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Hoffnung und Wagemut – Kolumbus Aufbruch in die „Neue Welt“ (3. August)

Machen Sie einmal mit bei einem Rollenspiel: Wir haben den dritten August 1492. Sie sind Christoph Kolumbus, stechen heute als Kommandant von insgesamt drei Schiffen in See. Sie wissen bereits, dass die Erde keine Scheibe ist, sondern eine Art Kugel. Und Sie sind fest davon überzeugt: Westwärts um den Globus muss es eine Schiffsroute nach Indien
geben. Eben nicht um Afrika herum, wie sonst üblich. Warum Indien? Weil Sie als Kaufmann wissen, dass Indien das Land des Goldes und der Gewürze ist. Wobei das fast dasselbe ist. Denn Gewürze werden im 15. Jahrhundert und noch lange danach mit Gold aufgewogen.

Die historische Situation

Als gebürtiger Genuese des 15. Jahrhunderts suchen Sie nach Finanziers Ihrer Reise. Der portugiesische König, damals Beherrscher der Meere, winkt ab. Kein Interesse. In Wahrheit erscheint ihm und seinen Beratern Ihre Idee von der Westroute eine Spinnerei zu sein. Vielleicht, so ganz klar ist das nicht, glaubt der portugiesische König auch noch daran, dass die Erde eine Scheibe sei. Und bei einer Tour nach Westen könnten Sie mit Ihrem Schiff vom Rand der Scheibe stürzen. Das will der portugiesische König nicht finanzieren.
Also gehen Sie zur Konkurrenz, nach Spanien. Die Spanier sind die einzige Macht, die Sie kennen, die so eine Fahrt finanzieren kann. Aber die Spanier sind pleite. Pleite, aber umso skrupelloser. Ratzfatz erpresst das Königspaar drei Schiffe von einer steuersäumigen Stadt. Mit der Niña, der Pinta und der Santa Maria stechen Sie in See. Soweit das Setting für unser Rollenspiel.

Ihre Aufgabe

Jetzt sind Sie dran: Was geht nun in Ihnen vor? Sind Sie absolut überzeugt von sich? Woher nehmen Sie Ihre Zuversicht, die Stürme des Meeres zu überstehen? Woher die Hoffnung, heil anzukommen? Oder überhaupt irgendwo anzukommen? Und vor allem: auch den Weg zurück wieder zu schaffen? Lassen Sie diese Fragen einmal in sich wirken.

Dank an Gott für die Entdeckung der „Indianer“

Als Kolumbus endlich meint, in Indien angekommen zu sein, hat er genug Grund, erst einmal durchzuatmen. Und er dankt Gott, wem sonst? Damals stand das außer Frage. Gott war es wohl, der ihm beistand, auf den Kolumbus von Anfang an vertraute. Das zumindest legt sein Brief an den spanischen Schatzmeister nahe.

Weil Kolumbus fest davon überzeugt ist, in Indien gelandet zu sein, nennt er die Menschen, die ihm begegnen, Indianer. Vollbeladen kehrt der gebürtige Genuese nach Spanien zurück. Und er bringt Tabak und Kartoffeln mit. Vor allem letztere werden zu einem Segen. Zwar dauert es noch rund 250 Jahre, bis der Alte Fritz seine 15 Kartoffelerlasse herausgibt. Aber die tragen entscheidend dazu bei, den Hunger des alten Kontinents zu stillen. Klar, davon bekommt Kolumbus nichts mehr mit. Zeitlebens bleibt ihm auch verborgen, dass er am 12. Oktober 1492 nicht in Indien gelandet ist, sondern auf einer Insel der Bahamas. Und obwohl er drei weitere Seereisen hin zu „seinem Indien“ unternimmt, erfährt er nie, dass er in Wahrheit einen neuen, bislang unbekannten Kontinent entdeckt hat.

Die wirkliche Entdeckung Amerikas

Wobei das mit der Wahrheit so eine Sache ist. Spätere Funde an der US-amerikanischen Ostküste belegen, dass bereits etwa 500 Jahre vor Kolumbus die Wikinger den neuen Kontinent betraten. Alles spricht dafür, dass der historisch belegte Isländer Leif Eriksson die „Neue Welt“ betrat.
Aber auch er scheint nicht der Erste gewesen zu sein: Die mittelalterliche „Navigatio sancti Brendani abbatis“ berichtet davon, dass der irische Mönch Brendan mit 15 Begleitern bis nach Amerika gekommen sei. Moderne Forschungen haben ergeben, dass die Schiffe der irischen Mönche zu solch einer Seereise durchaus imstande gewesen wären. Das Erstaunliche aber: Die „Navigatio sancti Brendani abbatis“ wurde bereits im 10. Jahrhundert in einem von Iren gegründeten Kloster in Lothringen aufgezeichnet. Ein Text, der in über 120 Abschriften und unterschiedlichen Sprachen erhalten ist, also ein Bestseller seiner Zeit. Der zudem über Jahrhundert mündlich überliefert

worden zu sein scheint. Der heilige Brendan, dem die Überfahrt nach Amerika zugeschrieben wird, wurde im ausgehenden fünften Jahrhundert geboren. Er hätte also Amerika bereits rund 1000 Jahre vor Kolumbus entdeckt. Unglaublich. Aber wohl wahr. Atmosphärisch dicht übrigens nachzuempfinden anhand eines Konzeptalbums der irisch-schottischen Band IONA.

