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Peter und Paul – zwei unsterbliche Heilige (29. Juni)

Vor ein paar Generationen war das in katholischen Gegenden noch so üblich: Neugeborene benannte man meistens nach dem Heiligen, an dessen Gedenktag sie geboren wurden. So auch in meiner Familie: Einer meiner Großonkel hieß Paul – geboren an einem 29. Juni. Und als dessen Sohn zufälligerweise auch an einem 29. Juni geboren wurde, sollte der nicht unbedingt auch Paul heißen. Irgendwie wollte man Vater und Sohn schon vom Namen her unterscheiden. Paul junior gefiel gar nicht,

Paul II. – das hätte ja geklungen wie ein Papstname. Außerdem hatte meine Großtante Grethe herausgefunden, dass ausgerechnet dieser Papst Anhänger der Astrologie gewesen sein soll – ein absolutes No Go für die gute Großtante. Zum Glück war das Dilemma kein wirkliches: Denn am 29. Juni feiert die Katholische Kirche nicht nur das Gedenken an den heiligen Paulus, sondern auch an den heiligen Petrus. Kein Wunder also, dass Großtante und Großonkel sich schnell auf Peter einigten. Wäre Peter ein Mädchen geworden, hätte es Petra geheißen. So einfach ist das manchmal.

Nicht der Todestag

Allerdings saßen Großtante und Großonkel dann doch einem Irrtum auf. „Unsere beiden heißen Peter und Paul in Erinnerung an den Todestag der beiden wichtigsten Aposteln“, schwärmte die gute Grethe dann mal irgendwann. Und Paul nickte. Normalerweise hätten sie recht gehabt. Denn normalerweise ist das in der Katholischen Kirche so: Wenn ein Mensch, der seinem Glauben gemäß gelebt, dies durch seine Lebenshaltung zum Ausdruck gebracht hat und deswegen umgebracht wird, macht ihn die Kirche offiziell zum Vorbild. Weil sich die Kirchenoberen dabei nicht selbst ins Knie schießen wollen, prüfen sie die Lebensführung der betreffenden Person in einem langwierigen und aufwendigen Verfahren. Genauer: in einer Art Stufenverfahren. Zuerst erfolgt nach Jahren der Überprüfung die so genannte Seligsprechung, dann, nach weiterer Überprüfung und Verschärfung der Maßstäbe die so genannte Heiligsprechung. Auf dem Weg bis dahin kann einiges passieren. In jedem Fall aber wird dann an den entsprechenden Heiligen an seinem Todestag gedacht.
Wie gesagt: normalerweise! Bei ihren beiden wichtigsten Vorbildern weicht die Kirche aber von diesem klaren Muster ab: Der Gedenktag für Petrus und Paulus ist eben nicht ihr Todestag. Gefeiert werden die beiden an dem Tag, an dem ihre sterblichen Überreste in Rom angekommen sind. Und das ist der 29. Juni.

Todesdatum unbekannt

Nur so ganz nebenbei: Über das jeweilige Todesjahr der beiden Apostel weiß man eh nichts Genaues. Lediglich aufgrund der zeitgeschichtlichen Ereignisse geht man

davon aus, dass die beiden zwischen 63 und 67 nach Christus hingerichtet wurden. Ob das im selben Jahr war und erst recht, an welchem Tag dies wohl gewesen ist, ist nicht überliefert. Aber da man sich eben an der Ankunft der Reliquien der beiden Apostelfürsten in Rom orientiert, kann man sie wenigstens am gleichen Tag feiern.

