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Helft den Helfern – Tafeln bitten um Unterstützung (23. November)

Rund 1000 Stück gibt es von ihnen in unserem Land – und wenn man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zuhört, weiß man schnell: Sie sind bitter nötig. Nach wie vor. Und vielleicht sogar mehr denn je. Die Rede ist von den so genannten Tafeln. Die gibt es übrigens nicht nur bei uns im Land. Im Vereinigten Königreich sind sie als „Food Banks“ bekannt, unsere französischen Nachbarn nennen sie „banques alimentaires“. Trotz unterschiedlicher Namen ist ihr Handeln überall dasselbe: Diese speziellen gemeinnützigen Organisationen sammeln Lebensmittel und stellen diese bedürftigen Menschen kostenlos oder zu einem äußerst geringen Entgelt zur Verfügung.

Rund 1000 Tafeln in Deutschland

Auch wenn Wohlfahrtsorganisationen wie Caritas, Arbeiterwohlfahrt und andere schon früher immer wieder Unterstützung bei der täglichen Versorgung mit Nahrungsmitteln leisteten – die erste „echte“ Tafel in Deutschland gründete die Sozialpädagogin Sabine Werth zusammen mit ihrer Initiative „Berliner Frauen e.V.“. 1993 war das – und wie der Name schon sagt, erfolgte die Gründung in der Bundeshauptstadt. Mittlerweile gibt es annähernd 1000 Tafeln im gesamten Bundesgebiet.

Ursprung 1967 in den USA

Die Idee stammt aus den USA: 1967 half John van Hengel in Phoenix/Arizona ehrenamtlich in einer Suppenküche. Während er die Not der anstehenden Menschen hautnah mitbekam, wurde ihm schlagartig bewusst: Unternehmer müssen Lebensmittel wegen des anstehenden Verfallsdatums aus den Regalen nehmen. Diese Lebensmittel landeten – wie

andere mit einer leicht beschädigten Umverpackung – auf dem Müll. Ein Paradoxon, dass einerseits Lebensmittel vernichtet werden, andererseits ein wachsender Anteil in der Gesellschaft nicht weiß, wie er seinen Hunger stillen soll.

Gezielte Abgabe

Van Hengel ging auf die Händler zu und überredete Schritt für Schritt immer mehr von ihnen, diese Lebensmittel zu spenden. Am Ende kamen weitaus mehr Lebensmittel zusammen, als der Verein, für den van Hengel ehrenamtlich tätig war, an Bedürftige verteilen konnte. Schnell entschloss man sich dort, eine Art Zentrallager zu errichten, aus dem sich andere humanitäre Organisationen kostenlos bedienen konnten. Die St. Mary’s Food Bank in Phoenix gilt – wohl zu Recht – als erste Tafel der Welt.

Mehrere Säulen

Die heutigen Tafeln stehen auf mehreren Säulen: Ohne die unentgeltlichen Lebensmittelspenden der Händler wären sie nicht denkbar. Um die Lebensmittelspenden einsammeln zu können, bedarf es Fahrzeuge, die aus Geldspenden der Bevölkerung gekauft und unterhalten werden. Und klar ist auch, dass es ohne die vielen Freiwilligen, die Spenden einsammeln, transportieren, sortieren und ausgeben keine Tafeln geben würde.

Hohe Zahlen

In Jahren jenseits der Corona-Pandemie werden in den USA etwa 30 Millionen Menschen von den Tafeln versorgt, darunter annähernd 10 Millionen Kinder und 3 Millionen Senioren. In Europa sind es wohl pro Jahr etwa 13 Millionen Menschen, die Lebensmittel für 1,6 Milliarden Mahlzeiten erhalten. Diese Zahlen kennt man, weil die europäischen Tafeln in einem guten Austausch miteinander stehen. Längst sind es nicht nur ältere Menschen, erwerbstätige Arme, Obdachlose und Behinderte, sondern zunehmend alleinstehende Frauen und junge Frauen mit Kindern. Auffällig, dass die Anzahl junger Menschen zuletzt rasant anstieg.

Mehr Hilfsbedürftige wegen Corona

Die Corona-Pandemie macht sich auch und gerade in den Tafeln bemerkbar. Trotz großer staatlicher Bemühungen um den Erhalt von Arbeitsplätzen ist die Zahl der Arbeitslosen und Kurzarbeiter, die sich über die Tafeln versorgen, stark gestiegen. Menschen, auf die das Kriterium „Altersarmut“ zutrifft, aber auch Minijobber und Studierende, denen wegen der Pandemie die Jobs weggebrochen sind, gehören zu den neuen Gästen der Tafeln. Kein Wunder, dass ein Großteil der vorhandenen Tafeln von einer Nachfragesteigerung um 20 Prozent und mehr spricht.

Corona bremst Ehrenamtliche

Gleichzeitig reduziert sich die Anzahl der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer dramatisch. Viele von ihnen gehören selbst zur Corona-Risikogruppe, stellen ihr Engagement zum Schutz der eigenen Gesundheit ein. Für die verbliebenen Kräfte ein in dreifacher Hinsicht wachsendes Problem: Mehr Hilfesuchende müssen mit weniger Ehrenamtlichen versorgt werden, wobei deren Arbeit durch das Einhalten der Coronamaßnahmen erschwert wird. Es kostet ganz einfach Zeit und Energie, das Infektionsrisiko der Ehrenamtlichen möglichst niedrig zu halten. Der bevorstehende zweite Winter unter Coronabedingungen dürfte diese Problematik noch weiter verschärfen.

Suche nach Helfern und Spendern

Die meisten Tafeln benötigen mehr Ehrenamtliche, um ihren Dienst an den Tafel-Gästen weiterhin leisten zu können. Fördermitgliedschaften, aber auch einmalige Geldspenden zeigen den Ehrenamtlichen, dass ihre Arbeit anerkannt und wertgeschätzt wird. Das kann zusätzliche Kräfte freisetzen – die Psychologie macht’s eben möglich. Darüber hinaus können Geldspenden auch Arbeitsabläufe vereinfachen und dadurch menschliche Ressourcen schonen: Manchmal ist es eben ein Regal, eine weitere Kühltheke oder die Anschaffung eines größeren Fahrzeugs, die Wunder bewirken.

Ökologisch und sozial gut

Keine Frage, die Tafeln sind eine sinnvolle Sache: Bedürftige erhalten etwas zu essen, ohne dass sie im Müll nach Essbarem suchen müssen – eine sozial dringend gebotene Angelegenheit; und Tonnen von Lebensmitteln kurz vor Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums, allesamt noch gut essbar, landen nicht im Müll – ökologisch betrachtet eine sinnvolle Sache. Besser geht es kaum.
Gerade mit Blick auf den anstehenden Winter, der derzeitigen Verschärfung der Pandemielage, jetzt schon steigenden Zahlen von Bedürftigen und bei gleichzeitig zurückgehenden Ehrenamtlichen bitten die Tafeln um verstärkte Unterstützung. Vielleicht hilft ja auch dieser Artikel ein kleines bisschen weiter.

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

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