Neue Sichtweisen

Klar ist aber: Erst die Entdeckung der „neuen Welt“ durch Kolumbus verändert die Sichtweisen Europas, erst seine Entdeckung führt zu einer systematischen Erforschung des amerikanischen Kontinents. Für viele heute längst nicht nur ein Grund zum Jubeln. Denn die Entdecker waren leider nicht nur Entdecker, sondern in erster Linie Eroberer, Unterdrücker und Ausbeuter. Was sie nicht mit brutaler Gewalt durchsetzten, erledigten die Krankheiten, die die Eroberer mitbrachten. Auch denen hatte die indigene Bevölkerung nichts entgegenzusetzen. Und nur am Rande: Weil Länder wie Frankreich und England, die sich schon in Europa feindlich gegenüberstehen, in der „Neuen Welt“ unglaubliche Reichtümer erwarten, stehen sie sich auch dort gegenüber. Ausgesprochen feindlich, dem Leben der indigenen Bevölkerung alles andere als zuträglich. Aber bis dahin dauert es noch ein Weilchen…

Flucht in die „Neue Welt“

Nach dem Ausflug in die Geschichte zurück zu unserem Rollenspiel. Wie geht es Ihnen? Haben Sie eine Ahnung davon bekommen, was sie alles auf sich nehmen müssten für Ruhm und Ehre? Für die Hoffnung auf Reichtum? Die meisten Menschen, die im 19. Jahrhundert in die „Neue Welt“ auswanderten, hofften darauf, ein Leben in bitterer Armut hinter sich zu lassen. Vielfach waren sie Geknechtete, Verfolgte, die ihren Glauben nicht leben durften, deren Wünsche nach einem kleinen bisschen Freiheit brutal niedergeknüppelt wurden. Oder wie man heute so schön sagt: Sie waren politisch Unterdrückte und Verfolgte.
Hinzu kamen schwere Unwetter mit Ernteausfällen, strenge Winter, Viehseuchen, verlorene Kriege ihrer Landesherren, für die die kleinen Leute die Tributzahlungen aufbringen mussten, Zwangsversteigerung des wenigen Hab und Guts, wenn sich denn aufgrund von Geldmangel überhaupt Käufer fanden – massenhaft wandten sich die, die kaum noch die überlebensnotwendigsten Dinge erhalten konnten, der „Neuen Welt“ zu. Am 16. September 1620 sticht die Mayflower der Pilgrim Fathers im englischen Plymouth in See, erreicht Amerika zwei Monate später.

Fünf Millionen Auswanderer – von Hamburg aus!

Nachweislich fünf Millionen Menschen siedelten zwischen 1850 und 1934 nach Amerika über – allein vom Hamburger Hafen aus. Etliche starben während der Überfahrt, viele hatten große Probleme in der neuen Heimat. Denn dort war längst nicht alles so rosig, wie es viele erhofft hatten, längst nicht so positiv, wie man es ihnen versprochen hatte. Aber die meisten von ihnen nutzten ihre Chance, trugen entscheidend dazu bei, dass die USA zu einem der führenden Länder der Welt wurden. Was wären die USA ohne ihre Einwanderer aus Irland, Schottland, England, Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland, um nur einige wenige Länder des alten Europa zu nennen? Und wo wären wir nach den unseligen, zerstörerischen zwei Weltkriegen ohne die USA? Kolumbus also sei Dank für seinen Wagemut, einen neuen Handelsweg zu suchen und zu finden. Dazu beigetragen zu haben, dass die Welt zusammenwächst. Und Dank den Auswanderern, die Amerika so stark gemacht haben, dass sie uns im alten Europa unterstützen – durch Handel und Hilfen.

Stolz

Und Sie? Fühlen Sie sich jetzt gut in Ihrem Rollenspiel als Kolumbus? Als einer, der stolz darauf ist, so viel auf sich genommen zu haben für bessere Lebensbedingungen? Oder als einer der Nachfahren, der von seiner „Entdeckung“ profitiert? Hoffentlich. Sie haben allen Grund dazu.

Flucht in eine andere „Neue Welt“

Vielleicht verstehen Sie jetzt besser, dass das alles kein Schnee von gestern ist. Sondern brandaktuell! Die Afrikaner, die von Hunger, Armut und oftmals Verfolgung nach Europa getrieben werden – sie machen sich wie Kolumbus auf den Weg in eine ungewisse Zukunft. Sie sind voller Vertrauen, dass das Leben weit weg von zu Hause für sie weitergeht. Vielleicht voller Gottvertrauen! Nur dass wir hier sagen: „Wir wollen euch nicht! Ihr seid hier nicht erwünscht!“ Und jetzt drehen wir unser Rollenspiel noch einen Tick weiter. Stellen Sie sich bitte erneut eine Frage: Wenn Sie an der Stelle dieser „Abenteurer“ wären – was ginge angesichts von Ablehnung und vielfach fehlender Unterstützung in Ihnen vor?

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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