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10. Januar: Stress am Kilimandscharo

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

Quizfrage: In welchem Land liegt der Kilimandscharo? Da Sie jetzt keinen Joker einsetzen und auch keinen Bekannten anrufen können, der Hinweis: Der Kilimandscharo ist der größte Berg Afrikas. Klare Antwort: Der schneebedeckte Berg befindet sich auf dem Staatsgebiet… von Kenia. Zumindest verkündeten das vor ein paar Jahren Broschüren von cleveren Reiseveranstaltern, natürlich aus Kenia. Weil dort die Touristen ausblieben, hatten ein paar kenianische Touristikfirmen den Berg kurzerhand in ihren Prospekten werbewirksam versetzt.

Keine Ahnung, ob es zwischen Kenias und Tansanias Regierungen auch so etwas wie ein rotes Telefon gibt. Auf jeden Fall schaltete sich die Politik ein. Denn im benachbarten Tansania steppte der Bär. Kenias Tourismusminister beeilte sich, schnellstens zu beschwichtigen: Natürlich stehe jeder einzelne der knapp 6000 Meter des Kilimandscharo und damit selbstverständlich das gesamte Bergmassiv auf tansanischem Boden, rund fünfzig Kilometer hinter der Grenze zwischen beiden Ländern. Damit waren politische Auseinandersetzungen erst einmal abgewendet. Und wer weiß, vielleicht sogar militärische. In der Geschichte der Menschheit haben ja schon geringste Anlässe für Kriege gesorgt. Selbst Anlässe, die man erst erfinden musste, sorgten dafür, dass zum Beispiel zurückgeschossen wurde. Oder dass man mit einem Präventivschlag den Einsatz von Massenvernichtungswaffen verhindern musste, wohl wissend, dass es diese gar nicht gab.
Doch zurück zum Kilimandscharo: Genaugenommen handelt es sich um größeres Vulkanmassiv, das als Krone Tansanias gilt. Dessen höchste Erhebung, der Kibo, wurde 1848 erstmalig bestiegen – von Hans Meyer, einem deutschen Afrikaforscher, übrigens auch Enkel des berühmten Erfinders der Meyer-Lexikonreihe. Ganz im Zeichen seiner Zeit rammt Meyer eine deutsche Fahne in den Boden und tauft den höchsten Punkt Afrikas auf den Namen „Kaiser-Wilhelm-Spitze“. Nach dem Recht des Erstbesteigers wird der Kilimandscharo somit auch zum höchsten Punkt des damaligen deutschen Kaiserreichs. Damit der Kaiser das auch mitbekommt, schickt ihm Meyer eine Nachricht und legt schnell noch ein Felsstück vom Gipfel dazu.

Einheimischen Stämmen, darunter auch die kriegerischen Massai, ist Meyers Aktion ein Dorn im Auge. Denn ihnen ist der Kibo heilig. Jeder Aufstieg dorthin, also quasi mitten hinein in einen göttlichen Bereich, ist für sie ein unvorstellbarer Frevel. Deshalb hatten es Bergsteigergruppen vor Meyer und auch er selbst schwer, Träger für ihre Ausrüstung zu finden. Deshalb scheiterten vor Meyer alle Versuche, den Kibo zu besteigen.
Wenn heute Touristen 1000 Dollar für den Aufstieg bis an die Gletscherfläche wagen, spielen diese Hintergründe für sie keine Rolle. Unwichtig scheint auch, dass von den einstmals 12 Quadratkilometern Gletscher gerade mal noch zwei erhalten sind. Der Rest ist ein Opfer der Klimaerwärmung – und damit auch ein Opfer der Menschen. Nicht mehr lange, dann ist auch der letzte Schnee auf dem höchsten Berg Afrikas lediglich noch „Schnee von gestern“.

Dass sich „zivilisierte Menschen“ wegen des Mammons um einen Berg streiten, dürfte den Elefanten, die gemächlich unterhalb des Kilimandscharo grasen, eher egal sein. Den Massaikriegern übrigens auch. Wer auf den Berg steigt, so meinen sie, kann von oben Kenia und Tansania gleichermaßen sehen. Also gehört der Berg den Menschen, die in beiden Ländern leben. So pragmatisch sollte man eigentlich öfter mit Problemen umgehen, auch auf hoher politischer Ebene. Besser als sich zu Lasten eines Anderen Vorteile zu verschaffen, ist es allemal.

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