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Die Falle – ohne Spoiler. Zum Geburtstag von Robert Gernhardt (13. Dezember)

„Da Herr Lemm, der ein sehr reicher Mann war, seinen Kindern zum Christfest eine besondere Freude machen wollte,…“ Etwa so beginnt eine meiner liebsten Weihnachtsgeschichten. Eine Geschichte, in der Eltern ihre zwei Kinder mit Geschenken überhäufen, ihnen wirklich alles geben, was für Geld zu kaufen ist. Ein Geschichten voller Überraschungen…

Robert Gernhardt – Biographisches

Eine Weihnachtsgeschichte von Robert Gernhardt, der heute seinen 84. Geburtstag feiern würde, wenn er nicht schon vor 15 Jahren gestorben wäre. Geboren wird er 1937 in Tallinn. Dort gehört seine Familie der deutsch-baltischen Minderheit an, wird von den Behörden zwangs-übersiedelt. Nachdem der Vater 1945 im Krieg gefallen ist, flieht die Mutter mit Robert und seinen zwei Brüdern erst nach Thüringen, dann nach Göttingen. Gernhardt studiert Malerei in Stuttgart und Berlin, lebt als Maler, Zeichner, Karikaturist und Schriftsteller seit 1964 in Frankfurt. Nachdem er Anfang der 1970er Jahre in der Toskana ein altes Haus gekauft hat, pendelt er zwischen Frankfurt und der Chianti-Wiege. Eine schwere Herzoperation übersteht er gut. Gegen den später einsetzenden Darmkrebs ist er letztlich machtlos.

Kirchenleute müssen schlucken

Seit Mitte der 1990er Jahre gilt Robert Gernhardt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Dichter. Dass er für Zeitschriften wie „Pardon“ und das legendäre Satiremagazin „Titanic“ schreibt, bringt ihm vor allem von konservativer Seite Skepsis ein, um das einmal harmlos zu formulieren. Nicht einmal Gott ist vor Gernhardts virtuosen Reimen sicher, so einmal ein Literaturkritiker. Keine Frage, Kirchenleute müssen in dieser Zeit oft genug schlucken, wenn Gernhardt seine spitze Feder schwingt.

Die Falle

So geht es auch denen, die zum ersten Mal mit seiner Geschichte „Die Falle“ in Berührung kommen und trotz des hinweisgebenden Titels immer noch eine „ganz normale Weihnachtsgeschichte“ vermuten. Ohne zu viel verraten

zu wollen: Genau das ist sie nicht. Obwohl der kirchenkritische Gernhardt hier sehr genau aufzeigt, auf was es an Weihnachten ankommt. Auf das nämlich, was ich hier, an dieser Stelle, allesamt nicht benenne. Schließlich will ich ja nicht spoilern, möchte Ihnen den Spaß an der Geschichte nicht nehmen.

Was mich selbst anbelangt: Jahrelang habe ich „Die Falle“ mit den unterschiedlichsten verstellten Stimmen im kleinen Kreis, aber auch vor wechselnden Schülerinnen und Schülern vorgetragen. [Jetzt kommt doch ein winziger Spoileralarm:] Und hatte einen Riesenspaß, wenn der Weihnachtsmann die selbstzufriedenen Eltern ein wenig vorführte. „Sie kennen Stille Nacht nicht? Na, dann müssen wir das noch einmal üben.“ [Spoiler Ende!] Großartig!

Vorgelesen und verstanden

Großartig auch, wenn die Schülerinnen und Schüler mich anfangs zweifelnd und fragend anschauten. Was liest der denn da vor? Noch besser, wenn sie sich zwischendurch vor Lachen bogen. Und unübertrefflich, wenn sie am Ende nachdenklich wurden und in unserem gemeinsamen Gespräch zur Geschichte Gernhardts Standpunkt erkannten, ihm zustimmten und erkennen ließen, dass sie etwas gelernt hatten. Für sich, fürs Leben, darüber, was Weihnachten ist, wie dieses Fest sein kann und wie es möglichst nicht sein sollte. Was will man als Lehrer mehr? Allenfalls den Marxschen Begriff der „Expropriation der Expropriateure“ – den musste ich erklären. Und die damit zusammenhängende Selbstironie, die Gernhardt fast zärtlich mit dem Gesamtgeflecht seiner Erzählung verwebt.

Keine Weihnachtsfalle

Wenn Sie sich und anderen eine Weihnachtsfreude machen wollen: Lesen Sie Robert Gernhardts Geschichte einmal in aller Ruhe. Und dann tragen Sie sie im kleinen Kreis laut vor. Wenn Sie verstehen, um was es darin geht, dann tappen Sie garantiert nicht in eine Weihnachtsfalle!

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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