Merton, Alice – Island
Im letzten Jahrhundert war das einfach: Da bestanden Singles noch aus Vinyl, hatten zwei Seiten und normalerweise auf jeder Seite einen Song: auf der A-Seite den potenziellen Hit, auf der B-Seite oft genug lediglich einen Lückenfüller. Waren Interpret und Plattenfirma in seltenen Fällen der Meinung, dass beide Seiten Hit-Potenzial hatten, gab es einen Trick: Kurzerhand verkaufte man die Single als Double-A-Side – jede Seite ein starker Song.
Gleich zwei Songs zum selben Thema
An diese alte und, zugegeben, eher seltenere Tradition knüpft jetzt die Sängerin Alice Merton an: Mit „Hero“ und „Island“ hat sie im letzten Monat zwei Songs gleichzeitig herausgebracht. Während „Hero“ aggressiv und laut ist, ist „Island“ eher melancholisch und deutlich ruhiger. Wenn man so will: zwei völlig unterschiedliche Songs. Die allerdings beleuchten ein- und dasselbe Thema quasi von zwei verschiedenen Seiten. Denn in beiden Songs geht es um innere Zerrissenheit, beide stellen den Konflikt dar, wenn man zwischen Aufgeben und weiterhin Hoffen hin- und hergerissen ist. In Island heißt es:
„Wohin bist du schon wieder gegangen?
Ist dein Kopf in einen Kaninchenbau gefallen?
Alles, was er wollte, war da drin.
Ich habe ihn im Stich gelassen und er hat mich gehen lassen.
Ich habe dich ertrinken lassen.
Du hattest deine Kleidung verloren, deine Haut war blass.
Mein Herz raste, aber ich habe dich herausgezogen,
dich wieder zurück ins Leben gebracht.
Wir befinden uns allein in einem Katzenjammer
Ich halte dein Herz auf meiner Handfläche.“
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Dreiklang Fehler – Reue – Vergebung
So richtig spannend wird es im Refrain. Denn dort erscheint der uralte Dreiklang Fehler einsehen und bereuen – versprechen, sich zu bessern – um Vergebung bitten:
„Jetzt tut es mir leid und ich verspreche, es wird nicht wieder vorkommen.
Ich verspreche, ich werde dir nicht wieder weh tun.“
Jede Erfahrung, die ein Mensch macht, verändert ihn, so die Psychologen. Deshalb fällt es so schwer einem Menschen wieder zu vertrauen, von dem man einmal sehr verletzt wurde. Denn Enttäuschungen brennen sich tief in unser Bewusstsein ein. Vielleicht ist das ja einer der Gründe, warum fromme Menschen von der Liebe Gottes schwärmen: Bei Gott ist jederzeit ein Neuanfang möglich. Oder bildlich gesprochen: Gott macht sich quasi frei von schlechten Erfahrungen mit einem Menschen. Bereut ein Mensch seine Fehler und will sich ernsthaft ändern – Gott vertraut ihm, auch ohne Absicherung und doppelten Boden.
Zwiespalt bleibt
Uns Menschen gelingt das meistens nicht. Wir geraten eben immer wieder in einen Konflikt zwischen „hoffen und vertrauen wollen“ auf der einen Seite, „keine Kraft mehr haben und aufgeben wollen“ auf der anderen. Vielleicht musste Alice Merton genau deshalb gleich zwei Songs zum Thema schreiben: Während sie im lauteren „Hero“ aufgibt, steht sie im sanfteren „Island“ mitten in diesem Konflikt. Und ringt mit sich selbst. Alice Merton und „Island“.
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