Drücken Sie Enter, um das Ergebnis zu sehen oder Esc um abzubrechen.

14. Januar, Von Nachbarn, Stachelschweinen und dem Hüter meines Bruders

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

Mögen Sie Ihre Nachbarn? Zwei Dinge fallen mir zum Thema „Nachbarn“ sofort ein: Mit meinen Nachbarn bin ich mehr als gut dran. Keine, die hinter der Gardine lauern und alles mitbekommen müssen. Keine, die bei jeder Kleinigkeit auf der Matte stehen. Keine Pottguckerei, wie man so schön sagt. Allenfalls wenn meine Nachbarn zum Beispiel von irgendeinem Zustellservice ein Paket für mich angenommen haben, stehen sie schon mal an der Tür. Ansonsten: Guten Tag und guten Weg, das übliche Schwätzchen über den Gartenzaun. Die kurze Info: „Ich bin von dann bis dann im Urlaub. Wenn du also irgendetwas bemerkst, dann ruf die Polizei!“ Das war es auch schon. Nicht zu eng, aber auch nicht zu weit auseinander. So gefällt mir das.

Na ja, und dann muss ich an diese Geschichte denken, die sich vor geraumer Zeit im Nachbarort zutrug: Wo plötzlich auffällt, dass aus dem Briefkasten einer alleinstehenden älteren Dame immer noch die Zeitung vom Vortag herauslugt. Normal ist das nicht. Verreisen wollte sie nicht. Nichts von ihr zu sehen, nichts von ihr zu hören. Die aufmerksamen Nachbarn halten das für ungewöhnlich. Keine Reaktion auf Dauergeläut an der Türklingel. Und auf Telefonanrufe reagiert die alte Frau auch nicht. Die Kinder wohnen weit weg. Was also ist zu tun?
Kurzerhand alarmieren die Nachbarn die Polizei. Die bricht die Wohnungstür auf und findet die Nachbarin auf dem Wohnzimmerteppich. Hilflos. Entkräftet. Dehydriert. Es folgt die sofortige Fahrt ins Krankenhaus, wo man sie wieder aufpäppelt. Verbunden mit dem Kommentar: Einen Tag später hätte man ihr womöglich nicht mehr helfen können! Inniger Dank also den reaktionsschnellen Nachbarn. Das sehen auch die mittlerweile informierten Kinder so. Und ein paar Tage später, als es ihr wieder besser geht, auch die ältere Dame.

Wenn ich diese beiden Eindrücke zusammennehme, muss ich an die Parabel des Philosophen Arthur Schopenhauer denken: In ihr erzählt der Philosoph von Stachelschweinen. sie frieren, rücken sie ganz nah aneinander. So nah, bis sie sich pieken. Dann rücken sie schnell wieder ein wenig auseinander. Meistens so weit, bis sie wieder frieren.
Womit klar wird: Es kommt also darauf an, den richtigen Abstand zueinander zu finden. Auch mit einem kleinen Hin und Her. Auch im Zusammenhang mit den eigenen Nachbarn. Das ist nicht immer einfach. Aber hilfreich. Die Bibel, auch jenseits von Glaubensaussagen die große Sammlung menschlicher Weisheiten, hat das einmal so formuliert: Besser ein Nachbar in der Nähe als ein Bruder in der Ferne! (Spr 27,10). Und an anderer Stelle fragt Kain: „Soll ich der Hüter meines Bruders sein?“ Ja, genau das. Der Hüter, der für seinen nächsten Nachbarn da ist, auf ihn aufpasst und ihm hilft. Und notfalls den Rettungsdienst alarmiert, wenn der das selbst nicht mehr kann. Danach kann man sich ja wieder in seine Ecke zurückziehen… und alleine frieren.

Kommentare

Hinterlassen Sie ein Kommentar

Datenschutz
Ich, Klaus Depta (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.
Datenschutz
Ich, Klaus Depta (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.