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Wees, Zoe – Lightning

Ihre Geburtsstadt Hamburg sei schon ok, sagt Zoe Wees sinngemäß im Interview zur Veröffentlichung ihres ersten Albums „Therapy“. Aber in einer Weltstadt wie zum Beispiel London zu leben – das sei schon ihr Traum. Frei nach dem Motto: Hamburg ist das Tor zur Welt – London ist die Welt, zumindest ein Stück weit. Ein Traum, den man der 21jährigen gönnen möchte. Und falls die offene, ehrliche und nachvollziehbare Ansage einen Shitstorm auslösen sollte – Zoe Wees scheint gerüstet, um auch den auszuhalten.

Schwierige Kindheit

Denn trotz ihrer jungen Jahre hat die Frau mit der tiefen, rauchigen Stimme genug Erfahrungen gesammelt, an denen sie reifen konnte: So ist das nun einmal, wenn man als Tochter einer alleinerziehenden Mutter aufwächst und an einer Form der Epilepsie (Rolando-Epilepsie) leidet, bei der man nicht nur Angst hat zu sterben, sondern auch zum Gespött werden. Seit Zoe Wees Musik macht, hat sie die Flucht nach vorn angetreten: So sang sie über ihren Körper, mit dem sie nicht zufrieden war, natürlich über ihre Erkrankung, von Verlust- und Bindungsängsten.

Intelligente, emotionale Texte

Mit ihren emotionalen, intelligenten und nachvollziehbaren Texten spricht die Sängerin nicht nur Außenseiter, chronisch kranke und einsame Menschen an. Gerade durch ihre Offenheit und die einfühlsame Weise, von sich zu erzählen, wurde Zoe Wees zu einer Sängerin für alle. Und so wird der Shitstorm, weil sie eines Tages Hamburg verlassen wird, wohl ausbleiben. Gut möglich, dass dann sogar die als eher unterkühlt geltenden Hanseaten sich mit ihrer Zoe Wees über den weiteren Karrieresprung freuen werden. Eine Karriere, die nur nach vorn, nur nach oben geht, seit sie, wie heute vielfach üblich, in den sozialen Medien begann. Und jetzt mit der Veröffentlichung ihres ersten Albums eine weitere, wesentliche Duftmarke hinterlässt.

Karriere Schritt für Schritt

Wobei ja eigentlich erstaunlich ist, dass es überhaupt so lange bis zum ersten Album gedauert hat. Die Gründe sind vielfältig, liegen zum einen daran, dass sich Zoe nicht nur eine junge, sondern auch eine starke Frau ist. Auch wenn ihr die sozialen Medien genutzt haben, lässt sie sich von ihnen nicht vereinnahmen. Und, wie bei so vielen in den letzten Jahren, bremste Corona auch Zoe aus. Eine Karriere will schließlich Schritt für Schritt aufgebaut werden. Dazu gehören auch viele Konzerte in kleinen Clubs, wie sie Zoe derzeit spielt – und wie sie in Corona-Zeiten eben nicht möglich waren. Fast könnte man „Therapy“ auch ein „Best of Singles“-Album nennen – denn alle erfolgreichen Singles der Hamburgerin sind darin enthalten.

Lightning

Dass Zoe Wees quasi als letzten Appetithappen vor der Albumveröffentlichung mit „Lightning“ einen neuen Song ausgekoppelt hat, tut der Qualität des Albums keinen Abbruch. Eher im Gegenteil. Zeigt „Lightning“ doch, dass die Sängerin ihrer Linie treu bleibt und

weiterhin von sich erzählt. Und zwar so, dass sich ihre Zuhörerinnen und Zuhörer sofort in ihren Songs wiederfinden können. Denn wieder zeigt sich Zoe Wees verletzlich.

„Du dachtest, dass du meine ganze verdammte Welt wärst
Dass ich fallen und zerbröckeln würde, wenn ich verletzt werde
Ich fühle immer noch das Echo all meiner Tränen.“

Zweifel

Vordergründig handelt „Lightning“ von einer früheren Beziehung, auf die sich das gesamte Denken und Fühlen der Sängerin bezog. Verletzungen führten dazu, dass diese Welt zerbrach. Daraus entsteht die Notwendigkeit, Zweifel zu überwinden, die nun einmal entstehen, wenn andere Menschen versuchen einen selbst niederzumachen, so Zoe Wees über ihren Song. Daran zerbricht die Sängerin nicht. Im Gegenteil: Genau das aber mache sie nur noch stärker. Oder wie es im Song heißt:

„Es ist meine Motivation, die mich hierher brachte.
Wenn es schüttet, werde ich stärker sein.
Ich werde einschlagen wie ein Blitz.
Du wirst keinen Ton hören, kannst nicht sagen, ich hätte dich nie gewarnt.
Ich werde einschlagen wie der Blitz.
Wenn die Dunkelheit einschlägt, nutze ich meine Chancen.
Ich werde auf der Asche tanzen.“

Wie Phönix aus der Asche

Auf der Asche tanzen – eine sanfte Anspielung auf den sagenumwobenen mythologischen Vogel Phönix, der zu Asche verbrennt und dann zu erneutem Leben erwacht. Kein Wunder, dass sich diese uralte Legende zu einem Symbol für Freiheit, Wahrheit, Kraft, Unsterblichkeit, Wissen über den Tod und ewiges Leben entwickelt hat. Und selbst die Asche gilt in vielen Religionen als Bestandteil des Kreislaufs des Lebens.
So wird „Lightning“ zu einer Motivationshymne, die laut Zoe Wees sagt: Zweifel nie daran, wie stark du sein kannst! Oder anders gewendet: Der Glaube versetzt eben Berge – sei es der Glaube an sich selbst oder an den Beistand einer höheren Macht. Das gilt auch dann, wenn es dafür keinerlei Anzeichen gibt. Im Song klingt das so:

Der Glaube versetzt Berge

„Direkt nach Mitternacht, wenn alles ruhig ist,
kannst du kein Licht vor dem Sturm sehen!“

Übertragen bedeutet dies: Auch wenn Dinge noch so düster erscheinen, gibt es immer eine Hoffnung auf Änderung, auf Besserung. Entscheidend ist wohl dabei auch das Vertrauen auf die eigene Widerstandsfähigkeit und die eigene Stärke – wovon auch immer die getragen wird.

Fazit: Songs von Zoe Wees sind eine Form von Therapie, um die eigenen Probleme im Leben anzugehen. „Lightning“ zeigt, wie man aus seinen Problemen sogar gestärkt hervorgehen kann.
Aus dem Album „Therapy“, hier ist Zoe Wees und „Lightning“.

Der bei Radio Salü gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.

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