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Tot, aber nicht vergessen: Geburtstag Mutter Teresa (26. August)

Meistens erwähnt man von Verstorbenen nur runde Geburtstage. Aber manchmal gibt es Menschen, bei denen man auch mal einen weniger runden Geburtstag erwähnen darf. Manchmal muss man das sogar. Ganz einfach, weil sie so bedeutende Menschen waren. Zu diesen Menschen gehört auch Mutter Teresa. Ihr Name steht für Wohltätigkeit, Nächstenliebe und Selbstlosigkeit. Heute würde die bekannte Ordensfrau 111 Jahre alt.

Herkunft

Als Anjezë Gonxhe Bojaxhiu am 26. August 1910 geboren wird, heißt ihr Geburtsort noch Üsküp und gehört zum Osmanischen Reich. Lang, lang ist das her. Wer den Ort heute auf der Landkarte sucht, muss, zumindest wenn er eine aktuelle Karte verwendet, in Nordmazedonien nach dem Ort Skopje suchen. Aber nur, wenn ihre Karte wirklich aktuell ist. Wahrscheinlich erinnern Sie sich an den jahrelang schwelenden Streit mit Griechenland: Weil es dort eine Provinz mit dem Namen Makedonien gibt, benannte sich die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien am 11. Januar 2019 in Nordmazedonien um. Alles nicht ganz so einfach. Vor allem aber: Die Familie von Anjezë Gonxhe Bojaxhiu ahnt von all dem, was politisch im nächsten Jahrhundert geschehen soll, natürlich nichts. Auch nichts davon, was aus dieser Tochter – die Familie hatte eine weitere Tochter sowie einen Sohn – einmal werden wird.

Katholisches Elternhaus

Die Familie war katholischen Glaubens und konsequent besucht Anjezë Gonxhe eine katholische Mädchenschule. Als sie acht Jahre alt ist, stirbt überraschend der Vater. Trost findet das Mädchen im Glauben, entscheidet sich bereits mit zwölf Jahren dazu, später eine Ordensfrau zu werden. Mit 18 Jahren bittet sie um ein Noviziat, also eine Art Probezeit, beim irischen Zweig der 1609 von Maria Ward gegründeten Congregation Jesu. Dabei handelt es sich um einen Frauenorden, der bei uns auch unter dem Namen der Englischen Fräulein bekannt ist. Dieser Orden bemüht sich vor allem um Mädchenbildung – heute würde man sagen: um Gleichstellung von Frauen schon im Kinder- und Jugendalter. Zwei Monate verbringte Anjezë Gonxhe im irischen Mutterhaus, dann schickt sie die Ordensleitung in den Nordosten Indiens, in das sogenannte Bengalen. Dort also soll sie ihr Noviziat durchführen.

Englisches Fräulein

Um eine gewisse Distanz zum vorherigen bürgerlichen Leben zu unterstützen, ist es in vielen Orden üblich, ab Eintritt in den Orden einen Ordensnamen zu tragen. Anjezë Gonxhe entscheidet sich mit Blick auf die später heiliggesprochene französische Ordensfrau Thérèse von Lisieux, den Ordensnamen Teresa zu tragen.

Die weiteren Stationen sind schnell benannt: Ausbildung Mitarbeit in der von der österreichischen Ordensfrau Anna Dengel gegründeten Krankenschwesterschule in Patna, Arbeit als Lehrerin, später Schulleiterin an einer katholischen Mädchenschule in Kalkutta. 1946 – Teresa ist 36 Jahre alt – erlebt sie in Kalkutta das Elend der Menschen auf eine so besondere Weise, dass sie später von einer besonderen mystischen Begegnung mit Jesus spricht: Auf einer Zugfahrt von Kalkutta nach Darjeeling habe ihr Jesus aufgetragen, zu den Menschen in die Elendsviertel zu ziehen und sich um sie zu kümmern. Dazu benötigt Teresa die Erlaubnis ihres Ordens, die sie zwei Jahre später erhält.

Von den “Saint oft he Gutters“ zu den „Missionarinnen der Nächstenliebe“

Schnell schließen sich ihr weitere Frauen an, so dass die Rede von den „Saint of the Gutters“, den „Heiligen der Gosse“, die Runde macht. 1948 nimmt Mutter Teresa die indische Staatsbürgerschaft an, gründet 1950 mit den „Missionarinnen der Nächstenliebe“ einen eigenen Orden. Wie üblich, müssen innerhalb der Katholischen Kirche tätige Orden vom Papst anerkannt werden. Dies geschieht in einem ersten Schritt noch 1950, aber erst im Jahr 1965 erhält der Teresas Orden das Decretum laudis, ein weiterer Schritt auf dem Weg hin zur Eigenständigkeit, zumal mit diesem

Dekret eine Unabhängigkeit vom bis dahin zuständigen Erzbischof festgeschrieben wird.

