Drücken Sie Enter, um das Ergebnis zu sehen oder Esc um abzubrechen.

Slade – Mama Weer All Crazee Now

Zwischen Sommer 1976 und Frühjahr 1977 war es ein richtiges Ritual: Ein Mann mit buntem Zylinder steht auf der Bühne und brüllt mit seiner kratzigen Stimme ins Publikum: „Seid ihr alle bekloppt? Wir sind alle bekloppt! Mama, wir sind jetzt alle mal bekloppt!“ Und schon fällt eine Gitarre ein, die Mühe hat, die johlenden Fans zu übertönen. Slade, eine der abgedrehtesten Live-Bands der 1970er Jahre, spielen den Titel, der zur dritten Nummer eins für die Jungs aus der Industriestadt Wolverhampton wurde: Mama Weer All Crazee Now.

Ein stampfender, treibender Rhythmus, rockig, ein bisschen poppig, ein Refrain zum Mitgrölen und ein einfacher Text:

„Ich will meinen Whiskey nicht wie du trinken,
ich muss mein Geld nicht auf den Kopf hauen, aber ich mache das.
Ich will eine ganze Menge, also los. So ist das richtig!
Du hast mir erzählt, dass der Schnaps mir nichts ausmachen wird.
Du ziehst mich auf und die Frauen wenden sich von mir ab.
Jetzt habe ich so sehr genug, dass ich Dave Hills linken Schuh vollkotzen könnte.
Trotzdem hör ich jetzt nicht auf. Einer geht noch. Das ist richtig, das ist richtig.
Mama, wir sind alle total bekloppt!“

Sänger Noddy Holder singt das mit kratziger Stimme. Und die Menschen sind glücklich. Jahre später noch sagt Slade-Gitarrist Dave Hill am Rande einer Oldie-Nacht: „Wir sind eine Working-Class-Band, bis heute wollen wir Stimmung machen, mit den Menschen feiern. Sie zumindest für einen Moment ihre Sorgen vergessen lassen, sie glücklich machen!“ Deshalb sind Slade-Songs oft rau, laden aber auch immer wieder zum Mitsingen ein. Gemeinschaft eben!

Im Interview offenbart Dave dann noch Überraschendes: Dass er persönlich nämlich neben dem Feiern auch eine ganz andere Seite habe: So lese er regelmäßig in der Bibel, zeigt sich als frommer Mann: Gott habe ihm Talente geschenkt. Die müsse er eben auch nutzen. Deshalb werde er so lange wie möglich weitermachen, den Menschen Spaß und Freude zu bereiten.
Aussagen, die man so nicht erwartet hätte. Und die zeigen, dass Dave Hill das biblische Gleichnis von den Talenten, die man nicht vergeuden darf, sehr genau kennt. Und dass er vielleicht sogar schon einmal vom Philosophen Erasmus von Rotterdam gehört hat. Vor rund 500 Jahren behauptete der Augustinermönch, nach dem heute das berühmte europäische Bildungsprogramm „Erasmus“ benannt ist: Die höchste Form des Glücks ist ein Leben mit einem gewissen Grad an Verrücktheit. Oder frei ins Englische übersetzt: Mama Weer All Crazee Now. Hier sind Slade.

HeavenOnAir verweist auf eigene Inhalte, bietet weiterführende Links und nutzt Affiliate-Links zu Amazon. Mit diesen Links kann HeavenOnAir eine kleine Provision für qualifizierte Käufe verdienen, was zur Unterstützung der Seite beiträgt, ohne dass für Sie zusätzliche Kosten entstehen.

Kommentare

2 Kommentare

Sladefan

Sommer 1976 ist falsch. “Mama weer all crazee now” iat bereits 1972 erschienen.

Klaus Depta

Hallo, Gerrit,
danke für die Rückmeldung, die wir an Frank weitergeleitet haben.
Der sagt: Natürlich ist “Mama…” 1972 erschienen. Aber dieses Ritual, mit dem die Band den Song eingeleitet hat und um das es im Text geht, hat die Band damals noch nicht draufgehabt. Das hat Frank erstmals 1975 live erlebt. Danach hat es die Band dann wohl öfter so praktiziert. Und weil das gut ankam, wurde es dann langsam zum Ritual. Erstmals auf einem Album dokumentiert ist es auf dem Slade Alive Vol.2 Album. Und das ist zwar 1978 erschienen. Die Aufnahmen für das Album wurden aber bei der US-Tour im Herbst 1976 bzw. bei der UK-Tour im Frühjahr 1977 mitgeschnitten. Ob “Mama…” während der US-Tour oder im UK mitgeschnitten wurde, weiß Frank leider nicht. In jedem Fall war es während dieser beiden Touren (und auch noch einige Zeit später) üblich, den Song genau so einzuleiten.
Eine Überlegung, für die Frank aber keinen Beleg hat: Da die US-Tour 1976 nicht so erfolgreich war, wie es die Band erhofft hatte, passt die “Ansage” des Songs eigentlich eher nach England, wäre damit also dann 1977 mitgeschnitten worden. Aber wie gesagt: Dafür hat Frank in seinen Unterlagen keinen Beleg gefunden.
Es gibt auch noch ein Bootleg, das mit dieser Einleitung “spielt” und das 1992 in Luxemburg (!) erschienen ist. Die ersten Aufnahmen darauf sind von 1972; für die letzten beiden, darunter auch “Mama…” gibt es keine Jahresangabe. Die sind in San Francisco aufgenommen, stammen vermutlich von derselben US-Tour im Herbst 1976.
Seit Noddy (ab 1992) nicht mehr dabei ist, gibt es wohl auch dieses Ritual nicht mehr. Na ja, Noddy ist eben auch unersetzlich.
Frank hat die Rest-Band als Slade II noch ein paar Mal live gesehen und dabei auch Interviews mit Dave und Don gemacht… Soweit Frank.
Viele Grüße
Klaus von Heaven On Air


Hinterlassen Sie ein Kommentar

Datenschutz
Ich, Klaus Depta (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.
Datenschutz
Ich, Klaus Depta (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.