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Sogar zwei Tage Weihnachten – und noch lange nicht vorbei (26. Dezember)

Weihnachten – auch in diesem Jahr wieder ein merkwürdiges Fest: Seit September hatte es sich angekündigt, brachte uns wieder einmal Pfefferkuchen und Lebkuchen fast noch zur Sommerzeit, ab Mitte November Weihnachtsmusik dann Werbung im Fernsehen, die uns einbläute: Wer seine Geschenke zu spät kauft, den bestraft der Weihnachtsmann. Zu diesem Zeitpunkt war schon klar, dass die meisten, die die neuste Spielekonsole kurz vor dem Fest
erwerben wollten, keine mehr bekommen würden. Lieferengpässe!

Keine Weihnachtsmärkte

Ein Wort, dass es verdient hätte, in die Kategorie „Unwort des Jahres“ aufgenommen zu werden. Genauso wie das Wort „Absage“: Schon vor dem ersten Advent öffneten die ersten Weihnachtsmärkte. Aber gleichzeitig deutete sich ein weihnachtlicher Super-GAU an: Und so wurden denn wegen Corona erst einige, dann die meisten Weihnachtsmärkte geschlossen, bevor sie überhaupt hätten beginnen können.

Sorgen beim stationären Handel

Der stationäre Einzelhandel hatte seine Probleme: Trotz Maskenzwang stimmte der Umsatz bei einigen Händlern einigermaßen. Andere schauten in die Röhre. Und müssen sich angesichts noch mehr an den mobilen Handel abgewanderter Kundinnen und Kunden fragen, wie lange sie die Coronabeschränkungen noch durchhalten können.

Überlastete Paketboten

Drei Kreuzzeichen dürften hingegen am Freitagabend die Paketboten gemacht haben. Die haben schon im normalen Jahresverlauf viel zu wenig Zeit für viel zu viele Pakete. Vor Weihnachten steigt die Belastung seit Jahren. In diesem Jahr war sie enorm. Sagt zumindest mein Paketbote, als ich ihm eine Kleinigkeit für seine immer freundlichen Zustellungen im Verlauf des Jahres in die Hand drücke.

Keine Arbeit – kein Trinkgeld

Wobei: In diesem Jahr waren die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tatsächlich Verlierer. Die, die wissen, dass es an Weihnachten das meiste Trinkgeld gibt, durften nicht arbeiten: Clubs, Discotheken, Restaurants… Sie kennen die Regelungen, die je nach Bundesland schon zu den Festtagen mehr oder weniger streng greifen.

Arbeitnehmerunfreundliche Feiertage

Viele andere arbeiten freitags ohnehin nur einen halben Tag und verabschieden sich dann ins Wochenende. Allenfalls die, die freitags eine

„normal lange Schicht“ ableisten, hatten etwas Glück: Weil der Heilige Abend in diesem Jahr auf einen Freitag fiel, durften sie schon mittags nach Hause gehen. Der erste und zweite Weihnachtsfeiertag allerdings fielen auf den Samstag und Sonntag – viel unglücklicher kann Weihnachten aus Arbeitnehmersicht nun wirklich nicht fallen. Und wer bis sieben zählen kann, weiß, dass auch Silvester auf einen Freitag, der arbeitsfreie Neujahrstag auf einen Samstag fallen werden.

Warum eigentlich zwei freie Tage?

