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Frank Sinatra, meine Oma und der dritte Advent – Gaudete! Freut euch! (12. Dezember)

Kinder, wie die Zeit vergeht. Heute ist tatsächlich schon der dritte Advent. Keine zwei Wochen mehr – dann steht Weihnachten vor der Tür. „Wie immer: plötzlich und unerwartet“, wie manche Zeitgenossen witzeln. Genau deshalb gibt es ja diesen Kinderreim: „Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier, dann steht das Christkind vor der Tür.“ So schnell, wie Sie „eins, zwei, drei, vier“ sagen können, so schnell scheint die Adventszeit dahinzurasen.

Und wenn die fünfte Kerze brennt…

Zwölf Tage noch, ich weiß: zwölf Tage, die vollgestopft sind mit Dingen, die vom normalen Alltagstrab in den schärfsten Galopp zwingen. Deshalb hat der oben genannte Kinderreim ja noch eine Ergänzung, eine Verballhornung erfahren: „Und wenn die fünfte Kerze brennt, dann hast du Weihnachten verpennt!“ Ein blöder Nachsatz. Aber nur auf den ersten Blick. Irgendwie macht gerade er darauf aufmerksam, wie schnell man „die schönste Zeit des Jahres“ vor lauter Geschenkehatz und Festvorbereitungen tatsächlich an sich vorbeijagen lässt.

Bloß kein Stress

Kein Wunder, dass, wenn endlich die ganze Anspannung der Vorbereitung von einem abfällt, das Ganze in einen handfesten Streit mündest. Da wird aus dem Fest der Liebe schnell ein Fest der Hiebe. Und sei es nur eines der sprachlichen Seitenhiebe, die, wenn man nur genug aufeinander herumhackt, zumindest in Frust und sogar Tränen münden. An Weihnachten soll ja die Selbstmordrate besonders hoch liegen, soll die Polizei häufig wie nie zu Familienstreitigkeiten gerufen werden. Von wegen „Stille Nacht“! Also bitte: Fahren Sie etwas runter. Machen sie halblang. Auch und gerade mit Blick auf Weihnachten gilt: weniger ist mehr! Bevor in einem ganz anderen Sinn als gedacht, plötzlich gilt: Oh, du Fröhliche!

Gaudete – freut euch!

Tatsächlich lautet irgendwie folgerichtig genau so das Motto des heutigen dritten Adventsonntags: immer schön fröhlich bleiben! Na gut, als die Kirche dem dritten Adventsonntag seinen Namen gab, hatte sie weniger vorweihnachtlichen Stress oder gar Streitigkeiten an Weihnachten im Blick. Wie das nun mal in der Kirche so ist, bekam der heutige Tag natürlich einen lateinischen Namen: „Gaudete – Imperativ Plural von gaudere, freuen, sich freuen.“ Übersetzung also: „Freut euch!“ Genauer: „Freut euch im Herrn.“

Freut euch IM HERRN?

Eine merkwürdige Formulierung! Im Herrn? Normalerweise freue ich mich „auf“ oder „über“ etwas. Mit ihrem „im Herrn“ will die Kirche sagen: Der Grund für die Freude geht vom Herrn aus. In ihm ist diese Freude quasi grundgelegt. Jetzt sind es nur noch ein paar Tage bis Weihnachten, dem Tag, an dem das schier Unglaubliche wahr wird: An Weihnachten wird Gott

Mensch, kommt in der Gestalt eines Kindes zu uns in die Welt. Nicht mit Trommelwirbel und Raketenknall, nicht in einer weltweiten Live-Sendung von Funk und Fernsehen, nicht als Vorab-Stream in irgendeiner Mediathek. Stattdessen unscheinbar, versteckt, im letzten Winkel der Welt, von der Masse unbeachtet. Hier wird Gott Mensch, lebt mit uns, lebt, freut sich… und leidet mit uns. Schwachsinn?

Gott leidet mit

Auch wenn ich eine andere Vokabel wählen würde: Genau darin steckt die Hoffnungsbotschaft von Weihnachten: dass auch scheinbar Unsinniges einen tieferen Sinn hat, auch wenn ich den nicht verstehe. Das gilt auch für Leid. Warum muss es das geben? Warum Not und Elend, warum Krankheit, Tod, Begrenztheit? Keine Ahnung. Eine Antwort auf diese Fragen gibt auch Weihnachten nicht. Aber Weihnachten sagt: In diesem Leid, was so unsinnig ist, bist zu nicht allein. Gott leidet mit dir, trägt deine Last, trägt auch dich im Leid. Kann man das verstehen? Vielleicht kann man das nur glauben. Und hoffen, dass am Ende alles gut wird.

