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Die Polizei, mein Freund und Helfer (6. März)

Liebe nette, freundliche Damen und Herren von der Polizei: Das richtet sich jetzt nicht gegen Sie. Und deshalb sage ich gleich am Anfang ganz deutlich: Ihren Job möchte ich nicht machen! Was Sie sich im Dienst mittlerweile sagen lassen müssen, ohne dass dies Konsequenzen hat… Beamtenbeleidigung? Scheint es nicht mehr zu geben. Jeder kann Ihnen ungestraft Dinge an den Kopf werfen, bei denen zartbesaitete Gemüter nicht nur erröten, sondern ein Leben lang einen psychischen Schaden mit sich herumtragen würden. Sie werden bedroht, bespuckt, beworfen, attackiert, müssen um Leib und Leben fürchten. Und wehe,

sie wehren sich! Manchmal mag Ihnen Ihr Dienst sogar sinnlos erscheinen. Wie sagte mir einmal ein Kripobeamter, der nach einem Schusswechsel endlich eine Festnahme verzeichnen konnte: Während er noch an seinem Bericht schrieb, ging der Festgenommene breit grinsend schon wieder die Außentreppe vor der Polizeiwache hinunter. In jedem zweiten Krimi ist irgendein Polizist bestechlich. Oder hat einen gewaltigen Dachschaden, den er entweder prügelnd, saufend oder cholerisch herumbrüllend kompensiert. Manchmal auch alles zusammen. Und oft noch mehr. Das Bild, das in unserer Gesellschaft von der Polizei gezeichnet wird, ist belastend für alle, die den Beruf ausüben. Für alle, die besten Gewissens für Recht und Ordnung sorgen. Und für die, die sich – wie ich – darauf verlassen, dass Sie Ihren Dienst gewissenhaft ausüben und, wann immer ich Sie brauche, ein Freund und Helfer sind. Aber wie gesagt: Ich möchte Ihren Job nicht machen.

Umso ärgerlicher ist es, wenn ausgerechnet Polizisten dazu beitragen, dass dieses Zerrbild Nahrung erhält. In einem Zeitungsbericht konnte man eine Geschichte lesen, die aus „Hubert ohne Staller“ oder ähnlichen seichten, aber netten Vorabendserien stammen könnte: Da kaufen sich zwei Polizisten im Dienst schnell ein paar Brötchen. Kennt man ja nun wirklich aus jedem zweiten Krimi. Blöde nur, dass die beiden Ordnungshüter ihren Streifenwagen auf dem Gehweg parken. Tut man nicht, darf man nicht. Noch blöder, dass jemand davon ein Foto schießt. Was natürlich über die sozialen Medien ziemlich schnell Verbreitung findet. Dumm gelaufen!

Nun hat schon Bertolt Brecht gewusst: Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Warum auch nicht? Wenn der Bauch vor Hunger knurrt, kommt das Hirn mit dem Denken nicht hinterher. Und der Polizist, wegen leeren Magens gerade ohne Energie in den Muskeln, hat im Wettlauf mit einem Flüchtigen keine Chance. Kennen wir auch aus jedem Krimi! Deshalb ist das Einkaufen im Dienst vielleicht nicht ganz regelgerecht, aber sicher kein Grund zur Aufregung. Zumindest kein besonders gravierender.

Mit dem Parken auf dem Gehweg ist das allerdings eine andere Sache. Vielleicht noch so, dass eine Mutter mit Kinderwagen

den Fußweg nicht mehr benutzen kann? Hier drängen sich bei mir tatsächlich die letzten Restbestände davon in Erinnerung, dass ich ein Gymnasium besucht habe. Eines, das in grauer Vorzeit einmal ein altsprachliches Gymnasium war. Und dass ich natürlich Lateinunterricht… naja, „genoss“ wäre das falsche Wort. Sagen wir: „ertragen musste“. Aber es ist überraschenderweise etwas davon hängengeblieben. So auch ein Satz, der die gesamte Antike bestimmte: Quod licet Iovi, non licet bovi. Auf Deutsch: Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen noch lange nicht erlaubt. Was so viel bedeutet wie: Manche haben Privilegien, die andere noch lange nicht haben.

Nun ist Jupiter den alten Römern das, was den alten Griechen Zeus war. Oder einem „von unbeugsamen Galliern bevölkerten Dorf“ nebst Asterix, Obelix und all seinen anderen liebenswürdigen Bewohnern deren geliebter Teutates. Bei dem konnte man sich bekanntlich nie sicher sein, ob der nicht irgendwann doch einmal den armen Geschöpfen den Himmel auf den Kopf fallen lassen würde. Kurzum: Jupiter, Zeus und Teutates – das sind die jeweils höchsten Götter. Einen dieser Namen mit „Streifenpolizist“ zu übersetzen, wäre nicht nur ein Vokabelfehler, sondern auch ein schwerer Verstoß gegen das Verständnis der Verhältnisse bei den alten Griechen, Römern und Galliern. „Kreuzfehler“, wie mein Lateinlehrer sagen würde. Ein so schlimmer Fehler, der wie zwei Fehler gerechnet wird.

Das gilt erst recht für unsere modernen Zeiten. Der Satz vom Götterchef und dem Ochsen gilt bei uns längst nicht mehr. Auch „die da oben“ müssen sich an Gesetze halten. Kein Politiker darf seinen Chauffeur dazu auffordern, mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit durch eine Baustelle zu rasen – das ist genau so ein No Go wie die Autorennen in Innenstädten von denen, deren Hirn sich im kleinen Zeh ihres Gasfußes befindet. Niemand darf Steuern hinterziehen und meinen, er könne das so geraubte Geld besser an Bedürftige verteilen als der Staat. Kein Entscheider darf bei Handlungen, die die Allgemeinheit betreffen, für seine persönlichen Zwecke die Hand aufhalten. Denn die Regeln einer Gemeinschaft gelten für alle gleichermaßen. Auch hier gilt der Grundsatz: Alle Menschen sind gleich – und es ist ärgerlich, wenn manche meinen, sie seien gleicher! Und es gehört zu Recht bestraft.
Wenn ausgerechnet Hüter der Ordnung Regeln missachten, die für alle gelten, ist das einfach eben nicht in Ordnung. Das sahen übrigens auch die Vorgesetzten der Polizisten so: Die verpassten nämlich den zwei Beamten eine Standpauke. Und ein Knöllchen. Womit mein Gerechtigkeitsempfinden wiederhergestellt ist.
Welche Buße ich mir jedoch dafür auferlege, dass ich durch diesen Text auch noch – ganz gegen meinen Willen – dem bestehenden Bild zur Polizei in unserer Gesellschaft ein Mosaiksteinchen hinzugefügt habe, weiß ich noch nicht. Ich hoffe nur, dass jetzt nicht irgendein eifriger Gesetzeshüter meine Autonummer „zur Fahndung ausschreibt“ und alle Polizisten dieser Republik nur noch darauf aus sind, mir eins auszuwischen. Vielleicht sogar wegen falschen Parkens. Das wäre allenfalls wieder etwas für „Hubert ohne Staller“ oder eine ähnliche Serie. Aber man weiß ja nie…

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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