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Endlich: Weltuntergang kommt heute. Rechenfehler im Mayakalender (21. Dezember)

Heute hat das Warten ein Ende, endlich ist es soweit! Heute! Heute ist der lang erwartete Weltuntergang. Freuen Sie sich! Sie und ich – wir werden Zeugen eines Ereignisses, das angeblich die alten Mayas vorausgesagten. Die Erde wird untergehen. Heute! Das haben auch moderne Weltuntergangspropheten bestätigt.

Maykalender: Weltuntergang 2012

Ich weiß, ich weiß, ursprünglich war der Weltuntergang nach dem Mayakalender ja bereits für das Jahr 2012 vorgesehen. Schon Monate vorher waren die Buchläden voll mit entsprechender Literatur. Literatur für Eingeweihte. Aber letztlich konnte sich jeder vorbereiten. Auch darauf, wie er dem Weltuntergang entkommt. Deshalb pilgerten damals Hunderte Weltuntergangsgläubige in den südfranzösischen Ort Bugarach. Im Hausberg des Dorfes, dem Pic de Bugarach, befand sich nämlich eine Art Parkhaus für UFOs. Angeblich! Wer rechtzeitig am 21. Dezember 2012 in diesem Ort ankam, hatte eine realistische Chance, von Außerirdischen mitgenommen zu werden hinaus ins Weltall. Sie wissen ja: Das Weltall – unendlichen Weiten. Auch wenn wir noch nicht das Jahr 2200 schreiben, Sternzeit ach-was-weiß-ich wie viel.

Ausweg aus der Katastrophe

Aber als Passagier auf einem dieser Raumschiffe könne man der Katastrophe entkommen, so damals die einhellige Meinung der Weltuntergangsgläubigen. Und deshalb überfluteten schon Tage vorher große Menschenmassen das Dorf – „groß“ zumindest im Verhältnis zu den 180 völlig überforderten Einwohnern. Angesichts des Andrangs war der Bürgermeister unschlüssig: Einerseits alarmierte er frühzeitig einen Sektenbeauftragten, andererseits war er sich klar: Sein Dorf erlangte mit einem Schlag einen Grad der Berühmtheit, den es nie wieder erlangen würde. Insofern müsste man doch irgendetwas aus dem Ereignis machen können. Woran Sie sehen: Wer über den Weltuntergang hinausdenkt, wie der Bürgermeister, ist vermutlich nicht davon überzeugt, dass es ihn auch geben wird.

Neue Chance: Übersetzungsfehler

Und der Bürgermeister behielt Recht. Sie können sich vorstellen: Damals gab es eine Menge langer Gesichter. Und auch ein paar einschlägige Buchverlage waren wenig erfreut, dass doch eine ganze Menge von Literatur schlagartig wertlos, da unverkäuflich geworden war. Das Haltbarkeitsdatum war quasi überschritten. Wie konnte das alles nur sein? Der Mayakalender war doch eindeutig.
Weltuntergangsgläubige versuchten eilends zu retten, was zu retten ist. Und siehe da: ein Übersetzungsfehler! Was seinerzeit nicht passierte, passiert heute. Statt im Jahr 2012 geht die Welt im Jahr 2021 unter. So ein Zahlendreher ist schnell passiert. Merken Sie sich dieses Datum: 21.12.2021 – heute! Und damit hurra, wir haben dieses Ereignis nicht verpasst. Hurra,

wir sind live dabei. Sogar mittendrin statt nur dabei! Heute! Wir werden alle zwar sterben. Aber mit einem Showdown, wie er größer nicht sein kann. Das ist doch was!

Großartiger Mayakalender

Bevor wir uns aber allesamt in den Weltuntergang verabschieden – lassen Sie uns einen Blick auf den Mayakalender werfen. Tatsächlich waren die alten Mayas ihrer Zeit weit voraus. Wie viele andere Völker beobachteten sie die Sterne und versuchten, ihre Beobachtungen mit mathematischen und astronomischen Grundsätzen in Einklang zu bringen oder diese sogar aus ihren Beobachtungen zu entwickeln. Überraschend ist dabei die Komplexität ihrer Berechnungen: Die umfasst nämlich einen Zeitraum von 6000 Jahren.

Vernichtung durch die Spanier

Leider haben wir ein Problem: Als die Spanier im 16. Jahrhundert Mittelamerika eroberten, raubten sie nicht nur das Gold der indigenen Bevölkerung, sondern massakrierten diese auch. Und sie zerstörten gezielt ihre Kultur. Vorstellen müssen Sie sich das in etwa so wie das Sprengen von Tempeln und sonstigen alten Heiligtümern Anderer durch die Fanatiker des IS vor ein paar Jahren. Wobei aber niemand auf die Idee kommt, westeuropäische Eroberer – die Spanier waren schließlich nicht die einzigen, die so agierten – genauso zutreffend zu verurteilen wie die mehr oder weniger aktuellen Fanatiker im Nahen Osten und sonst wo auf der Welt.

