Moore, Gary – After The War
Alan Lancaster von Status Quo, ZZ Tops Dusty Hill, Gary Brooker von Procol Harum, Charlie Watts von den Rolling Stones und Meat Loaf – das sind nur einige der prominenten Rockmusiker, die in den letzten zwei Jahren verstorben sind. Manche Bands hat es dieser Zeit regelrecht zerlegt: Nach Lee Kerslake und Ken Hensley starb zuletzt auch Uriah Heeps Sänger John Lawton. Mit ihrem Sterben machen sie die Hoffnungen auf eine wie auch immer geartete Reunion der Originalbesetzungen endgültig zunichte.
Thin Lizzy-Buddies Phil Lynott und Gary Moore
Davon ist bei Thin Lizzy schon seit vielen Jahren nicht mehr die Rede. Denn Bassist Phil Lynott verstarb bereits 1986; sein Freund und Buddy, der Gitarrist und Sänger Gary Moore, starb 2011. Was bei all diesen Musikern Gott-sei-Dank bleibt, sind aber ihre Songs. Und das sind, um bei Gary Moore zu bleiben, eine ganze Menge.
Auf dem Titelsong des Albums „After The War“ begleitete ihn der Schlagzeuger Cozy Powell – leider auch schon fast ein Vierteljahrhundert nicht mehr unter den Lebenden. Geschrieben hat Gary Moore diesen Song mit Blick auf den Vietnamkrieg. Doch angesichts des Kriegs Russlands in der Ukraine ist er wieder brandaktuell. Im Song heißt es:
After The War
„Der Einberufungsbescheid bringt Schmerz in deine Träume.
Du bist nur eine weitere Nummer in militärischen Plänen.
Sie haben dich in eine Uniform gesteckt,
Du hast sie gegen deinen Willen getragen.
Mit Lügen über Hoffnung und Herrlichkeit
haben sie dir beigebracht, wie man tötet.“
Mit klaren Worten beschreibt der Song die Situation junger Menschen:
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Propaganda
Sie werden von ihrer politischen Führung aus einem friedlichen Leben herausgerissen. Mit hartem Training und geschickter Propaganda werden sie darauf vorbereitet, gegen andere Menschen zu kämpfen. Sie zu hassen. Und dadurch ihre natürliche Hemmschwelle, andere Menschen zu töten, zu überwinden. Massaker an Zivilisten, wie sie aus der Ukraine berichtet werden, sind anders kaum zu erklären: Der eigene Verstand setzt aus. An seine Stelle tritt der eingetrichterte Hass, oftmals gepaart mit der eigenen Angst.
Nichts Neues
Leider alles nichts Neues. In der Geschichte der Menschheit gab es solche Situationen tausendfach, immer nach demselben Muster. Deshalb kann Gary Moore feststellen:
„Es gab schon so viele vor dir. Alle Gefangene des Schicksals.
Eine Geschichte des Blutvergießens, eine Hinterlassenschaft des Hasses.“
Doch dieser Song geht noch einen entscheidenden Schritt weiter. Er stellt die skeptische Frage, wie das Leben nach einem grausamen Krieg wieder in ganz normalen Bahnen verlaufen soll.
„Aber wo wirst du stehen, wenn die Schlachten geschlagen sind?
Innerhalb deiner kleinen Festung?
Der Kampf hat gerade erst begonnen.
Nach dem Krieg – für wen wirst du dann kämpfen, wenn der Krieg erst zu Ende ist?“
Das Grauen des Krieges vergisst man nicht
Der Mensch ist ein geschichtliches Wesen. Das bedeutet: Was er erlebt hat, beeinflusst und verändert ihn. Nie wieder ist ein Mensch nach einem prägenden Erlebnis derselbe wie vorher. Menschen, die aufs Töten programmiert wurden, mögen im Krieg zu vermeintlichen Helden werden. Grußworte der Staatenlenker und hübsche Orden bestärken sie oftmals in diesem Glauben. Ein Irrglaube, der zumeist nur kurze Zeit trägt. Denn was passiert mit den Kämpfern nach dem Krieg? Von so genannten Kindersoldaten ist bekannt, dass nur wenige von ihnen jemals wieder in der Lage sind, ein halbwegs gewaltloses, friedliches Leben zu führen. Von Soldaten, die in Vietnam, im Irak, in Afghanistan und anderswo gekämpft haben, ist belegt:
Posttraumatische Belastungsstörung
Viele von ihnen kommen im späteren „ganz normalen Leben“ nicht mehr zurecht. „Posttraumatische Belastungsstörung“ heißt es fachsprachlich und bewusst emotionslos. Doch hinter diesem Begriff verbirgt sich ein unermessliches Leid der vermeintlichen Helden. Leid, das niemand erahnen kann, der es nicht selbst zumindest in seinem engen Umfeld erlebt hat. „Seelenklempner“ können da zumeist nicht heilen. Sie können allenfalls die Verbiegungen der Psyche lindern, indem sie versuchen, neue Verhaltensmuster zu programmieren. Während des Krieges vermeintlich ein Held – und in späteren Friedenszeiten ein armer Teufel? In vielen Fällen ist das so.
Auch zum Selbstschutz: Du sollst nicht töten
Dabei besitzt die Menschheit schon seit uralter Zeit weise Lehrsätze, die ein Überschreiten von ertragbaren Grenzen und damit späteres Leid verhindern sollen. Religiöse Menschen sprechen von den Zehn Angeboten Gottes für ein friedliches Zusammenleben. Eines davon: Du sollst nicht töten! Wer sich nicht daran hält, wird zu einem Täter. Und wie Kriege immer wieder zeigen: Selbst Täter, soweit sie den Krieg überleben, sind hinterher Opfer. Opfer ihrer eigenen Taten. Opfer, die als solche später in der Geschichtsschreibung nicht mehr vorkommen.
Gary Moores Song ist letztlich eine Warnung vor dem Krieg: Denk darüber nach, wie dein Leben nach einem Krieg aussehen wird. Denn da wird dich alles, was du im Krieg erlebt und angerichtet hast, begleiten. Vergessen kannst du es nicht. Und ob dir andere deine Taten vergeben können oder gar du selbst – auch das ist unwahrscheinlich.
Gary Moore und „After The War“.
Der bei Classic Rock Radio gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.
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