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Stanley, Paul – Eisen, Stanley Bert

Ob manch ein Künstler unter seinem Geburtsnamen ähnlich bekannt geworden wäre wie unter seinem Pseudonym? Wer weiß. Beispiel:
Stanley, Paul – Eisen, Stanley Bert

Paul Stanley ist Gründungsmitglied, Rhythmusgitarrist und Sänger der US-amerikanischen Band Kiss. Er erblickt das elektrische Licht der Welt als

drittes Kind – zwei ältere Schwestern – der Eheleute Eva und William Eisen am 20. Januar 1952. Pauls Mutter Eva Jontof-Hutter wird 1923 in Berlin geboren, Pauls Vater William in den USA. Dessen Familie hat russisch-ungarisch-polnische Wurzeln, wie Paul später in der offiziellen Kiss-Biographie „Kiss: Behind The Mask“ schreibt. Pauls Familie ist jüdischen Glaubens. Bereits 1923 muss Eva mit ihren eigenen Eltern, also Pauls Großeltern, vor den Nazis aus Berlin fliehen und geht nach Amsterdam, von dort später weiter nach New York, wo Paul geboren wird. Dort arbeitet seine Mutter, eine examinierte Krankenschwester, eine Zeitlang als Lehrkraft für geistig benachteiligte Kinder. Pauls Vater arbeitet als Möbelverkäufer. Über einen längeren Zeitraum lebt die Familie in einer Zweiraumwohnung, also in sehr beengten Wohnverhältnissen. Als Jugendlicher, so Paul in seiner Autobiographie, habe er psychisch stark unter der Verkümmerung seines rechten Ohres, der so genannten Mikrotie, gelitten, die auch sein Gehör beeinträchtigt. [Mit 30 Jahren lässt sich Paul aus eigenem Rippenknorpel und mittels einer Hautransplantation ein neues Ohr formen.)
Seine Schwester beschreibt der Musiker während seiner Kindheit als labil, den Umgang mit seinen Eltern während seiner Kindheit und Jugend als eher distanziert. Trotzdem hat sich eine enge Nähe zu den Eltern erhalten: Pauls Mutter besucht viele Kiss-Konzerte in New York. Mit Mitte 60 besucht sie auf Einladung der Bundesrepublik Deutschland ihre alte Heimat Berlin – nach Pauls Vorstellung eine gute Möglichkeit, ihre Erinnerung von einem Land, das sie geliebt hat, das sie aber auslöschen wollte, mit der Gegenwart zu versöhnen. Pauls Mutter stirbt 2012 mit 88 Jahren. Pauls Vater besucht noch im Februar 2019 ein Kiss-Konzert. Zwei Monate später wird der Vater 99 Jahre alt. Aufgrund der Corona-Pandemie bedauert Paul im darauffolgenden Jahr, an der Feier zum 100. Geburtstag (7. April 2020) seines Vaters nicht teilnehmen zu können. Stattdessen bittet er Fans via Instagramm, seinem Vater Geburtstagsglückwünsche zuzusenden.

Während Pauls Kindheit gehört in der Familie das gemeinsame Musizieren zum Alltag. Allerdings hören die Eltern hauptsächlich klassische Musik. In einem Interview führte Paul einmal seine hohe Affinität zu Beethoven darauf zurück. Mit zwölf Jahren sieht Paul die Beatles in der Ed Sullivan-Show – eine Art Initialzündung. Als er dann noch frühe Rockmusiker wie Jerry Lee Lewis und Little Richard für sich entdeckt, wächst sein Wunsch, das Gitarre spielen zu erlernen. Mit 14 Jahren kann er sich eine erste E-Gitarre leisten und steigt bei der Band „Post War Baby Boom“ ein, einer Gruppe, die aus Nachbarjungen besteht. Allerdings gehen die musikalischen Interessen weit auseinander. Man trennt sich aufgrund, wie man heute sagen würde, musikalischer Differenzen.
Paul schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch: Mal arbeitet er als Taxifahrer, mal arbeitet er in einem koscheren Delikatessen-Imbiss in New York. Durch Zufall trifft er Gene Simmons, zu dieser Zeit ein Hobbymusiker, der sich als Grundschullehrer durchschlägt. Paul schließt sich Genes Formation „Wicked Lester“ an. Weil beide von der ersten Platte enttäuscht sind, verlassen sie die Formation schnell wieder und gründen mit Gitarrist Ace Frehley und Schlagzeuger Peter Criss eine neue Band: Kiss. Die Idee zu diesem Bandnamen geht auf Paul zurück, während Gene, Fan von Comics und Superhelden die schrillen Make-Ups sowie die schweren Fanatasykostüme der Band entwirft. Ace Frehley entwirft den Schriftzug zum Bandnamen Kiss, der aufgrund der beiden End-S, die Nazi-Runen ähneln, heftig kritisiert wird. Paul stellt sich vor den Bandkollegen: Der habe gewusst, dass Paul und Gene jüdischer Abstammung seien und garantiert niemanden provozieren wollen. Die beiden Buchstaben symbolisierten in Wahrheit lediglich Blitze. Wie verärgert Paul ist, zeigt sich später: Angesichts dessen, was in Deutschland im rechten Spektrum so alles zu sehen und zu erleben sei, sei die damalige Kritik am Namenszug der Band allenfalls als Witz zu anzusehen.
In der Phase zwischen „Wicked Lester“ und „Kiss“ ändert Stanley Bert Eisen seinen Namen offiziell in Paul Stanley. Analog ändert auch in dieser Phase Gene Klein seinen Namen zu Gene Simmons.

