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Arctic Monkeys – Do You Wanna Know

Sagenhafte 65 Wochen in den Top 100 des Vereinigten Königreichs, dafür mit 5-fach Platin ausgezeichnet, einer von nur 30 Songs, die in den US-amerikanischen Billboard Alternative Songs-Chart über 10 Wochen den Platz an der Sonne belegten, und dessen dazugehöriges Musikvideo auf die stolze Zahl von mehr als 1,6 Milliarden (!) Abrufe kommt – „Do You Wanna Know“ gilt zurecht als erfolgreichster Song der Arctic Monkeys.

Test bei Live-Gigs

Die Fans der Band werden nicht schlecht gestaunt haben, als die Briten diesen Song zum ersten Mal während ihrer AM-Tour im Mai 2013 als Eröffnungstitel uraufgeführt wurde. Denn der war für eingefleischte Arctic Monkeys-Fans durchaus gewöhnungsbedürftig: Der Anfang von „Do You Wanna Know“ erinnert mit seinem stampfenden Rhythmus weniger an Alternative als an den guten alten, aber zumeist doch banalen Glamrock der 1970er Jahre. Und so ist der Song auch aufgebaut: Strophe, Refrain und gleich noch ein Refrain.

Unorthodoxer Flow

Dann aber geht das los, was die Spezialisten von Hit Songs Deconstructed ganz treffend als „more unorthodox flow“ bezeichnen, also als ziemlich ungewöhnliche Struktur: Alex Turner singt inbrünstig mit rauer Stimme gegen die Backing Vocals an, die durchgängig als Falsettstimmen gestaltet sind. Jamie Cook liefert die Gitarrenriffs, Schlagzeuger Matt Helders und Bassist Nick O’Malley sorgen für den Begleitgesang und über all dem thront der intensive und zugleich melancholische Gesang von Alex Turner und drückt dem gesamten Song eindrucksvoll den Arctic Monkeys-Stempel auf – ganz großes Kino! Mit „Do You Wanna Know“ sind die Männer aus Sheffield endgültig beim Stadionrock angekommen.

Do You Wanna Know

War für Fans der Einstieg verstörend, war es der Text erst recht.

„Hast du wieder Farbe in deinen Wangen?
Hattest du jemals das Gefühl, den Lauf der Dinge nicht ändern zu können;
dass sich etwas festsetzt wie zwischen deinen Zähnen?
Und dass es ein paar Asse im Ärmel gibt?
Ich hatte keine Ahnung, dass du tief drinsteckst.
In dieser Woche habe ich jede Nacht von deiner Nähe geträumt.
Wie viele Geheimnisse kannst du bewahren?
Denn ich habe diese Melodie gefunden,
die mich irgendwie an dich denken lässt,
wenn ich sie in Dauerschleife spiele
bis ich einschlafe.“

Falsche Fährten

Die Gestaltung der Lyrics erinnert an das uralte Katz-und-Maus-Spiel: Anfangs wissen die geneigte Hörerin bzw. Hörer überhaupt nicht, woran sie mit diesen Lyrics sind. Dann setzen die Arctic Monkeys sie endlich auf die Spur von Harmonie und Verliebtsein – nur um schon mit der nächsten Zeile die soeben aufgebaute Stimmung durch eine Banalität zu zerstören, wenn Turner singt:

„…während ich Drinks über meiner Couch ausschütte.“

Kalte Dusche

Batsch! Das wirkt wie eine kalte Dusche. Und es stellt sich die Frage: Ja, was denn jetzt? Es dauert ein bisschen, bis klar wird: Genau darum geht es im Song: Um das Hin- und Hergerissensein zwischen Gefühlen. Sehnsucht auf der einen Seite, die kürzlich beendete Beziehung auf der anderen. Und endlich wird auch klar: Das lyrische Ich möchte am liebsten zu seiner Ex zurückkehren:

„Hast du nach ein paar Drinks schon einmal darüber nachgedacht anzurufen?
Ich denke ständig darüber nach.
Vielleicht bin ich zu beschäftigt deins zu sein,
als mich in jemand neues zu verlieben.
Jetzt habe ich es durchdacht.
Ich krieche zurück zu dir.“

Und was meint sie dazu?

Völlig offen bleibt, ob diese Haltung auf Gegenliebe stößt. So dass sich der Sänger fragt:

„Ich weiß nicht, ob du dasselbe fühlst wie ich.
Aber wir könnten zusammen sein,
wenn du es willst.“

Lieber nicht wissen…

Genau das ist die Frage. Eine Frage, von der der Sänger nicht einmal weiß, ob er darauf eine Antwort bekommen möchte:

„Will ich es wissen,
ob dieses Gefühl von beiden Seiten kommt?“

Denn es besteht die Möglichkeit, dass die Antwort anders ausfällt als erhofft; dass die Ex nichts mehr für ihn empfindet; und dass sie ihrer Liebe keine neue Chance geben möchte. Im Sinne einer unerwiderten Liebe wäre das eine bittere Erfahrung.

Mit Realität nichts zu tun

Aber es wäre noch mehr: Denn eine Ablehnung würde unweigerlich die Erkenntnis mit sich bringen, dass die Ex überhaupt nicht die Person ist, di er in seinen Gedanken aus ihr gemacht hat, sondern eine gänzlich andere. Das nämlich würde bedeuten, dass die frühere Geliebte in seiner Vorstellung zu einer Person geworden ist, die mit der Realität wenig zu tun hat. Eine weitere bittere Selbsteinsicht. Und ganz nebenbei der Stoff, aus dem in Kriminalfilmen Menschen zu unberechenbaren Psychopahten werden.

Was ist besser?

Am Ende bleibt offen, was nun wirklich das Bessere ist: mit seiner unerfüllten Liebe zu leben oder unter Umständen eine Antwort zu bekommen, die man lieber nicht bekommen möchte. Vielleicht, weil das jeder mit sich selbst ausmachen muss. Deutlich klarer ist am Ende die Intention des Songs: davor zu warnen, Menschen nach seinen eigenen Vorstellungen zurechtbiegen zu wollen und ihm dadurch seine Persönlichkeit zu nehmen. Eine Beziehung, die auf bloßem Wunschdenken aufgebaut ist, kann auf Dauer kaum funktionieren.

Besser keine Luftschlösser

Und deshalb gibt es ganz zum Schluss doch eine klare Antwort auf die Frage „Do You Wanna Know“. Und die heißt „ja“. Denn wer in seinem Leben dauerhaft Luftschlössern hinterherläuft, wird niemals glücklich. Wer aber weiß, woran er ist, der kann seine Lebensplanung zielgerichtet in die Hand nehmen.

Arctic Monkeys – Do You Wanna Know

Der bei Classic Rock Radio gesendete Beitrag ist eine Kurzfassung dieses Textes.

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