Politik der verbrannten Erde

„Verbrannte Erde“ zu hinterlassen galt über Jahrhunderte als ganz normale Option, um ein Volk zu unterwerfen. Wem man seine geistigen Wurzeln und Bezugspunkte nimmt, nimmt man auch seine Kraft zum Widerstand. Dank des lodernden Eifers der Eroberer verschwand nahezu die gesamte Literatur der Maya im Feuer. Lediglich ein paar wenige Bücher und verschiedenartige astronomische Darstellungen in Form von Wandmalereien, die unentdeckt blieben, sind bis heute erhalten. Da hatten die Eroberer mehr oder weniger „ganze Arbeit“ geleistet.

Mayakalender in Dresden

Zurück zum Mayakalender: Das, was man sich heute noch ansehen und interpretieren kann, ist also sehr wenig. Handschriftliche Kalender im eigentlichen Sinne sind lediglich noch drei erhalten. Einer davon befindet sich in der Sächsischen Landesbibliothek im Dresden. Er enthält astronomische Tafeln und etwas, das als Weissagungskalender eingestuft wird – alles fein säuberlich aufgeschrieben auf Feigenbaumrinde.

Ende der Zeiten nach 5.126 Jahren

Diese Aufzeichnungen beweisen: Die Mayas konnten anhand ihrer Berechnungen die Umläufe von Merkur, Venus und Mars berechnen, konnten auch Sonnen- und Mondfinsternisse vorhersagen. Nicht schlecht, wenn man davon ausgeht, dass Mondphasen das Wetter beeinflussen und dass man mit der Kenntnis davon den günstigsten Zeitpunkt für die Aussaat berechnen kann.
Der Mayakalender, der die Weltuntergangsphantasien auslöste, endet nach einem Zeitraum von 5.126 Jahren. Übersetzt man dieses Datum in den bei uns gültigen Gregorianischen Kalender, fällt das Ende des Mayakalenders auf – Sie ahnen es schon – den 21. Dezember 2012. Und genau daraus machten Verschwörungstheoretiker, die man damals aber noch nicht so nannte, den Tag des Weltuntergangs. Aber der fiel ja bekanntlich aus. Wobei, wie gesagt, Rettung dank des oben bereits erwähnten Übersetzungsfehlers naht. Und zwar heute!

Astronomische Weltuntergangsszenarien

Weltuntergangsszenarien sind nichts Neues.
Schon im Jahr 1169 erwarteten damalige Astronomen den Weltuntergang. Ihr Indiz war eine ungewöhnliche Sternenkonstellation im Sternbild Waage.
Als sich 1524 im Sternbild Fische Jupiter, Saturn und Mars verhältnismäßig nahekamen, sollte eine Wiederholung der die Menschheit nahezu vollständig auslöschenden biblischen Sintflut folgen.

Weltuntergang bei Luther

Auch Martin Luther sagte dreimal den Weltuntergang voraus: Weil er davon ausging, dass es drei Weltzeitalter mit je einer Länge von 2000 Jahren gab, errechnete Luther den Weltuntergang erst für das Jahr 1532, dann für 1538 und schließlich für 1541 voraus. Da hat sich Herr Luther wohl nachweislich geirrt.

Weltuntergang bei den Zeugen Jehovas

Auch die Zeugen Jehovas gingen übrigens von einem Weltuntergang nach 6000 Jahren aus. Ihr selbsternannter Prophet Charles Tazè Russell glaubte, dass die Menschheitsgeschichte, umgerechnet auf unseren Kalender, im Jahr 4126 v. Chr. begann. Folglich datierte Russell die Wiederkunft des Herrn exakt 6000 Jahre später, nämlich für das Jahr 1874. Den eigentlichen Weltuntergang schob er dann noch einmal hinaus, und zwar genau um die biblische Symbolzahl 40, die sich in so vielen Zusammenhängen findet. Russell verschob übrigens den Weltuntergang dann noch einmal um weitere vier Jahre in das Jahr 1918. Weil der dann aber wieder nicht eintraf, hätte Russell möglicherweise noch einmal genauer gerechnet und erneut verschoben. Durch seinen Tod im Jahr 1916 entledigte er sich vorab dieser schweißtreibenden Tätigkeit.

Statt Weltuntergang neue Sekte: Adventisten

Auch die Sekte der Adventisten verdankt ihre Entstehung einem vorhergesagten Weltuntergang, der dann doch nicht eintrat: Im Jahr 1818 sagte der Baptistenpredigers William Miller das Datum für den Tag des Jüngsten Gerichts vorher, nämlich am 21. März 1844. Fromme Gläubige verschenkten daraufhin ihren Besitz – etwas voreilig, möchte man nach den Erfahrungen der Geschichte meinen. Immerhin fanden sie in ihrer neuen Glaubensgemeinschaft, die den Tag des Jüngsten Gerichts erwartet (Advent = Ankunft!), nicht das Ende, sondern einen neuen Anfang.