Sorge für Menschen, die niemanden mehr haben

Vom ersten Moment an kümmern sich Mutter Teresa und ihre Mitstreiterin in den Slums von Kalkutta um Leprakranke, Krüppel, Sterbende – um Menschen, die sonst niemanden mehr haben. Menschen, die auf sich alleingestellt sind. Menschen, die sie näher kannten, beschreiben sie als gütig mit anderen, aber diszipliniert und streng zu sich selbst. Vor allem aber: voller Spiritualität, was, etwas salopp formuliert, heißt: Mit dem lieben Gott auf du und du. Fast, jedenfalls.

Friedensnobelpreis

„Lasst uns Gott danken für diese wunderbare Gelegenheit, die Freude des sich ausbreitenden Friedens zu verkünden, die gegenseitige Liebe. Und: Das Wissen, dass die Ärmsten der Armen unsere Brüder und Schwestern sind.“ Das sagt Mutter Teresa, als man ihr 1979 den Friedensnobelpreis verleiht. Spätestens seitdem ist sie weltweit bekannt, gilt weltweit als Stimme für die, die die Gesellschaft vergessen hat. So baut sie in den Slums der Millionenmetropole Kalkutta baute Schulen, Apotheken, Krankenhäuser und Leprazentren. Besonders hervorzuheben aber ist ihr Engagement für Sterbende. Einen würdevollen, begleiteten Tod will sie ihnen ermöglichen – denen, die sonst niemanden mehr haben. Bis heute eifern mehrere Tausend Frauen als „Missionarinnen der Nächstenliebe“ ihrem großen Vorbild nach.

Kritik vs christlicher Auftrag

Doch der Friedensnobelpreis ist ein zweischneidiges Schwert. Kritiker werfen der Ordensfrau vor, dass die Missionierung Schwerstkranker im Vordergrund gestanden habe, erst an zweiter Stelle die humanitäre Versorgung. Aus christlicher Sicht jedoch gehört wohl beides untrennbar zusammen – sich um die Seele und um den Körper eines Menschen zu kümmern gehören gleichermaßen zum christlichen Auftrag der Nächstenliebe.

Seligsprechung

Um Menschen, die besonders vorbildlich ihren Glauben gelebt haben, zu ehren, vor allem aber, um sie als Vorbild für andere herauszustellen, kennt die Katholische Kirche ein zweistufiges Verfahren, die sogenannten Selig- bzw. Heiligsprechungen. Die detaillierten Kriterien spielen an dieser Stelle keine Rolle. Üblicherweise aber wird ein Verfahren zur Seligsprechung eines Menschen frühestens fünf Jahre nach dessen Tod eingeleitet. Als Mutter Teresa 1997 stirbt, dauert es gerade einmal zwei Jahre, bis die Seligsprechung eingeleitet wird. Am 19. Oktober 2003 wird die immer fröhlich, bescheiden auftretende und unscheinbar wirkende Ordensfrau seliggesprochen – und damit im bis dahin kürzesten Seligsprechungsverfahren der Neuzeit. Gleichzeitig wird ihr Sterbetag, der 5. September, offiziell als Tag der Verehrung der eingesetzt.

Heiligsprechung

Die Zeitschrift „Life“ ist der Wirklichkeit bereits weit voraus. In einem großen Porträt bezeichnet sie Mutter Teresa schon früh als „Heilige der Gosse“. Nicht zuletzt durch diese Bezeichnung wird sie folglich von vielen Menschen als Heilige wahrgenommen, obwohl die Heiligsprechung zu dieser Zeit noch gar nicht stattgefunden hat. Wobei der Unterschied eher ein formaler ist: Während Seliggesprochene i.d.R. nur lokal verehrt werden, wird die Verehrung eines Heiliggesprochenen seitens der Kirche weltweit empfohlen. Außerdem gelten „erst“ Heilige als Mittler zwischen Mensch und Gott. Doch bereits am 4. September 2016 erhebt Papst Johannes Paul II. die Ordensfrau Mutter Teresa zur Heiligen, am Vortag zu ihrem Gedenktag.

Respekt

Völlig egal, ob man der Katholischen Kirche angehört oder nicht: Das Lebenswerk von Mutter Teresa nötigt Respekt ab. Für viele Menschen war sie ein Vorbild gelebter Nächstenliebe. Angesichts des Leides und der Not in weiten Teilen der Welt ist es gut, an ihrem heutigen Geburtstag wieder einmal an sie zu erinnern. Denn Not und Elend können nur durch Menschen gemildert werden, die tatkräftig zupacken. So wie Mutter Teresa und ihre „Missionarinnen der Nächstenliebe“.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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