Simon Petrus, Fischer

Im Gegensatz zur unklaren Überlieferungsgeschichte war vor ein paar Generationen aber klar, wer sich eigentlich hinter den beiden Namensgebern verbarg: Petrus, ein Fischer vom See Genezareth, einer der ersten, der sich von den Lehren Jesu so begeistern ließ, dass er ihm nachfolgte. Auf seine Familie muss das ziemlich verstörend gewirkt haben: Da kommt ein Lehrer, erzählt etwas und der Familienvater ist so aus dem Häuschen, dass er seinen Job hinwirft, Eltern, Frau und vielleicht Kinder allein zu Haus lässt und mit diesem Prediger durchs Land zieht. Würden Sie das tun? Oder anders gefragt: Was müsste passieren, was für einem Menschen müssten Sie begegnen, dass Sie ähnlich wie Petrus handeln würden?
Ach ja, zu diesem Zeitpunkt heißt der Fischer noch Simon. Petrus, Fels, nennt ihn Jesus erst, als er ihn zum „Chef seines wachsenden Fanclubs“ erhebt: „Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“, soll er gesagt haben. Tja, so schnell wird man zum ersten Papst der noch ganz jungen Kirche. Und das, obwohl ausgerechnet Petrus später Jesus voller Angst verleugnet: Als Jesus zum Tod verurteilt wird, sprechen drei verschiedene Personen Petrus an: Sie glauben, in ihm ein Mitglied dieses „Jesus-Fanclubs“ wiederzuerkennen.

Fehler und Tod

Voller Angst, wie Jesus am Kreuz zu enden, behauptet Petrus, er kenne diesen Jesus gar nicht. Und so einer ist Chef? Heute würde alles „Rücktritt, Rücktritt“ grölen. Damals bekam Petrus von seinen eigenen Leuten die Chance, es besser zu machen. Und, so nebenbei bemerkt, auch von Christus. Was Petrus ja dann auch tat: Er verpasst der jungen Kirche eine Struktur. Und vor allem: Er „geht hinaus in die Welt und predigt die frohe Botschaft“ von der Liebe Gottes, die Jesus verkündet hat. So lange bis, er in Rom dann eben selbst hingerichtet wird.

Historisch richtig ist wohl, dass Petrus wie Jesus am Kreuz zu Tode kommen soll. Einer legendenhaften Überlieferung zufolge aber soll er darum gebeten haben, mit dem Kopf nach unten ans Kreuz geschlagen zu werden. Auf dieselbe Art zu sterben wie der Sohn Gottes – das wäre zumindest für den Petrus der Legende fast schon gotteslästerlich gewesen.

Saulus, Beamter

Auch Paulus hatte ursprünglich einen anderen Namen: Saulus hieß er und war ein strikter Christenverfolger. Die Bibel berichtet, dass bei der Steinigung des Stephanus dessen Kleider zu den Füßen des Paulus niedergelegt wurden – ein deutlicher Hinweis darauf, dass Paulus hier eine amtliche Funktion innehatte. Ein offizieller Überwacher bei der Vollstreckung des Todesurteils. Irgendwann soll er dann in der Nähe von Damaskus eine Begegnung mit dem auferstandenen Christus gehabt haben. Ich stelle mir dann immer vor, dass Saulus wie vom Blitz getroffen vom Pferd gefallen ist. In der Bibel steht das so aber nicht. Auf jeden Fall erblindete Saulus – laut Bibel durch die Begegnung mit Christus – schlagartig, war auf die Hilfe anderer angewiesen, bis er endlich wieder sehen konnte. In so einer Situation können einem schon eine Menge Gedanken durch den Kopf gehen.

Endlich sehend werden?

Auch hier habe ich meine eigene Fantasie: dass vielleicht das Blindsein und das Sehendwerden im übertragenen Sinn gemeint sein könnten. Wie kann man nur so blind sein, Menschen wegen ihres Glaubens zu verfolgen? Als Saulus sehend wird, sprich: kapiert, dass die Diskriminierung wegen des Glaubens Unsinn ist und vor allem, dass dieser Glaube tatsächlich bahnbrechend ist, da wird er zu einem ganz engagierten Verfechter des jungen Christentums. Ich würde da auch meinen Namen ändern. Nach außen hin deutlich machen, dass ich nicht mehr der bin, als den mich alle kennen.

Weit reisender Missionar

Um Jesu Botschaft weiterzuerzählen, legt Paulus Tausende von Kilometern zurück – zu Fuß, auf dem Esel oder auch mal mit dem Boot. Überall dort, wo er hinkommt, lassen sich die Menschen von ihm begeistern. Was im Klartext heißt: An den Orten seiner Predigten entstehen Gemeinden, die der Idee des Christentums verbunden sind. In vielen Fällen haben diese Gemeinden später noch Fragen, bei denen sie wohl Paulus um Antworten bitten. Da der aber längst anderswo unterwegs ist, schickt er seine Antworten per Brief. Ein Teil dieser Briefe ist erhalten und gehört zum Kanon der Bibel.