Weltuntergang bei den Mormonen

In einer Predigt am 14. Februar 1835 war sich Joseph Smith, Gründer der Mormonen, sicher, dass das Kommen des Herrn nur noch 56 Jahre dauere. Rein rechnerisch hätte also im Jahr 1891 das Ende der Zeiten kommen sollen. Nichts!

Sehr präzise: Am 30. Mai ist Weltuntergang

Äußerst präzise waren da der Akkordeonspieler Will Glahé und Texter Karl Golgowsky, die unter den Pseudonymen Karl Erpel und Bert Roda das Lied „Am 30. Mai ist Weltuntergang“ komponierten. Dabei bezogen sich die beiden allem Anschein nach auf das Flächenbombardement der Stadt Köln durch britische Kampfbomber in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1942. Einziger Haken: Auch wenn die Bombardierung unbestritten für viele Kölner einem Weltuntergang gleichkam – es war keiner. Zudem entstand diese gesungene „Prophezeiung“ erst im Jahr 1954, also zwölf Jahre nach dem Ereignis.

Schon bei Nostradamus

Der viel zitierte, vor rund 30 Jahren massiv gehypte mittelalterliche Seher Nostradamus prophezeite den Weltuntergang angeblich für das Jahr 1999. Aber ob 9/11, ob Weltuntergang – Nostradamus sagte irgendwie alles voraus. Neuerdings kursieren Interpretationen, wonach der weise Mann sogar Donald Trump als dritten Antichristen und auch die Coronapandemie vorhergesagt habe. Was aber vielleicht dann doch eher damit zu tun hat, dass Drohbotschaftsfanatiker die komplizierten Schriften des Sehers seit Jahrzehnten frei nach dem Motto deuten: Man muss nur lange genug suchen, bis man für jeden Topf den passenden Deckel findet. Am Beispiel von Hitler, dessen Wüten Nostradamus natürlich auch geweissagt hat, wird deutlich: Was nicht passt, wird eben passend gemacht: So sehen die, die mal wieder alles durchschauen, geflissentlich darüber hinweg, dass Nostradamus nicht von Hitler, sondern von Hister spricht. Und dass dies ein anderes Wort für die Donau ist.

Heute! Sogar die Daily Mail…

Nun haben wir leider auch den für das Jahr 2017 vorhergesagten Weltuntergang verpasst. Da war so eindeutig klar, dass der Planet Nibiru mit der Erde kollidiert… und dann macht der das nicht. Unglaublich! Aber heute, wenigstens heute können wir uns darauf verlassen: Heute kommt der Weltuntergang. Heute muss er endlich kommen. Der Kalender der Maya, um einen Übersetzungsfehler bereinigt, endet am heutigen Tag. Schluss. Aus. Vorbei. Wieder einmal wissen die Eliten das schon lange, sagen uns Normalos aber nichts. Hauptsache, sie werden gerettet. Wieder mal typisch. Aber es ist durchgesickert, sogar die Daily Mail hat darüber berichtet. Und die muss es ja wissen. Heute!

Garantiert Fake News: neuer Mayakalender

Und damit ist auch klar: Die Entdeckung eines neuen Mayakalenders, noch etwa 900 älter als die bislang bekannten, gemalt in einer Art Höhle in Guatemala, muss einfach eine Fälschung sein. Denn dieser Kalender geht weit über das Jahr 2021 hinaus. Was ja nun Unsinn ist, weil ja die Welt nachweislich heute noch untergeht. Da kann man uns viel erzählen. So ein Blödsinn! Das merkt doch ein Blinder mit dem Krückstock, dass dieser Kalender eine Fälschung ist. Wäre er echt, würde er ebenfalls heute enden! Eindeutig Fake News der Eliten, die uns vom bevorstehenden Ende ablenken wollen. Ist doch klar!

Ende einer lebenswerten Welt

Und wenn nicht? Ach, das macht dann auch nichts. Dann suchen wir uns morgen einen neuen Hokuspokus, an den wir glauben. Wieder etwas, was viel einfacher auszuhalten ist als dass wir über die Zukunft nun einmal nichts sagen können. Gar nichts. Es sei denn, wir stecken den Kopf in den Sand, glauben jeden Mumpitz und fahren trotz aller bereits um uns herumtreibenden Eisberge weiterhin mit voller Kraft voraus auf dem Kurs, den wir schon lange eingeschlagen haben. Dann droht zwar auch nicht der Weltuntergang. Dann droht nur das Ende der Welt, wie wir sie kennen. Einer lebenswerten Welt. Auf der wir dann nur keinen Platz mehr haben. Aber dafür sind wir live dabei!

Nachsatz

Wer in diesem Text Ironie, Zynismus, Sarkasmus und andere Stilmittel findet, darf sie behalten. Versprochen! Nach dem Weltuntergang brauche ich die eh nicht mehr.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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