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Tom Jones aka Thomas John Woodward

Ob manch ein Künstler unter seinem Geburtsnamen ähnlich bekannt geworden wäre wie unter seinem Pseudonym? Wer weiß. Beispiel: Tom Jones aka Thomas John Woodward.

81 Jahre alt wird er am 7. Juni, Sir Thomas John Woodward, besser bekannt als Tom Jones. Ja, 2006 hat ihn Königin Elisabeth II. zum Ritter geschlagen, genauer zum Knight Bachelor. Damit steht Sir Thomas John Woodward auf einer Stufe mit Sir Harry Rodger Webb, Sir Roderick David Stewart und Sir Reginald Kenneth Dwight. Also eben Cliff Richard, Rod Stewart und Elton John, um nur einige wenige zu nennen. Denken wir nur an Sir James Paul McCartney und Sir Michael Philip Jagger… Und auch richtig: Keith Richards wartet noch…
Wobei: Ganz so wild, wie es klingt, ist die Sache dann doch wieder nicht. Klar ist es eine tolle Sache, von der Queen für seine Verdienste in Sachen Pop- und Rockmusik geehrt zu werden. Aber der Knight Bachelor ist der niedrigste Rang des britischen Titularadels, wie es offiziell heißt. Was wiederum bedeutet: Vererbbar ist dieser Adelstitel nicht.

Egal, für einen ehemaligen Staubsaugervertreter ist das, ohne diesen Berufsstand schmälern zu wollen, doch eine hohe Auszeichnung. Wenn man mal zurückschaut: Als Zwölfjähriger erkrankte der junge Thomas John Woodward schwer an Tuberkulose, durfte zwei lange Jahre das Elternhaus nicht verlassen. Was tun vor lauter Langeweile? Die Musik wurde zum täglichen Begleiter, bewahrte ihn vor schweren Depressionen.

Vor 58 Jahren – Wahnsinn!!! – unternahm Thomas John Woodward seine ersten größeren musikalischen Gehversuche. Damals nahm er sogar seine ersten sieben Songs auf, und zwar als Frontmann der Formation Tommy Scott and The Senators. Die Namen der Band wechselten schnell: Aus Tommy Scott and The Senators wurden Tommy Scott and The Playboys, dann Tommy Scott and The Squires. Erst Aufnahmen entstanden in der Umkleidekabine eines örtlichen Y.M.C.A., also eines Heims des CVJM. Wer auch mit diesem Kürzel nichts anfangen kann: Der CVJM ist die weltweit größte Jugendorganisation, hat heute schätzungsweise 64 Millionen Mitglieder und ist überkonfessionell, aber eben christlich geprägt.

Zurück zu Tommy Scott und Co.: Erste sieben „echte Demoaufnahmen“ machte die Band unter Leitung von Robert George Meek – immerhin der Mann, der 1962 für den Titel „Telstar“ der Tornados und damit für den weltweit am meisten verkauften Instrumentaltitel verantwortlich zeichnete. Nur veröffentlichte Meek die Aufnahmen nicht.
Weil die Band ohnehin nicht besonders erfolgreich war, gab es für Herrn Woodward nur eins: eine Solokarriere.

Dafür nannte er sich „Tiger Tom“ und tingelte durch die Bars im heimatlichen Wales, später auch in London. Und wie das immer so ist: Bevor jemand berühmt wird, braucht es jemanden, der ihn entdeckt. Das war Gordon Mills, ein umtriebiger Musikmanager. Der machte sich zum Manager von „Tiger Tom“. Und als die Filmkomödie „Tom Jones“ (deutscher Titel: Tom Jones – Zwischen Bett und Galgen), eine Adaption des bereits 1749 von Henry Fielding geschrieben Romans erfolgreich war, ordnete Mills einen neuen Künstlernamen für „Tiger Tom“ an: Von da an stand Thomas John Woodward als Tom Jones auf der Bühne. Der war zäh, Mills auch. Dass die erste Single „Chills and Fever“ lediglich unter „ferner liefen“ rangierte, änderte nichts am Konzept. Der Erfolg gab Mills und Jones recht: Schon Single Nummer zwei, „It’s Not Unusual“, stürmte die Spitze der Charts. Für George Meek – Sie erinnern sich: der mit den ersten Demo-Aufnahmen – genau der richtige Zeitpunkt, um die frühen Songs doch noch zu veröffentlichen.

Für Tom Jones ging es steil bergauf: Für den James Bond-Klassiker „Thunderball“ (deutscher Titel: „Feuerball“) mit Sean Connery lieferte Tom Jones den Titelsong, hatte mit „Delilah“ und „Help Yourself“ weltweit Erfolg und trat ab Ende der 1960er Jahre regelmäßig in Las Vegas auf. Dass Tom Jones es war, dem es 1970 als erstem Solo-Künstler gelang, im Madison Square Garden ein „ausverkauft“ zu erreichen, ist da nur noch eine Randnotiz.

Zwei weitere Stationen:
– Ab 1987 zog es ihn wieder zurück ins UK, seit geraumer Zeit lebt er mehr oder weniger dauerhaft dort. Von dort aus veröffentlichte er gemeinsam mit der Formation The Art Of Noise 1988 das Prince-Cover „Kiss“, gewann dafür den MTV Award und machte sich auch einer völlig neuen Generation von Fans bekannt.
– Weil dieses Feature so prima geklappt hatte, nahm Tom Jones 1999 das Album „Reload“ auf. Mit dabei The Cardigans, Robbie Williams, Divine Comedy, Van Morrison, The Pretenders, Simply Red, Zucchero, Natalie Imbruglia, Portishead und andere. Besonders erfolgreich war die Auskopplung „Sexbomb“, die Tom Jones gemeinsam mit Mousse T. einspielte.

Natürlich hat auch an Tom Jones der Zahn der Zeit genagt. Bei Titeln wie „Sexbomb“ mag man mittlerweile schon ein wenig schmunzeln. Und dass er in knallengen Hosen auftrat, die viel erahnen ließen, während seine weit geöffneten Hemden alles an üppigem Brusthaar zeigte, was es nur zu zeigen gab – diese Zeiten sind auch für Tom Jones lange vorbei. Denn wie gesagt: Im Sommer wird der Mann 81 Jahre alt – und hat sich gemessen an dem Datum in seiner Geburtsurkunde prächtig gehalten. So gut, dass gerade passend noch vor seinem 81. Geburtstag sein 29. Studioalbum erschien. „Surrounded by Time“ heißt es. Und wieder hat ihn Musik aus einer Krise gerettet. Dieses Mal war es die Trauer um seine Frau Melinda, die er im April 2016 nach 59 Jahren Ehe beerdigen musste. Den Titel des neuen Albums übersetzen wir an dieser Stelle einmal frei: Tom Jones ist einfach zeitlos. Und das ist auch gut so.

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