Gerade Paulus ist ein viel Reisender. Überliefert ist, dass er wohl vor Malta mit einem kleinen Boot strandete. Hier mag es sich um ein Postschiff handeln, dass zwischen dem Nahen Osten und der Mittelmeerinsel regelmäßig verkehrte. Wenn Sie mal googlen wollen: Auf dem Landweg hätte Paulus quer durch die Türkei, durch Griechenland, vielleicht Albanien, in jedem Fall aber Italien und dann nach Malta reisen müssen. Rund 3500 Kilometer. Mindestens. Und das damals, vor rund 2000 Jahren! Würden Sie diese Strecke mit dem Auto abfahren, kämen Sie auf eine Fahrtzeit von rund 46 Stunden. Mit Autobahn, die es damals natürlich noch nicht gab. Autos übrigens auch nicht. Auf dem Esel oder zu Fuß – so ist Paulus gereist. Das hätte diese Strecke Wochen, wenn nicht Monate gedauert. Und, ja nee, ist klar, oder: auch den Flieger konnte Paulus damals noch nicht nehmen. Sie wären ohne Check in-Zeiten immerhin noch knapp sieben Stunden unterwegs. Einen Direktflug gibt es nämlich nicht. Aber eine regelmäßige Postverbindung per Schiff. Mit der man mitfahren konnte, auch damals schon. Kennen Sie ja aktuell noch von den Hurtigruten-Postschiffen.

Tod des Paulus

Was den Tod des heiligen Paulus anbelangt: Möglicherweise starb der im Jahr 64 nach Christus. Da er aber römischer Bürger war – denken Sie an die Klamotten des Stephanus, die man ihm übergab – , ist er ganz sicher nicht gekreuzigt worden. Eine Kreuzigung war nach römischen Recht keine Todesstrafe für einen Menschen, der die römischen Bürgerrechte hatte. Solche Menschen starben schnell. In der Regel richtete man sie mit dem Schwert hin.

Attribute

Konsequent übrigens gehört zu den Attributen, mit denen Paulus dargestellt wird, also das Schwert. Bei Petrus sind es zwei Schlüssel. Das sollen die Schlüssel des Himmels sein. So achtet Petrus darauf, dass die Türen des Himmels für die, die dorthin gehören, rechtzeitig geöffnet werden. Ach, solche symbolischen Darstellungen haben schon etwas. Zumindest verraten Sie uns eine Menge darüber, wie Menschen zu vergangenen Zeiten so dachten.

Peter und Paul heute

Während der Name Paul bei uns in den letzten Jahren so etwas wie eine Renaissance erlebt, ist es bei Peter schlecht bestellt. Wer nennt sein Kind heute schon noch Peter? Und wer hat heute überhaupt noch die Vorstellung, dass etwas vom Feuereifer der entsprechenden Heiligen auf das Kind ausstrahlen möge? Wohl die Wenigsten. Wobei gerade das ja spannend wäre: zwei Menschen, die in ihrem Leben schwere Fehler begehen und trotzdem bedeutende Führungspersönlichkeiten sind. Zwei Menschen, die die Chance bekommen, aus ihren Fehlern zu lernen und anschließend alles besser zu machen. Zwei Menschen, deren Lebensgeschichte mehr als von ihnen etwas von der Barmherzigkeit Gottes erzählt, die um einiges größer ist als wir uns das in unserem Alltag vorstellen können. Nein, darüber denkt wohl kaum noch jemand nach, wenn er sein Kind Paul oder vielleicht auch Peter nennt.

Nichtsdestotrotz: allen Pauls, Peters, Paulas, Paulines und Petras dieser Welt einen herzlichen Glückwunsch zum Namenstag. Vielleicht tragen sie ja etwas vom Engagement ihrer Namensgeber in sich. Das Schlechteste wäre das sicher nicht.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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