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28. Januar, Astrid Lindgren, Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Kalle Blomquist und Co.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

28. Januar, Astrid Lindgren, Pippi Langstrumpf, Michel aus Lönneberga, Kalle Blomquist und Co.

Kalle Blomquist, Anders und Eva-Lotta – das sind die Helden meiner Kindheit. Kalle brachte alle Ganoven zur Strecke. Anders war Chef der Weißen Rose, eine Art Geheimbund. Beide wollten Eva-Lotta heiraten, irgendwann, wenn sie groß wären. Doch groß wurden sie nie. Für immer blieben sie 12-, 13jährige Kinder aus Schweden, aus Kleinköping. Weil es diesen Ort in Wirklichkeit nicht gibt, gibt es auch Kalle Blomquist und Co nicht wirklich. Sie stammen aus Kinderbüchern von Astrid Lindgren. Heute vor 19 Jahren starb die Frau, die mit ihren Büchern Millionen von Lesern bestens unterhielt: mit Karlsson vom Dach, den Kindern aus Bullerbü, Michel aus Lönneberga, Ronja Räubertochter und natürlich mit Pippi Langstrumpf. Aber, ich kann’s ja nicht ändern, Kalle und Co bleiben mir die Liebsten.

Vielleicht, weil sie sich unerschrocken Verbrechern in den Weg stellen. Sicher auch, weil sie dabei cleverer sind als die Obrigkeit – verkörpert vom etwas einfältigen Schutzmann Björk. Vor allem aber, weil es in ihren Geschichten nie brutale Gewalt gibt. Ein paar Raufereien mit den Mitgliedern der Roten Rose, einer Konkurrenzbande, aber das ist es auch schon. „Liebe deinen Nächsten“ oder „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“ – Leser von Astrid Lindgren sogen diese Botschaft quasi nebenbei in sich auf. Denn explizit ausgesprochen hat es die Autorin nie. Dafür war sie viel zu intelligent.

Rund 150 Millionen Lindgren-Bücher gingen weltweit über den Ladentisch. Als erste Autorin, die „nur“ Kinderbücher schreibt, erhält Astrid Lindgren 1978 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Die gute Wahl hätte allerdings beinahe in einem Eklat geendet: Denn weil sie in der Frankfurter Paulskirche eine Rede zur gewaltfreien Erziehung von Kindern halten will, muss sie mit ihrem Nicht-Erscheinen bei der Preisverleihung drohen. Nur damit setzt sie durch, dass sie die Rede halten darf. In der Würdigung der Autorin findet der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels – sorry, ich kann nichts dafür! Das ist nun mal Amtsdeutsch! – , Rolf Keller, aber dann doch ausschließlich freundliche Worte für die Autorin:


Dass Astrid Lindgren mit ihrem gesamten Werk beispielhaft für alle stehe, die mit ihren Büchern Kindern in aller Welt als unverlierbaren Schatz die Phantasie schenkten und ihr Vertrauen in das Leben bestärkten. Das würde ich zwar anders formulieren, aber glatt unterschreiben. Auch dass Astrid Lindgren es auf besondere Weise verstehe, Neugier im Kind zu wecken, es kritisch zu machen gegenüber großen Worten und Parolen. Ja, auch das, volle Zustimmung. Und natürlich, dass dies genauso wichtig sei wie die Aufgabe, den Kindern Angst zu nehmen vor der Welt und vor der Zukunft. Dass das Werk von Astrid Lindgren keine Abkehr von der Wirklichkeit, keine Verführung zur Flucht in Träume bedeute, sondern dass Astrid Lindgren in eine Welt führe, in der wir lachen und weinen, träumen, aber auch leben könnten. Oh ja, Rolf Keller, das waren gut gewählte, richtige Worte. Wie oft habe ich bei Büchern von Astrid Lindgren gelacht. Und oft genug Tränen in den Augen gehabt! Und weil Keller damit schloss, dass Lindgrens Bücher Leben und Wärme vermittelten, bezauberten und verzauberten und sie behutsam, aber nachdrücklich zu Toleranz und Verantwortung, den unabdingbaren Voraussetzungen des Friedens, erziehe, bin ich doch ein wenig versöhnt mit dem Drumherum der Preisverleihung.

Wobei das, was Astrid Lindgren dann erwidert, ja nun wirklich Hand und Fuß hat: Dass es ja die heutigen Kinder seien, die irgendwann die Welt übernehmen würden. Oder zumindest das, was wir noch von ihr übrig ließen. Und dass es die Kinder seien, die dann über Krieg und Frieden bestimmten und darüber, in was für einer Welt sie leben wollen. Meine Güte, welch weisen Worte. In ihnen steckt ja auch, dass es eben nun einmal Erwachsene sind, die Kinder erziehen und ihnen – mal recht, mal schlecht – Vorbild sind. Selbst bestimmen, in was für einer Welt sie leben wollen – das sind Gedanken, die über 40 Jahre später in „Fridays for future“ eine krasse Bestätigung erfahren. Ach ja, das Preisgeld in Höhe von 10.000 DM stiftete die Autorin hälftig an die Münchner Aktion „Das fröhliche Krankenzimmer“ und an eine schwedische Aktion für Kinder. So viel zum Thema Vorbild…
Schade, dass Astrid Lindgren nie einen Literaturnobelpreis erhalten hat. Aber immerhin: 1994 erhielt sie den alternativen Nobelpreis für ihr Engagement für die Rechte von Kindern. Und das ist gut so! Denn: Astrid Lindgrens Figuren erzählen uns bis heute eine Menge, auch über friedliches Miteinander. Daher sind Kalle Blomquist und Co auch für Kinder von heute lesenswert. Lesenswert für kleine und für große Kinder. Ich… fange heute gleich noch einmal damit an.

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