BAP – Zehnter Juni
„Das auszudrücken, was mir durch den Kopf ging, als wir am 10. Juni auf der Bonner Rheinaue auf der Bühne standen und mit den Zweckbauten des Regierungsviertels im Blickfeld unsere Stücke spielten, war gar nicht so einfach.“ So schreibt BAP-Frontmann Niedecken im Vorwort zum Song „10. Juni“ vor dreißig Jahren im Booklet der LP „vun drinne noh drusse“. Und das mit Recht: Denn auf der einen Rheinseite in Bonn tagte der NATO-Gipfel unter Leitung des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan; sorgsam durch Vater Rhein abgetrennt hatten sich in Sichtweite dazu rund vierhunderttausend Menschen versammelt. Die wollten – O-Ton Niedecken – „sich nicht mehr in den Schwachsinn einplanen“ lassen. Der Schwachsinn – das war die Stationierung von Mittelstreckenraketen mit atomaren Sprengköpfen auf deutschem Boden. Kirchen, Gewerkschaften, SPD und Grüne hatten zur Demo aufgerufen – und Niedeckens Song wurde gerade noch rechtzeitig fertig. Eine messerscharfe Attacke gegen die Politiker: „Ihr Nadelstreifen-Schreibtischtäter, hört zu, egal wo ihr euch versteckt: Die Sorte stirbt aus, die marionettengleich ihr als Minenhunde vorschickt. Eure Schachfiguren haben das Denken gelernt und springen einfach vom Brett. Bis zum Kadaver wird jetzt nicht mehr pariert. Probiert doch selbst wie Dreck schmeckt.“ Das alles gipfelte im Refrain: Plant uns bloß nicht bei euch ein. Seit wir euch durchschaut haben, wissen wir, dass wir nicht auf dem allerfalschsten Dampfer sind. Wir haben mit euren Lügen nichts am Hut, mit dem, was ihr schon gelogen, lügen wollt und dem, was ihr gerade lügt. Die einfachen Leute hatten genug von der aggressiven Rüstungspolitik, hatten Angst vor der „Gefahr eines Krieges, den keiner von uns überleben wird“, wie ein Redner damals sagte. Und sie forderten die „Schaffung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa“. Und damit ein Mitteleuropa, in dem alle Menschen in Frieden, ohne Ängste vor militärischen Bedrohungen miteinander leben können. Dafür lohnt es sich aufzustehen – am 10. Juni vor 30 Jahren, heute und jederzeit. BAP und ihr Aufruf zum Widerstand gegen Krieg und Bedrohung: Zehnter Juni.
Info: BAP: Zehnter Juni, in: BAP: vun drinne noh drusse, EMI/Electrola 1982.
Kommentare
1 Kommentar
BAP haben dieses Lied auch am 11. August 2023 in Greven gespielt. Wolfgang Niedecken begründete dieses mit dem Krieg in der Ukraine. Hier griff er zurecht Putin an und betonte, dass viele Soldaten ihm auch bereits weglaufen. Er kritisierte aber nicht die NATO, welche keine geringere Gefahr sind als Putin. Will man Position gegen den Imperialismus beziehen muss man sich gegen alle Imperialisten wenden. Schließlich war das Lied „10 Juni“ ja auch gegen ein NATO-Treffen geschrieben worden und dagegen, dass die NATO uns bei sich als Soldaten einplant, oder?
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