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22. Januar, Freiheit für eine Nuss

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

22. Januar, Freiheit für eine Nuss

Wahrscheinlich kennen Sie das auch: Der Film ist zu ende. Um noch einen neuen anzufangen, ist es zu spät – also zappt man noch ein bisschen herum. Das meiste drückt man nach Sekunden schon wieder weg. Bis man genervt abschaltet. Oder aber doch irgendwo hängenbleibt.
Auf diese Weise bin ich neulich in eine spannende Doku hineingeraten, die mich nachhaltig beeindruckt hat. Eigentlich ging es nur darum, wie irgendwo in Afrika Bauern Affen fangen. Damit die ihnen nicht die Felder verwüsten, haben sich die Bauern einen Trick einfallen lassen: Sie legen eine bei Affen heiß begehrte Nuss in eine Baumhöhlung, die gerade so groß ist, dass der Affe die gestreckte Hand hindurchstecken kann. Kaum hat der Affe seine flache Hand durch den Spalt gesteckt, stürzen die Bauern aus ihren Verstecken hervor. In seiner Gier hält der Affe die ach-so-begehrte Nuss mit seiner Faust umklammert… und sitzt fest. Denn die geschlossene, zur Faust geballte Hand kann er aus der schmalen Spalte nicht wieder zurückziehen. Fazit: Der Affe hat doch tatsächlich für eine einzige Nuss, von der er nicht lassen kann, seine Freiheit geopfert. Was dann mit den Affen passiert, erspare ich Ihnen.
Aber der banale Trick der afrikanischen Bauern hat mich nachhaltig beeindruckt. Er hat bei mir ein ganzes Gedankenspiel in Gang gesetzt. So dumm kann eben nur ein Affe sein? Da würde ich doch sofort loslassen und das Weite suchen. Oder etwa nicht? Ganz so sicher war ich mir am Ende dann doch nicht. Und so habe ich mich gefragt: Sind wir Menschen tatsächlich wesentlich schlauer als die uns doch ach-so-nahestehenden Tiere? Für welche Nüsse im übertragenen Sinne geben wir eigentlich unsere Freiheit auf? Oder anders gefragt: Merken wir, wenn wir eine Nuss umklammern und dabei etwas viel Größeres aufgeben, nämlich unsere Freiheit? Gibt es vielleicht in meinem Leben auch „Bauern“, die mich wegen ihrer Interessen mit „Nüssen“ ködern, ohne dass ich das bemerke? Und: Wie viel kostbare Lebenszeit vertrödele ich eigentlich mit Dingen, die mir im Moment begehrenswert erscheinen, aber an sich doch unbedeutend sind? Fragen über Fragen, die vielleicht nicht nur auf mich zutreffen.
Ich fürchte, wir Menschen entscheiden uns oftmals für Dinge, die zwar kurzfristig Vorteile zu bringen scheinen, aber langfristig den Weg zu Größerem verbauen. Reflexe, die uns zu Gefangenen unserer selbst machen, aber auch Angst und Egoismen halten davon ab, Liebgewordenes aufzugeben. Was ja nicht weiter schlimm ist. Es sei denn, dass dieses Festhalten gleichzeitig die Chance nimmt, etwas Wichtigeres, etwas Neues zu entdecken. Der Kopf weiß: Nur wer loslassen kann, bekommt die Hände frei. Und kann die dann nutzen, um etwas Neues zu – im wahrsten Sinn des Wortes – zu „be-greifen“, also zu erforschen und zu entdecken. Der Bauch, das Gefühl weisen oftmals einen anderen Weg: Nämlich den des geringeren Widerstands; den, der dazu führt, lieber eine Nuss zu umklammern. Und dabei die kleinen und die großen Chancen, die das Leben bietet, ungenutzt vorübergehen lassen.

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