Aber lassen Sie uns bei Weihnachten bleiben: Dass wir mit dem Heiligen Abend eine Art Vorklapp haben und danach zwei Tage Weihnachten feiern, ist nicht selbstverständlich. In den christlichen Kirchen wird die Bedeutung eines Ereignisses dadurch unterstrichen, dass man gleich zwei Tage lang feiert: Ostern ist das so bei der Auferstehung Jesu, an Pfingsten, wenn der Heilige Geist den Menschen Kraft spendet. Und natürlich an Weihnachten, der Geburt Jesu. Denn mit der Geburt fängt schließlich alles an: Gott wird Mensch, wird einer von uns. Grund genug für zwei Feiertage. Nicht überall auf der Welt. Aber eben bei uns.
Man darf gar nicht darüber nachdenken, dass es im Mittelalter in dem einen oder anderen Fürstentum sogar fünf Weihnachtsfeiertage gab. Und in diesem Jahr…

Nur ein Tag in Frankreich und Spanien

Dank ihrer deutschen Vergangenheit kennen die französischen Départements Bas-Rhin, Haut-Rhin und Moselle, kurz: das frühere Elsass-Lothringen, den zweiten Weihnachtsfeiertag (und übrigens den Karfreitag als Feiertag). Ansonsten gilt im Rest Frankreichs: kein zweiter Weihnachtsfeiertag! Auch in Spanien ist das so: kein zweiter Weihnachtsfeiertag! Eine Ausnahme bilden lediglich Katalonien, wo immer schon vieles anders ist als im Rest-Spanien, und die Balearen. Und nein: Das hat nicht damit zu tun, dass Mallorca Dank seiner vielen deutschen Touristen als deutsches Bundesland verschrien ist.

Das UK feiert Boxing Day

Auch unsere Freunde auf den Britischen Inseln feiern an unserem zweiten Weihnachtsfeiertag lieber ihren Boxing Day. Einer der Gründe für diesen merkwürdigen Namen: Hausangestellte, die an diesem Tag, der also kein Feiertag ist, wieder die Arbeit aufnahmen, bekamen von den adeligen Herrschaften Geschenke überreicht – in einer Schachtel, englisch Box. „Hier hast du ein Geschenk. Und jetzt sieh zu, dass pünktlich das Mittagessen auf dem Tisch steht!“ Irgendwie hat das auch etwas mit Liebe und Zuwendung zu tun, also auch mit Weihnachten, wenn auch irgendwie anders. Englisch eben!

Vier Wochen Lametta sind genug

Aber egal: Morgen ist eh alles vorbei. Ab morgen liegen die ersten Weihnachtsbäume auf der Straße. Wer vier Wochen im Wohnzimmer steht, hat seine Pflicht und Schuldigkeit getan. Und ganz ehrlich: Wer seinen Baum bereits am 1. Adventssonntag in der Stube stehen hatte, wird sagen: Vier Wochen Lametta sind ja nun auch wirklich genug, oder? Ich weiß, ich weiß: Früher war mehr Lametta!

Weihnachten bei Hoppenstedts

(Können Sie sich vorstellen, dass mich unsere junge Volontärin allen Ernstes fragte, woher dieser Satz stamme? Die jungen Leute kennen Loriot nicht mehr! O tempora, o mores, hätte mein alter Lateinlehrer an dieser Stelle gesagt. Natürlich habe ich ihr erst mal die ganze Geschichte erzählt: Weihnachten bei Familie Hoppenstedt. „Ich will jetzt mein Geschenk!“ Und „Zicke zacke Hühnerkacke!“ Und dass Dickie eigentlich ein Mädchen ist. Also heute eine erwachsene Frau, natürlich! Dann habe ich unserer Volontärin blitzschnell, gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten, Loriots „Gesammelte Werke“ als DVD gekauft. Ihr Freund hat wohl noch einen DVD-Player. Na wenigstens das!

Lametta und Mikroplastik

Und dann habe ich ihr erzählt, dass die letzte deutsche Lamettafabrik schon vor Jahren zugemacht wird. Das, was heute an Lametta zu uns ins Land kommt, ist ja eigentlich kein Lametta mehr. Lametta besteht aus Stanniol. Das neumodische Zeugs besteht aus Plastik. Und zerfällt zu Mikroplastik. Ganz gut so, dass früher mehr Lametta war. Das heißt nämlich im Umkehrschluss, dass heute weitaus weniger umweltverseuchendes Material am Baum hängt. Aber sorry, ich schweife mal wieder ab.)