1974 erhalten Kiss als erste Band beim neugegründeten Casablanca-Label einen Plattenvertrag, im selbst Jahr erscheint mit „Kiss“ das erste Album. Danach folgen „Hotter Than Hell“ (1974) und „Dressed To Kill“ (1975). Bei Live-Auftritten in dieser Zeit ist die Band der gefeierte Headliner. Die Albumverkäufe bleiben

allerdings noch weit hinter den Erwartungen zurück. Den Durchbruch schafft erst das erste Live-Album der Band, schlicht betitelt mit „Alive“ (1975).

Kurz bevor Paul seine Freundin, die Schauspielerin Pam Bowen, heiratet, hat die eine Fehlgeburt. Als Kiss dann auf Tour sind, wird deren Beziehung schwierig. Beide versuchen alles, um die Beziehung zu retten. 1994 wird der gemeinsame Sohn Evan Shane geboren. Als neue Probleme zwischen Paul und Pam auftreten, trennt sich das Paar. Die Scheidung erfolgt im Jahr 2001.
Paul macht aufgrund der Trennung von Pam eine tiefe Krise durch und folgt dem Rat von Produzent Michael James Jackson, seine Gefühle in Malerei auszudrücken. Dies gelingt. Paul lernt die Anwältin Erin Sutton kennen, die er 2005 heiratet und mit ihr 2006 sein zweites Kind, Colin Michael, 2009 sein drittes Kind, Sarah Brianna, und 2011 Emily Grace, bekommt.

Weil sich Paul aufgrund seines missgebildeten Ohres gut in die Rolle hineinversetzen konnte, nimmt er 1999 während einer Bandpause für die Auftritte in Toronto die Hauptrolle im Musical „Das Phantom der Oper“ wahr. Dort wird er von einer Frau angesprochen, die für „AboutFace“ arbeitet, eine Organisation, die Kinder mit Missbildungen im Gesicht unterstützt. Paul erklärt sich bereit, für AboutFace zu arbeiten, sammelt Spenden und hält Vorträge an Schulen. Psychologisch betrachtet möglicherweise ein wichtiger Schritt, um seine eigenen Verletzungen zu verarbeiten.

Im Oktober 2011 muss er sich einer Stimmbandoperation unterziehen.
2014 werden Paul Stanley, Gene Simmons, Ace Frehley und Peter Criss, also die vier Gründungsmitglieder von Kiss, in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Tom Morello von Rage Against The Machine, der über Jahre die Aufnahme von Kiss in die Hall gefordert hat, hält die Laudatio.
Im selben Jahr erscheint auch „Face the Music: A Life Exposed“, die Autobiographie von Paul Stanley (Titel der deutschen Ausgabe: Hinter der Maske).
2016 führt Paul und Gene für einen Cameo-Auftritt zusammen: In der Filmkomödie „Why Him?“ singen die beiden unter anderem den Kiss-Hit „I Was Made For Lovin‘ You“.

Die Jüdische Allgemeine feiert die Band als „zutiefst jüdische Angelegenheit“, da die Band „für jüdische Teenager der 70er Jahre“ schlichtweg „jüdische Pop-Idole“ gewesen seien. Dieselbe Zeitung geht davon aus, dass Paul und Bandkollege Gene Simmons unter schlimmen Bedingungen in die USA gekommen seien, dass aber gerade diese Bedingungen bei den beiden Musikern eine ganz besondere Arbeitsethik haben entstehen lassen. Dies äußere sich unter anderem darin, dass Paul beim „Sex ’n’ Drugs ’n’ Rock ’n’ Roll“ nun einmal die Drugs ausgelassen und vom Rest mehr genommen habe. Die Zeitung zitiert Paul Stanley mit den Worten: Der Grundsatz des Judentums ist es, gut zu anderen Menschen zu sein. Sie so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte“. […] „Wir tun nicht Gutes, um dafür nach dem Tod belohnt zu werden. Die gute Tat selbst ist der Lohn.“

In einem Interview mit der überregionalen Tageszeitung „Welt“ erklärt Paul im Mai 2019: Das Wichtigste im Leben sei es, mit gutem Beispiel voranzugehen. Es sei leicht, etwas zu predigen, viel wichtiger aber sei es, anderen etwas vorzuleben. „Wenn ich bei anderen das Bewusstsein dafür schaffen kann, dass sie sich einen Moment Zeit nehmen, um über ihre Verantwortung und ihre Möglichkeiten nachzudenken, was sie für die Gesellschaft tun können, dann ist das groß. Alles beginnt mit dir. Jede Bewegung, alles, das irgendwo in der Welt geschieht, beginnt mit einer Person. Meine Message lautet: Lasst uns alle diese eine Person sein.“

Als am 6. Januar 2021 Anhänger des damals noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump das US-Kapitol stürmen, zeigt sich Paul entsetzt. Auf Twitter verurteilt er Trump als Initiator der Krawalle und nennt die Menschen, die an der Erstürmung des Kapitols beteiligt sind, Terroristen, die einen bewaffneten Aufstand durchgeführt haben.

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