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Beginn der Papstwahl: Joseph Kardinal Ratzinger wird Papst Benedikt XVI. (18. April)

„Habemus Papam – wir haben einen Papst!“ So der traditionelle Ruf, der jedes Mal erschallt, sobald weißer Rauch aus einem Schornstein der Sixtinischen Kapelle aufsteigt. Und nur wenige Minuten nach dem Rauchzeichen, das Millionen Menschen weltweit jubeln lässt, läuten die Kirchenglocken. Heute vor sechzehn Jahren trat das so genannte Konklave zusammen: 115 Kardinäle aus der ganzen Welt, bereit, den

Nachfolger des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. zu wählen. Zu Beginn des Konklaves bat Kardinalsdekan Joseph Ratzinger die 115 wahlberechtigten Kardinäle in einer feierlichen Prozession in die Sixtinische Kapelle. Mit der Hand auf der offenen Bibel schwor jeder, regulär und geheim zu wählen. Und: im Falle des Falles selbst das Amt in Treue zur Kirche auszuüben. Denn jeder von ihnen hätte der nächste Papst werden können.

Ein deutscher Papst

Das Ergebnis ist bekannt: Einen Tag und vier Wahlgänge später einigten sich die Kardinäle auf den Mann, der ihnen vorher noch die lateinische Eidesformel vorgelesen hatte: Aus Joseph Kardinal Ratzinger wurde Papst Benedikt XVI. Mit ihm war zum ersten Mal seit rund 1000 Jahren wieder ein Deutscher Papst, wenn man einmal einen Holländer auslässt, dessen Wohnort vor 500 Jahren zu Deutschland gehörte. „Habemus Papam!“ Was für ein Ereignis. Besonders natürlich für deutsche Katholiken. Die Zeitung mit den blutroten vier Buchstaben, ohnehin bekannt für flotte Schlagzeilen, titelte: „Wir sind Papst!“ Und fasste damit den Freudentaumel eines ganzen Landes treffend mit drei historischen Worten zusammen. Die Jugend der Welt brauchte wenige Monate sogar nur noch ein Wort: „Benedetto, Benedetto, Benedetto“ skandierten Heerscharen Jugendlicher beim Weltjugendtag in Köln und feierten den körperlich kleinen, blitzgescheiten Mann wie einen Popstar.

Konklave: nicht immer so schnell

Doch zurück zum Konklave: Vor sechzehn Jahren war das Konklave besonders schnell vorüber. In früheren Jahrhunderten dauerte so eine Papstwahl auch schon mal länger. Rekord: 1005 Tage, also mehr als zwei Jahre und neun Monate. Damals wurde in der Stadt Viterbo gewählt. Als die Stadtväter allmählich die Faxen dicke hatten, servierten sie den erlauchten Kardinälen nur noch Wasser und Brot. Weil das den Prozess immer noch nicht beschleunigte, suchten die schlauen Stadtväter Hilfe beim Wetter: Sie deckten das Dach des Palastes ab – mit, im wahrsten Sinne des Wortes, durchschlagendem Erfolg: Ziemlich zügig einigten sich jetzt die Kardinäle auf den neuen Papst, Gregor X.
Der hatte aus seiner eigenen Wahl gelernt und zementierte erst einmal das Wahlverfahren: Die Wahlberechtigten bleiben so lange von der Außenwelt abgeschlossen, bis sie sich auf einen neuen Papst geeinigt haben. Seitdem heißt die Wahl zum Papst offiziell Konklave, auf Deutsch so viel wie Zusammenschluss. Was übertragen auf heute bedeutet: kein Telefon, keine SMS, kein Fernsehen oder Radio, nichts. Eine ziemlich clevere Angelegenheit: Je länger der Einigungsprozess dauert, desto größer wird der Druck. Und irgendwann will schließlich jeder Beteiligte mal wieder nach Hause…

Papstname

Wie bei jeder Papstwahl gab sich auch Joseph Ratzinger einen bedeutungsvollen Papstnamen, und zwar Benedikt. Benedikt von Nursia ist ein bedeutender Ordensgründer, gilt außerdem als Patron Europas. Benedikt hieß aber auch ein Papst, der mit allen Mitteln versucht hatte, den ersten Weltkrieg zu verhindern. „Friedenspapst“ heißt er bis heute, obwohl seine Initiative scheiterte.

Geteilter Jubel

Manch einer wollte trotz aller Freude über einen deutschen Papst, dazu mit einem verheißungsvollen Namen, nicht so recht in den Jubel einstimmen. Ob man seine Bücher nicht gelesen habe? Ob man vergessen habe, dass Ratzinger als Kardinal „oberster Glaubenshüter“ gewesen sei, einer, der qua Amt jede Liberalisierung in der Kirche bekämpfen musste? Einer, der

dieses Amt überhaupt erhalten hatte, weil er so dachte, so lebte, wie es dieses Amt erforderte? Am Beispiel des Märchens vom „Hans im Glück“ hatte er doch schon 1967 in seiner „Einführung in das Christentum“ aufgezeigt, dass der Glaube in der Gefahr stünde, immer seichter und seichter zu werden: Was auch immer Hans im Glück eintauscht: Das, was er erhält, wird immer weniger im Vergleich zu dem, was er besessen hat. Bis sich sein Besitz mehr oder weniger in Wohlgefallen auflöst. Grund für den Kirchenmann, sich jeder Verwässerung des Glaubens von Anfang an rigoros entgegenzustellen.

Keine Frage, blitzgescheit war dieser Papst, einer, der stets druckreif formulierte. Dem einen oder anderen allerdings war er zu gescheit – zu wissenschaftlich, zu intellektuell, zu unnahbar. Aber das lag mehr an den Kritikern als am Papst selbst. Als jedoch der Vatikan dann auch noch bei der Annäherung an die umstrittene Piusbruderschaft unprofessionell arbeitete, viele Medien den Papst bei Fragen zur Aidsprävention in Afrika sinnentstellend verkürzten, wurde immer deutlicher: Dieser deutsche Papst war alles andere als ein Schmusepapst. Er war ein Kämpfer, ein Hardliner, getrieben durch die Sorgen, die er sich um den Bestand der Kirche machte.

Rücktritt

Überraschender noch als er Papst geworden war trat Papst Benedikt XVI. 2013 von seinem Amt zurück. Die Gesundheit war angegriffen; den gewaltigen Aufgaben, die im Vatikan selbst anstanden, glaubte er nicht mehr gewachsen zu sein. Der zweite Papst der Geschichte, der freiwillig von seinem Amt zurücktrat, nachdem dies Papst Coelestin V. gut 700 Jahre zuvor schon einmal getan hatte.

Der Mann, zu dessen Wahl zum Papst die Kardinäle heute vor sechzehn Jahren zusammentraten, ist unbestritten ein bedeutender Theologe, vielleicht der wichtigste Theologe des 20. Jahrhunderts. In zahllosen Reden, Aufsätzen und Büchern hat er eine theologische Meinung vertreten, die der Kirche den Weg in weitere Jahrhunderte ebnen könnte.

Vor zwei Tagen wurde Joseph Aloysius Ratzinger, der emeritierte Papst Benedikt XVI., 94 Jahre alt. Ein trotz aller Kritik großer Papst, ein immer noch blitzgescheiter, feingeistiger Mann und blitzgescheiter Denker. Herzlichen Glückwunsch nachträglich, Benedetto. Und in Erinnerung an das heutige Datum vor 16 Jahren: Einen Papst aus deutschen Landen werden wir so schnell nicht wieder erleben.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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