Frieden auf Erden… mit Haken

Genau das ist das Ziel, das ist das Versprechen von Weihnachten: Alles wird gut! Was sich in der Sprache der Bibel so anhört: Frieden auf Erden! Genau diese Botschaft verkünden die Engel den Hirten, den einzigen Zeugen jenes Ereignisses. Klingt gut! Allerdings hat die Sache einen Haken. Vollständig lautet nämlich die Botschaft der Engel: „Frieden den Menschen, die guten Willens sind.“ Der Frieden fällt also genau so wenig wie das Jesuskind vom Himmel. Ich muss etwas dazu beitragen. Ich muss meinen guten Willen zeigen und ihn auch beweisen. Ich muss mich also entsprechend verhalten, dass es Frieden werden kann. Bei mir muss ich anfangen. Ich muss mit mir ins Reine kommen, muss zur Ruhe kommen, selbst friedlich werden. Dann kann ich Frieden ausstrahlen, anderen Menschen Frieden bringen.

Wenn ihr mitmacht

Frieden – welch ein herrliches Versprechen. Frieden in meiner Familie, meinem Freundes- und Bekanntenkreis, Frieden in der großen weiten Welt. Ja, das möchte ich auch gern. Da möchte ich dazugehören, da möchte ich dabei sein. Da will ich meinen Beitrag leisten. Dann ist Weihnachten. Und zwar nicht nur zwei Tage lang. Sondern immer. Solange Menschen ihren guten Willen zeigen.
Wenn alle Menschen ihren Beitrag leisten, kann das Leben auf Erden friedlich werden – das können auch die nicht leugnen, die mit dem Glauben an eine Menschwerdung Gottes so ihre Probleme haben… Gaudete – freut euch! Freut euch, dass dieser Frieden möglich ist. Und wahr werden kann. Wenn ihr mitmacht, so die Botschaft dieses dritten Adventssonntag.

Connie Francis, Frank Sinatra und meine Oma

Nun wird es aber höchste Zeit, Ihnen zu erklären, was Frank Sinatra und meine Oma mit dem dritten Advent zu tun haben. Der zwölfte Dezember war in unserer Familie immer ein ganz besonderer Tag. An einem 12. Dezember wurde meine Großmutter geboren – eine ganz besonders liebenswürdige, bescheidene Frau. Und die liebte, solange ich zurückdenken kann, die Lieder zweier Sänger: einer Frau, Constance Franconero, und eines Mannes, Francis Albert Sinatra, besser bekannt als Connie Francis und Frank Sinatra. Mit den beiden feierte meine Großmutter ihren Geburtstag. Und das gleich im doppelten Sinn: An Omas Geburtstag liefen immer ein paar Platten von den beiden und… das Witzige: beide, Connie Francis und Frank Sinatra, wurden ebenfalls an einem 12.12. geboren.

Omas Geburtstag am dritten Advent

Wenn dann alle Jubeljahre der 12. Dezember und damit auch Omas, Connies und Franks Geburtstag zusammenfielen, wurde es bei Oma zu Hause immer ganz besonders ausgelassen. Denn, ganz klar, da kam die ganze Familie bei Oma in der guten Stube zusammen und feierte. Gaudete – freut euch! Und wie wir uns gefreut haben! Omas Geburtstag zu feiern und dabei zu sehen, dass nun schon die dritte von vier Kerzen an Omas Adventskranz brannte – das war immer etwas ganz Besonderes.
Vieles dieser Feiern ist mir in guter Erinnerung geblieben. Wenn Oma „Schöner fremder Mann“ auf den Plattenteller legte, himmelte sie Opa an – schöner als Connie Francis das je durch Singen zum Ausdruck bringen konnte. Bei „New York, New York“ von Frank Sinatra bekam sie Gänsehaut.

Omas goldene Regel

Und mit „My Way“ drückte sie mir ihren Stempel auf. Irgendjemand hatte ihr den Text mal übersetzt – ist doch klar, Oma konnte kein Englisch. Aber oft genug sagte sie zu mir: „Junge, lass dich nicht verbiegen, verhalte dich stets so, dass du abends noch in den Spiegel gucken kannst.“ Vor allem aber: „Lass kein Unrecht zu, wenn du es siehst, auch dann nicht, wenn du selbst Prügel dafür beziehst!“
Oma ist lange tot. Jahre später wurde mir klar, dass Oma mit Sinatras „My Way“ ihre goldene Regel, gefunden hatte: Für den anderen da zu sein, trotzdem sein eigenes Ding zu machen, auch gegen Widerstände. Für Oma, eine fromme Frau, war das wohl ihre persönliche Übersetzung des Gebots christlicher Nächstenliebe.

Wehmut und gaudete – freut euch!

Ich weiß nicht, ob Frank Sinatra das gemeint hat, was Oma verstanden hat, will das auch gar nicht wissen. Aber wenn ich an Oma denke, habe ich oft Connie Francis und Frank Sinatra im Ohr. Und den Ruf des dritten Advents: Gaudete – freut euch! Freut euch auf Weihnachten, freut euch im Herrn. Und ich freue mich zusätzlich, wenn ich heute ganz besonders an Oma denke. Voller Vorfreude auf Weihnachten und mit etwas Wehmut bei den Gedanken an Oma spiele ich heute mal wieder ein paar Platten von Connie Francis und Frank Sinatra. Und wer weiß: Vielleicht summt sie ja irgendwo ganz leise ein bisschen mit.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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