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17. Februar – Aschermittwoch. Beginn der Fastenzeit

Momentaufnahmen, kurze Episoden in den Medien, flüchtige Eindrücke – und alles rauscht einfach vorbei? „Auch das noch“ zeigt die Skripte (leicht überarbeiteter) Rundfunkbeiträge aus dem öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk. Manche wurden sogar speziell für Heaven On Air geschrieben. Frei nach dem Motto: einfach mal einen Moment innehalten.

17. Februar – Aschermittwoch. Beginn der Fastenzeit

Achten Sie einmal darauf: Trotz Corona-Beschränkungen schlagen heute Politiker wieder verbal aufeinander ein. In diesem Jahr zwar nur virtuell. Aber wie immer formulieren sie Forderungen, erteilen Absagen, entdecken neue Perspektiven und attackieren vor allem den politischen Gegner. Und wenn Sie ganz genau hinhören, dann kommt von allen Rednern: So geht es nicht weiter! Man muss mal zur Besinnung kommen! Es braucht unbedingt eine Neuorientierung! Zumindest aber die Abkehr von bisher gemachten Fehlern. Und natürlich braucht es den vielbeschworenen Aufbruch zu neuen Ufern.
Selbstverständlich unterscheiden sich die Formulierungen. Aber der Inhalt, der ist bei allen Rednern in Kern derselbe.

Das Ganze heißt politischer Aschermittwoch und ist mittlerweile ein medienwirksames Zeremoniell. Und dieser politische Aschermittwoch hat eine lange Tradition: Denn er geht zurück auf den Viehmarkt im bayrischen Vilshofen, der seit 1580 bezeugt ist. Ab 1919 hängte die Bayernpartei ihre politischen Kundgebungen daran. Noch später dann die übrigen Parteien.

Diese Kundgebungen genau auf den Aschermittwoch zu legen, hat durchaus eine symbolträchtige Bedeutung: Denn der Aschermittwoch kennzeichnet für Christen den Beginn der Fastenzeit. Auch eine Tradition, aber noch viel älter als die politischen Festreden: Katholische Christen lassen sich in den Gottesdiensten am heutigen Tag ein Kreuz aus Asche auf die Stirn zeichnen. Von diesem Kreuz hat der heutige Tag also seinen Namen, hängt untrennbar mit ihm zusammen.

Für den, der nicht katholisch ist, ist jetzt dringend eine Erklärung nötig: Als äußeres Zeichen dafür, dass sie die Fastenzeit beginnt, lassen sich also Katholiken heute ein Kreuz aus Asche auf die Stirn zeichnen. Der Hintergrund dazu wird in einem uralten Sprichwort deutlich: in Sack und Asche gehen! Im alten Israel, vor rund 3000 Jahren, nahmen die Menschen das wortwörtlich: Wenn ein Mensch im Sterben lag oder bereits gestorben war, legten die Angehörigen grobe, alte und unattraktive Gewänder an und streuten sich Asche aufs Haupt. Noch so ein geflügeltes Wort: sich Asche auf Haupt streuen. Aus dem alten Israel stammt das also. In Sack und Asche gehen – das sollte auch sagen: Nicht nur dieser eine Mensch, um den du trauerst, stirbt oder ist bereits gestorben. Auch du


bist irgendwann dran. Daran solltest du denken. Und danach solltest du dein Leben ausrichten. Damit das mit dem Platz im Himmel auch klappt. Wir würden heute vielleicht ergänzen: Und damit irgendetwas von dir bleibt. Dass man nach deinem Tod noch gern an dich denkt. Gelegentlich zumindest.

Zurück zum Aschenmittwoch und dem Aschenkreuz: Wenn Sie modern formulieren möchten, dann ist das Aschenkreuz eine Art Outing oder Outcoming. Passt schon. Denn damit sagt man: Auch ich bin mir bewusst, dass das mit dem Leben auf dieser Erde nicht ewig weitergeht. Irgendwann trifft es auch mich. Dann ist Schluss.
Wie sang David Bowie noch seinerzeit? Ashes to Ashes? Genau. Bowie zitiert damit eine alte christliche Begräbnisformel. Die sagt der Priester in der einen oder anderen Form auch beim Austeilen des Aschenkreuzes: „Gedenke Mensch, dass du Staub bist und wieder zu Staub werden wirst.“
Anders ausgedrückt: Denk mal drüber nach, dass du ein Mensch bist, der vergänglich ist und keinen Grund hat, sich auf‘s hohe Ross zu setzen. Und der sich selbst nicht so wichtig nehmen sollte.

