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Zum Tod von Steve Harley: Interview in Audiofiles (aus dem Archiv)

Direkt zum Interview (audiofiles)

„You look quite familiar to me!“ Mit festem Handschlag begrüßt mich Steve Harley im Frühjahr 2007 in einem Nebenraum des Colos-Saal in Aschaffenburg. (Ganz nebenbei: einer großartigen Location mit jederzeit fantastischem Programm.) Steves Erinnerung trügt nicht: Ein oder zwei Jahre zuvor

Gutes Gedächtnis

habe ich in Frankfurt bereits ein Interview mit ihm führen dürfen. Ein Ticket, zig Konzerte am selben Abend, von denen man sich realistisch dann eben doch nur zwei, maximal drei ansehen kann. Das alles für zwölf Euro. Wirklich „fucking twelve Euros“, fragt Steve, der eigentlich Stephen Malcom Ronald Nice heißt, damals nach – und macht diese „fucking twelve Euros“ zum Running Gag während seines Konzerts.

Brennender Tiertransporter

Na, dann hätte ich ihn ja schon mal live gesehen. Habe ich: Etliche Jahre zuvor fahre ich durch die halbe Republik, um ihn in Dortmund zu sehen und zu hören. Natürlich geht es damals nachts wieder zurück. Das Konzert ist brillant, ich bin anschließend heiser. Trotzdem gräbt sich auf der Rückfahrt ein auf der Autobahn brennender Tiertransporter noch mehr in mein Gedächtnis ein als der grandiose Gig in einem Dortmunder Club. Ein weiteres Konzert dann Jahre später in Montabaur: Fünf Minuten vor Konzertbeginn stehen vielleicht gerade einmal zwanzig Menschen vor der Bühne. Pünktlich zu Konzertbeginn ist die Hütte dann doch rappelvoll. Wieder ein Wahnsinnsevent, bei dem das Publikum ausrastet.

Die Haare

Auch hier gibt es eine unvergessliche Begleiterscheinung: Am Abend zuvor hatte ich Paul McCartney in Frankfurt gesehen und gehört. Seine während des Konzerts immer nasser und länger werdenden Haare tupfte und trocknete sich der Ex-Beatle mit einem schneeweißen Handtuch. Steve Harley war da einen Abend später deutlich rustikaler: Damals noch mit langen Fransen rund um die kahle Schädeldecke ausgestattet, befördert der Cockney Rebel-Frontmann seinen Schweiß kurzerhand durch heftiges Schütteln vom Kopf – und auch im hohen Bogen ins Publikum. Wie froh bin ich, mich doch für einen Stehplatz eben nicht unmittelbar vor der Bühne entschieden zu haben! Bei unserem Wiedersehen im Colos-Saal behalte ich diese Erinnerungen aber dann doch besser für mich.

Sehr persönlich

Stattdessen soll Steve reden: über seine Kindheit, sein Engagement gegen Landminen und vor allem über sein damals aktuelles Album „Stranger Comes To Town“. Stück für Stück gehen wir die einzelnen Songs durch. Ein sehr persönliches Interview, bei dem Steve zwischenzeitlich zum Interviewer wird: „For Sale. Baby Shoes. Never Worn“ – ob ich die Story rund um Ernest Hemingway wirklich nicht kennen würde? Nein, damals nicht. Jetzt, dank Steve, ja. Ernest Hemingway, Steve Harley und eine atemberaubende Kurzgeschichte mit großer Wirkung (23. September)

Kindheit, Familie, Vater

Als er über seine Kindheit spricht, schaut er mich prüfend an, als wolle er sich noch einmal meiner Seriosität versichern. Ein wenig sentimental wird er, als er von der musikalischen Zusammenarbeit mit seinem Sohn erzählt. Und erst recht, als es um seinen Vater geht. Der habe den Zweiten Weltkrieg erlebt, mein Vater sicher nicht. Dazu sei ich zu jung. Da allerdings hat Steve unrecht. Als ich ihm das sage, werde ich zum Befragten: Wann und wo mein Vater Kriegsdienst habe leisten müssen, was er mir über seine Zeit beim Militär erzählt habe. Steve ist sichtlich interessiert, vergisst Raum und Zeit. Spätestens jetzt sind die Rollen von Interviewer und Interviewten komplett vertauscht. Zur ursprünglichen Rollenverteilung kehren wir leider nicht wieder zurück. Unser Gespräch war bereits ziemlich ausgedehnt, er müsse sich auch noch ein wenig einsingen, entschuldigt sich Steve. Damit der Abend wieder ein unvergessliches Erlebnis wird. Und genau das wird es.

Here Comes The Sun

Ironie des Schicksals: Obwohl Steve Harley & Cockney Rebel mit „Make Me Smile (Come Up And See Me“), „The Psychomodo“, „Mr. Soft“, der LGBT-Hymne „Sebastian“, dem zu Tränen rührenden “Star For A Week (Dino)” und etlichen anderen Titeln selbst großartige Songs hatten, gilt ausgerechnet das Beatles-Cover von „Here Comes The Sun“ allgemein als erfolgreichster Titel der Band um den Frontmann mit der durchgequirlten Stimme. Vielleicht, weil man bei Steves Songs, die er selbst als „sophisticated“ bezeichnete, eben doch immer auch nachdenken sollte. Zumindest ein bisschen.

Herzberg Festival 2008

P.S.: Einem Bekannten, Mit-Verantwortlichem für das legendäre Herzberg Festival, schwärme ich von Steve und seiner Bühnenpräsenz so lange vor, bis er ihn im Sommer 2008 dorthin auf die Bühne holt. Dort entstand auch das Bild, das meinem Interview vorweg steht.

Steve Harley: R.i.p.

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