Umtausch oder Schrottwichteln

Morgen kommt der Weihnachtsmann – das war vorgestern. Wenn er wirklich käme, könnte er bei dem einen oder anderen gleich die Geschenke wieder mitnehmen, die nicht gefallen. Aber nein, der kommt ja nicht. Deshalb muss sich jeder selbst ins Getümmel stürzen und sehen, dass er unnützes Zeug umgetauscht bekommt. (Ich bin schon wieder bei den Hoppenstedts: „Eine Krawatte!“). Im Kollegenkreis gibt es übrigens eine interessante Alternative zum Umgang mit ungeliebten Weihnachtsgeschenken: Aufbewahren zum Schrottwichteln. „Immer wieder gerne genommen“, würde Evelyn Hamann wohl sagen.

Praktische Geschenke: SOS

Meine Urgroßmutter hat wohl zu Weihnachten immer SOS geschenkt. So wird das zumindest in meiner Familie erzählt. SOS: Schlips, Oberhemd, Socken. Ein paar Jahre nach dem Krieg waren das gern gesehene Geschenke. Später dann nicht mehr so sehr. (Ich denke nur an den großartigen Heinz Meier, der Vater Hoppenstedt spielte. Wie er da gelangweilt im Sessel sitzt, sich bemüht, den Familienfrieden aufrechtzuhalten und auch beim fünften Geschenk feststellt: „Eine Krawatte!“ Hoffentlich kann unsere Volontärin über diesen Humor lachen.)

Preisnachlässe

Ab morgen also geht das Leben wieder seinen gewohnten Gang. Die Weihnachtsbäume also raus, dann los zur Schnäppchenjagd. Mobiler wie auch stationärer Handel wollen ihre Lager räumen. Und sie wollen unser Geld, das wir in den letzten Tagen bekommen haben. Damit das Ganze eine Win-Win-Situation wird, senken sie ab morgen für viele Produkte die Preise. Also: Aufgepasst! Wer am Black Friday leer ausgegangen ist, wird vielleicht morgen und in den nächsten Tagen fündig.

Was bleibt vom Weihnachtsfest?

Jetzt haben Sie so lange gelesen. Und jetzt komme ich Ihnen mit der Frage: Wo ist das Weihnachtsfest nur geblieben? Ratzfatz und schon wieder vorbei. Und besser noch wäre die Frage: Was ist vom Weihnachtsfest geblieben? Schließlich fängt mit Weihnachten alles an: Wir haben zwei freie Tage, um uns daran zu erinnern, dass Gott Mensch geworden ist. Dass Gott den Menschen so nahekommt, wie er uns Menschen näher nicht kommen kann. Da teilt er mit uns unser Dasein, unseren Kummer, unsere Sorgen, aber auch unsere Freuden. Und in all dem selbstgemachten Rummel haben wir das nicht einmal bemerkt?

Solidarität

Dieser große, allmächtige Gott kommt nicht als Zauberkünstler. Er setzt nicht die Naturgesetze außer Kraft, schafft nicht das Leid ab. Sondern er kommt als Kind in ärmlichen Verhältnissen in diese Welt, leidet mit den Menschen, bis hin zum grau-samen Tod am Kreuz. Eine Vorstellung, die befremdlich wirkt. Aber eine, die auch versichert: Gott ist solidarisch mit uns Menschen, in unseren Alltagssorgen und bei großen Problemen. Solidarität! Was für ein grandioses Wort. Grund genug, um dieses Ereignis gleich an zwei Tagen zu feiern. Übrigens auch dann, wenn die beiden Weihnachtsfeiertage zufällig auf ein Wochenende fallen.

Weihnachten ist noch lange nicht vorbei

Egal, ob Sie das alles glauben oder nicht: Wenn wir, wenn Sie und ich, ein Stück von dieser Solidarität in unserem Alltag leben, dann ist Weihnachten am Montag noch lange nicht vorbei!

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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