Nun mag man sich fragen: Wo setze ich mich denn auf’s hohe Ross? Genau darum aber geht es am Aschermittwoch: Mal über sich selbst nachzudenken, was man in seinem Leben vielleicht falsch gemacht hat. Und was man besser machen könnte.
Der Aschermittwoch ist also ein Tag der Neuorientierung. Mit dem Aschenkreuz zeigen Katholiken: „Ich gehöre dazu! Auch ich will mein Leben reflektieren und neu sortieren. Und das mache ich mit diesem Zeichen öffentlich.“

In welchen Bereichen sie sich bessern wollen, verraten die Aschenkreuzträger allerdings nicht. Hier ein paar Vorschläge:
* mehr Zeit für Mitmenschen;
* statt ü b e r Nachbarn herzuziehen lieber m i t ihnen reden;
* statt dem Patenkind Geld auf‘s Konto zu überweisen, lieber etwas mit ihm unternehmen;
* statt ständig ungesundes Zeug in sich hineinzuschaufeln, lieber dem eigenen Körper mal etwas Gutes tun.
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Mit dem Aschenkreuz am Aschermittwoch beginnt also ein Innehalten, ein Nachdenken, durch das man versucht, sein Verhältnis zu anderen Menschen wieder in Ordnung bringen kann. Und den Umgang mit sich selbst. Für religiöse Menschen gilt zudem: Auch das Verhältnis zu Gott steht auf dem Prüfstand.

Das Aschenkreuz sagt also deutlich: Ab heute wird manches anders. Ab heute. Und nicht etwa: nur heute! Der heutige Aschermittwoch ist nur der Tag, an dem dieses Umdenken angestoßen wird und beginnen soll. Denn es wäre ja gar nicht realistisch, sein ganzes Leben, sein Verhalten zu Familie, Verwandten und Freunden und vieles andere an nur einem Tag zu überdenken. Und dann noch die Weichen für ein anderes Verhalten zu stellen. Dazu braucht es schon etwas mehr Zeit als die paar Minuten, die ein einziger Tag mit seinen normalen Verpflichtungen dafür zulässt. Der Gedanke, dass man jemanden verletzt hat, bei dem nach sich entschuldigen sollte, muss einem ja erst mal kommen. Der Entschluss, das geklaute Fahrrad wieder zurückzubringen, mag da schneller wachsen. Oder auch nicht. Das ist wohl von Fall zu Fall verschieden. Auf jeden Fall braucht es Zeit, um über sich nachzudenken. Und weitere Zeit, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Und noch mehr Zeit, um sie dann auch umzusetzen. Hinzu kommt: Wenn ein verändertes Verhalten dauerhaft sein soll, dann muss man das auch einüben. Dafür gibt es die so genannte Fastenzeit, die mit dem heutigen Aschermittwoch beginnt.

Mag sein, dass Sie abwinken und sagen: „Brauche ich nicht! Bei mir ist alles im Reinen.“ Das kann natürlich sein, dass das so ist. Vielleicht ist dann ein eher innerer Aspekt für Sie interessanter. Denn Aschermittwoch und Aschenkreuz sagen auch: Du hast bis gerade noch ziemlich ausgiebig Fastnacht gefeiert oder warst irgendwie anders auf der Überholspur – jetzt brems dich mal, komm mal runter, mach mal eine Pause, verzichte mal freiwillig auf bestimmte Dinge. Auf Süßes, auf Alkohol, aufs Rauchen, aufs Daddeln, auf übermäßiges Chillen. Da stellt sich die Frage von allein: Und was habe ich davon? Antwort: Eine große Chance auf die Erfahrung, dass Ihnen plötzlich Dinge wichtig werden, die Sie bislang völlig übersehen haben. Die im Hamsterrad des bisherigen Alltags überhaupt nicht in den Blick kamen. Und genau das kann eine spannende, eine bereichernde, eine lebensverändernde Erfahrung sein.

So, genug mit Asche und fasten. Der positive Abschluss muss unbedingt noch sein. Und der lautet: Mit dem Osterfest endet die Fastenzeit. Was aber jetzt auch nicht bedeutet, dass dann der alte Schlendrian wieder einreißen darf. Schließlich haben Sie bis dahin lange genug, nämlich 40 Tage, überlegt, reflektiert und verändert… und ihr neues Verhalten so lange eingeübt, dass sie es auch in Zukunft durchhalten können.
Wenn Sie jetzt einwenden: „40 Tage Fastenzeit – das ist ganz schön lang. Keine Ahnung, ob ich das durchhalte.“ Dann kann die Antwort nur lauten: Wer’s nicht probiert, ist schon gescheitert.

Noch ein kleiner Mutmacher hintendrauf? 40 Tage dauert diese Fastenzeit, heißt es immer so schön. Genau genommen stimmt das aber gar nicht. Rechnen sie mal mit: Von heute, Aschermittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag – das sind vier Tage. Hinzu kommen bis zum Karsamstag, dem Tag vor Ostern, also dem Ende der Fastenzeit, sechs Wochen mit je sieben Tagen, also 42 Tage. Wenn Sie addieren: 4 plus 42 Tage sind nach Adam Rieses Rechenbuch genau 46 Tage. Und jetzt? 40? Oder 46? Keine Sorge, Sie haben sich nicht verrechnet. Es liegt auch sonst kein Irrtum vor. Des Rätsels Lösung: Die sechs Sonntage in der Fastenzeit sind eine Art Verschnaufpause. An denen dürfen Sie das Fasten … getrost vergessen. Aber nur an diesen sechs Sonntagen!

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