional zu Höhe und Breite vorstelle, wird auch die Tiefe nicht gering gewesen sein. Dafür weiß ich aber etwas über seine „enorme Rechengeschwindigkeit“: Für größere Multiplikationsaufgaben benötigte der Riese dann doch schon einige Sekunden.

Schneller als Kopfrechnen?

Gegen den Deutschen Gert Mittring, der 2004 in schlappen 13,3 Sekunden die 13. Wurzel aus einer hundertstelligen Zahl zog, hätte dieser erste Computer in Sachen Geschwindigkeit keine Chance gehabt. Und noch einmal plastisch und vor allem „wieder ganz einfach“: Bei den Weltmeisterschaften im Kopfrechnen lautete schon vor Jahren eine Aufgabe: 14.130 214 x 17.981.822 oder 57.809.355 + 28 x 16.448.333. Wie lange Sie für die Berechnung brauchen, können Sie ja mal ausprobieren. Mir reicht schon die Zeit, die ich mit dem Eintippen auf der Tastatur verbrate…

Atombombe auf Nagasaki

Wenn Sie sich noch einmal die unglaubliche Größe von „Harvard Mark I“ vergegenwärtigen: In jedem Smartphone steckt heute eine größere Rechenleistung als die NASA 1969 für die erste Mondlandung mit allen vernetzten Computern der damaligen Zeit bereitstellen konnte. Wahnsinn. Wahnsinn leider auch, was wir Menschen mit unseren phantastischen Entdeckungen immer wieder anstellen: Die erste ganz große

Rechenaufgabe von „Harvard Mark I“ war nämlich die Berechnung von Flugbahn und Zündzeitpunkt der Atombombe, die am 9. August 1945 über der japanischen Stadt Nagasaki abgeworfen wurde. Damit auch ja möglichst viele Menschen etwas von der verheerenden mörderischen Wirkung abbekommen.
Gerade also einmal ein Jahr alt hatte die Computertechnologie bereits ihre Unschuld verloren. Dass heute Menschen vor Bildschirmen sitzen und mit den gekoppelten Möglichkeiten von Satellitentechnologie, Drohnen und Waffentechnik an jedem Ort der Welt andere Menschen unvermittelt töten können, ist nicht dem Computer zuzuschreiben. Verantwortlich ist der Mensch für das, was er mit seinen Erfindungen anstellt. Und falls ich einmal eine Dissertation über das Böse in der Welt schreiben sollte – die Menschen, die herausragende Erfindungen und Entwicklungen immer wieder dazu verwenden, um anderen Menschen zu schaden, bekämen bei mir die Rote Karte gezeigt.

Es kommt darauf an, was der Mensch daraus macht…

Viel lieber schaue ich auf die positiven Errungenschaften, die die Technik liefert: Längst benutzen wir Zuses Gleitkommarechnung nicht mehr nur zum Lösen von größeren Multiplikationsaufgaben. Mit den kleinen „Rechnern“ beschaffen wir uns Informationen aus dem Internet, lassen uns per GPS den Weg zeigen, steuern die Musikanlage, die Heizung und Rollläden. Großartig! Computer sind wahre Hilfen im Leben. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Wie bei allen Dingen besteht die Gefahr, dass wir uns von den kleinen Helfern abhängig machen. Ein Tag ohne Computer? Ein verlorener Tag? Für manche Menschen gilt diese Aussage ganz sicher.

Von Konrad Zuse, dem Vater der Computertechnologie, wird übrigens berichtet, dass er bis zu seinem Tod im Jahr 1995 keinen eigenen Computer besessen habe. Vielleicht auch deshalb, weil er das wirkliche Leben nicht völlig aus dem Blick verlieren wollte. Konrad Zuse sei Dank!

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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